Es geht also, wenn der Druck groß genug ist. Offenbar machen Discounter und Handelsketten Fortschritte bei der Produktion giftfreier Kleider. Das zeigt die Zwischenbilanz der Greenpeace Detox-Kampagne. Dazu hat Greenpeace die Fortschrittsberichte jener Handelsunternehmen untersucht, die sich durch die Detox-Kampagne verpflichtet haben, bis zum Jahr 2020 auf umwelt- und gesundheitsgefährliche Chemikalien zu verzichten. Die Überprüfung nach rund zwei Jahren zeigt: Die Händler nehmen ihre Versprechen ernst. Erste Chemikalien wurden vollständig aus der Herstellung verbannt, und alle Unternehmen veröffentlichen Analysedaten ihrer Abwässer.
Besonders gut schneidet ein Unternehmen ab, von dem man es nicht gedacht hätte, und das einer der größten Textilhändler ist: Tchibo. Das Unternehmen hat eine genaue Verbotsliste und umfangreiche Fallstudien zum Ersatz gefährlicher Chemikalien vorgelegt. „Auch große Händler können Mode ohne giftige Chemikalien produzieren“, sagt Greenpeace-Textilexpertin Alexandra Perschau. „Die Detox-Verpflichtungen wirken, und sie entziehen dem Rest der Branche seine Ausreden: Giftfrei wird zur Selbstverständlichkeit.“
Doch wo Licht ist, ist auch Schatten. Denn weniger erfolgreich sind die Händler dabei, ihre Sortimente auf langlebige und wiederverwertbare Mode umzustellen. Schließlich lassen sich Ressourcen am besten schützen, wenn sie möglichst lange genutzt werden – die Materialqualität ist dafür längst gut genug. Statt nur am reinen Produktverkauf zu verdienen, müssten die Unternehmen dazu mehr Service wie Reparatur und Remanufacturing anbieten. Doch bis jetzt legt kaum ein Unternehmen einen klaren Plan vor, wie sie künftig Verantwortung für die Herstellung, eine lange Nutzung und späteres Entsorgen der Produkte übernehmen werden, sagt Greenpeace. Darüber hinaus hat kein Händler Angaben gemacht, welche Fasern in welchen Materialmixen und in welchen Mengen eingesetzt werden. Einzige Ausnahme: Bei Baumwolle wird zumindest vereinzelt kommuniziert in welchem Ausmaß auf Nachhaltigkeit geachtet wird.
Wegwerfmode ist immer noch Trend
Besonders wenig engagieren sich die Händler für langlebige Kleidung: Weder werden Garantien übernommen noch Reparaturen angeboten. Auch moderne Konsumformen wie Leihen, Tauschen oder Teilen haben noch nicht den Weg in die Geschäftsmodelle der Händler genommen. Außerdem fehlen Maßnahmen, die die bestmögliche Weiterverwendung oder Recycling von Kleidung sicherstellen. Im Hinblick auf Textilrücknahme funktioniert in Deutschland die Altkleidersammlung bereits gut. Die international tätigen Supermarktketten müssen jedoch ihre Verantwortung ernst nehmen und sich auch dort engagieren, wo Kunden bislang wenige Möglichkeiten zur Rückgaben von Kleidung und Schuhen haben.
„Wegwerfmode war gestern“, so Perschau. „Wir brauchen Mode mit Zukunft. Die Händler sind jetzt gefragt, den Wandel von kurzlebiger Massenmode hin zu langlebiger Qualitätsmode mit gleicher Ernsthaftigkeit umsetzen, die sie beim Entgiften an den Tag legen.“
Tatsächlich gibt es auch einzelne Bekleidungshersteller, die auf langlebige Mode setzen und Reparatur- und Aufwertungsservice anbieten. Zum Teil können Kleidungsstücke auch geleast oder gemietet werden und die Unternehmen erhalten die getragenen Stücke zur Wiederverwertung zurück. Vorreiter ist der niederländische Hersteller Mud-Jeans: Für 7,50 € pro Monat kann man dort seine Jeans leasen. Würden die Discounter in diesen Markt einsteigen, ließen sich sicher günstige Preise erzielen, bei gleichzeitig höherer Beschäftigung für den Service und höherem Schutz für Umwelt, Klima und Menschen.
Mehr dazu, welche unternehmerischen Konzepte zu einer Wirtschaft führen, die Rohstoffe umwelt- und klimaschonend im Kreislauf führt, im factory-Magazin Circular Economy. Dass es dazu auch neues kreatives und mithin utopisches Denken geben muss und wo es sich bereits zeigt, lässt sich im das Magazin Utopien lesen.
Bild: Ausschnitt aus Titel des Greenpeace-Reports Detox-Zwischenbilanz II