Schuld und Sühne
Über Ressourcenschulden
In der gegenwärtigen Staatsschuldenkrise und dem sich abzeichnenden Drama innerhalb Europas ausgerechnet über Ressourcenschulden reden zu wollen, das ist mal wieder typisch factory. Schulden werden meist mit Rückzahlungsverpflichtungen gleichgesetzt, sie sind verbunden mit Krediten und Zinsen, aber auch mit Gebühren, Steuern und Rückstellungen. Der Begriff ist negativ belastet, niemand hat gerne Schulden, ist gerne abhängig. Wir sprechen von Schuldenlast, Schuldenberg, erfinden eine Schuldenbremse und genehmigen einen Schuldenerlass. Das Kunstwort Ressourcenschulden haben wir kreiert, um die Debatte aus der monetären Verpflichtungszone zu den anderen Bedrohungen zu führen. Dabei wollen wir nicht moralinsauer wirken. Aber es ist schon erstaunlich, dass die mit einer Naturentnahme, die über jegliches Erhaltungsmaß hinausgeht und Gemeingut unwiederbringlich zerstört, aufgenommenen Schulden willentlich nicht zurückgezahlt werden. Schulden, die nicht mit dem gleichen Furor behandelt werden wie in der Geldökonomie, die – nach der Entkopplung von Goldwerten – eigentlich nur aus Zahlen auf Papier oder in Computern besteht. Schließlich geht es dabei um Vereinbarungen zwischen Menschen – und Menschen können immer auch anders entscheiden.
Die wirklich große Gefahr sind die Ressourcenschulden, für sie gibt es keinen Schuldenschnitt. Sie verursachen die Kipppunkte bei Klima, Ozeanen, Boden, biologischer Vielfalt, Wasser, nach denen anschließend das menschliche Zusammenleben ganz anders aussehen wird – für die meisten wahrscheinlich grausamer und leidvoller, als wir uns das bereits jetzt angesichts der Flüchtlingsströme vorstellen können. Dabei geht es uns um das vermeidbare Leid durch eine Begrenzung der Schuldenaufnahme in einer von Menschen bestimmten Welt, nicht um eine moralische Schuld gegenüber "Mutter Erde". "Wir haben diese Welt nicht von unseren Eltern geerbt, sondern von unseren Kindern geborgt." Das Zitat des Nobelpreisträgers Konrad Lorenz trifft es eigentlich ganz gut, auch wenn es häufig missbraucht wird. Es geht um unsere Welt von Lebens- und Umweltqualität, die wir im vollen Bewusstsein zerstören, um spätere Generationen, deren Lebensbedingungen wir prägen. Es geht uns nicht um die Schuld am Planeten, wie es häufig formuliert wird. Für den Planeten Erde mit seiner Geschichte von 4,5 Milliarden Jahren, der vor 3,8 Milliarden Jahren anfing, sich zu beleben und aus dessen Cyanobakterien sich letztlich der Mensch entwickelte, sind wir ein Witz mit unseren 200.000 Jahren Homo Sapiens. Selbst wenn wir die Ressourcenausbeutung und -belastung weiter intensivieren, werden Menschen überleben – andererseits verschlechtern wir auch die Bedingungen unserer Gegenwart. Es geht weniger um den Planeten, dem wir übrigens ziemlich egal sind, als vielmehr um vermeidbares Leid. Steigende Meeresspiegel, Extremwetter, Hunger, Klima- und Ressourcenkonflikte werden die Zahl der Flüchtlinge, Kranken und Todesopfer weltweit dramatisch erhöhen. Diese und die gegenwärtigen Opfer ließen sich durch Anpassung weltweiten Handelns reduzieren. Aber nochmal: Mit einer Schuld am Planeten hat das nichts zu tun.
In dieser Ausgabe, die wir bewusst Schuld und Sühne nach Dostojewski betitelt haben, zeigen wir, wie wir Fehler bei der Schuld- und Schuldenaufnahme vermeiden können. Bei den Ewigkeitslasten für Risikotechnologien können wir für mehr Sicherheit zu ihrer Bewältigung und Vermeidbarkeit sorgen, mit einer Vereinbarungspraxis ausgehend von den maximal möglichen Schulden können wir das Wirtschaftssystem anpassen, mit einem Sinn für das Risiko lässt sich der Umbau gemeinschaftlich finanzieren, mit technischen Möglichkeiten können wir soziale Ungleichheiten ausgleichen, wiederum mit Zielvorgaben lassen sich problematische Stoffkreisläufe schließen und damit wir auch morgen noch Rohstoffe in urbanen Minen schürfen können, empfehlen wir Opulenz als Gebot der Stunde – so unsere Beiträge.
Für eine wahrhaftige Schuldendebatte,
Ralf Bindel und das Team der factory
Weitere Beiträge zum Thema Ressourcenschulden gibt es nicht nur online, sondern auch in unserem factory-Magazin Schuld & Sühne zum kostenlosen Download. Das ist wie immer schön illustriert und vor allem gut lesbar auf Tablet-Computern und Bildschirmen – außerdem enthält es sämtliche Beiträge und Fotos sowie zusätzliche Zahlen und Zitate.
