Rebound
Bound on Rebound: Effizienz mit Folgen
Der Living Planet Report 2014 des WWF bringt es auf den Punkt: Die Menschheit verbraucht pro Jahr 50 Prozent mehr Ressourcen, als die Erde jährlich regenerieren und nachhaltig zur Verfügung stellen kann; der Schuldenberg gegenüber der Natur wächst weiter, die Rücklagen schrumpfen stetig. Und in Deutschland haben die Menschen besondere Verantwortung: Jeder von uns verbraucht doppelt so viele Ressourcen, wie uns nach dem globalen Pro-Kopf-Limit zustehen – wir leben auf Kosten anderer Länder. Doch enthält der Bericht auch gute Nachrichten: Unser ökologischer Fußabdruck stagniert in den vergangenen Jahren, und das bei steigendem Wohlstand – erreicht durch verbesserte Ressourceneffizienz, durch ein Mehr aus Weniger.
Aber selbst mit erhöhter Rohstoffproduktivität kommen wir nicht ins gesteckte strategische Nachhaltigkeits-Ziel: Bis 2020 wird voraussichtlich nur ca. 82 Prozent der Verdoppelung der Rohstoffproduktivität 1994 erreicht.
Bleiben wirtschaftliches Wachstum und Wohlstand weiter so stark an den Naturverbrauch gekoppelt, wird der mehr und mehr konfliktbeladene Ressourcenbedarf nicht zu begrenzen sein. Die Rebound-Effekte schlagen erbarmungslos zu, offensichtlich führen die meisten Effizienzgewinne zu weniger Ressourceneinsparung, als erwartet. Wie groß diese nun wirklich sind, wie sie gemessen und wie sie begrenzt werden können, darüber gibt es nach etwa 30 Jahren Rebound-Forschung immer noch große wissenschaftliche Differenzen – und hohen Forschungsbedarf.
Das hat auch die Enquete-Kommission Wachstum, Wohlstand, Lebensqualität erkannt, die bei unserem Autor Reinhard Madlener ein Gutachten in Auftrag gab. In factory führt er in die verschiedenen Kategorien und Facetten der Rebounds ein. Tilman Santarius und Wolfgang Sachs sind zwei weitere Experten des Rebounds: Sie plädieren für eine Suffizienzrevolution vor der Effizienzrevolution. Anschließend beleuchtet Bernd Draser die Tragik von Effizienzanstrengungen, während sich Andreas Exner den Zwängen des herrschenden Systems widmet. Wie sich die Rebound-Effekte in der digitalen Revolution entwickeln, skizziert Ralph Hintemann, dagegen plädiert die Autorengruppe der Folkwang-Universität für eine smarte Aufrüstung der Dinge, um Ressourcenbewusstsein zu erreichen. Der vor kurzem mit dem Deutschen Umweltpreis gekürte ehemalige Präsident des Wuppertal Instituts Peter Hennicke und der Physiker und Politikwissenschaftler Stefan Thomas fordern im Interview eine realistische Betrachtung des Rebound-Effekts – und ebenfalls seine Begrenzung durch Suffizienzpolitik und Obergrenzen des Verbrauchs. Denn ohne die – und das ist die Erkenntnis dieses Magazins – wird es nicht gehen, wenn die Rebound-Effekte nicht die wichtigste Wirkung von Ressourceneffizienzmaßnahmen auf lange Sicht verzögern sollen: die Reduzierung des globalen Ressourcenverbrauchs.
Reichhaltige Rebound-Erkenntnisse wünschen
Ralf Bindel und das Team der factory
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