News zum Thema
- 10/2024 | Gerechte Emissionswende: Mehr Klimageld für Arme, keines für Reiche
- 08/2024 | Earth Overshoot Day 2024: Die lästige Erinnerung an die Erdüberlastung
- 12/2023 | Deutschlandpakt zur Planungsbeschleunigung erhält NABU-Negativpreis "Dinosaurier des Jahres"
- 11/2022 | Mit Postwachstum gegen die Polykrise
- 09/2022 | Globaler Klimastreik für #PeopleNotProfit
- 08/2022 | UN-Staaten verhandeln über den Schutz der Hochsee
- 08/2022 | Ressourcen schützen heißt Menschen schützen
- 07/2022 | Klimakrise kostete Deutschland seit 2018 etwa 80 Milliarden Euro
- 06/2022 | Derzeitige Klimaziele bis 2030 führen zu 2,4 Grad globaler Erwärmung
- 05/2022 | Die vernetzten Krisen erkennen und vernetzt gegensteuern
- 01/2022 | Entwaldungsfreie Lieferkette: EU-Gesetz fördert Verlagerung der Produktion in ebenso schützenswerte Ökosysteme
- 12/2021 | Klimaschutz im Koalitionsvertrag: Ambitioniert, aber nicht genug – besonders bei Gebäuden, Landwirtschaft und Verkehr
- 11/2021 | Ernährung, Gesundheit und Klima zusammendenken
- 10/2021 | Klimaschutzpläne für Glasgow-Gipfel ungenügend: Regierungen planen doppelt so hohe fossile Verbrennung
- 09/2021 | Die leichte Entscheidung bei der Klimawahl
- 09/2021 | Die Klimakrise verschärft die soziale Ungleichheit – auch hierzulande
- 08/2021 | IPCC-Bericht: Für 1,5 Grad-Szenario müssen die globalen Emissionen in den nächsten zehn Jahren um die Hälfte fallen
- 07/2021 | Earth Overshoot Day: Die Menschheit verbraucht 1,74 Erden
- 06/2021 | Zentralbank will Investitionen der Banken nach Klimakriterien
- 02/2021 | Abbau von klimaschädlichen Subventionen führt zu mehr sozialer Gerechtigkeit
- 02/2021 | Pandemie beschleunigt das Ende der Kohleverstromung
- 12/2020 | Deutscher Nachhaltigkeitspreis 2020 mit Liveübertragung und virtuellem Kongress
- 10/2020 | Wie Deutschlands Energiesystem bis 2035 CO2-neutral und das 1,5-Grad-Ziel erreicht werden kann
- 10/2020 | Artenverlust wirkt direkt auf das Leben der Menschen
- 09/2020 | UN-Ziele zur Biodiversität: Nach zehn Jahren keines der Ziele erreicht
- 07/2020 | Klimaschutz: Wer nicht schneller und mehr reduziert, überlässt die Schulden zukünftigen Generationen
- 07/2020 | Zukunft Für Alle-Kongress mit über 200 Veranstaltungen zu Utopien und Transformation
- 07/2020 | Lieferkettengesetz: Unternehmen müssen ihre globale Produktion sozial und menschengerecht gestalten
- 07/2020 | Zukunftskommission Landwirtschaft: Die Kohlekommission der Agrarwende?
- 07/2020 | Bundestag beschließt Gesetze zum Kohleausstieg bis 2038: Für Pariser Klimaziele wäre ein Ende bis 2030 nötig
- 04/2019 | Deutschlands Klimabilanz 2018: Wegen warmer Witterung 4,2 Prozent weniger Treibhausgasemissionen
- 03/2019 | Weltweit steigender Ressourcenverbrauch treibt Klimawandel und Artenverlust
- 02/2019 | Ranking der Nachhaltigkeitsberichte: KMU und Großunternehmen berichten besser über Lieferketten
- 01/2019 | Agrarpolitik: Subventionen für das Falsche
- 11/2018 | Doppeldemo für schnelleren Klimaschutz
- 11/2018 | Wie sich das Klimaziel 2030 sicher erreichen lässt
- 09/2018 | Hambacher Wald: Mehrheit der Bevölkerung ist für den Erhalt
- 08/2018 | Insektenplagen schädigen mit wachsendem Temperaturanstieg mehr Ertrag
- 08/2018 | Nur ein schneller Kohleausstieg in NRW sichert das deutsche Klimaziel für 2030
- 07/2018 | Kohleausstieg hat nur geringe Auswirkungen auf Arbeitsplätze
- 06/2018 | Ein Tag des guten Lebens für alle
- 06/2018 | Besser essen auf großen Events
- 05/2018 | Arbeit hat viele Facetten: Der Atlas der Arbeit zeigt sie
- 03/2018 | CSR-Berichtspflicht verlangt mehr Transparenz von großen Unternehmen
- 03/2018 | Mehrheit will Stilllegung alter Kohlekraftwerke – Kohlekommission muss gesellschaftliche Interessen abbilden
- 03/2018 | Deutschland will Menschenrechte nicht vor Wirtschaft schützen
- 01/2018 | Stromanbieter in Deutschland: Mehr schmutzige Kohle drin als angegeben
- 01/2018 | Industrie kann Klimaschutz verkraften
- 01/2018 | Satt ist nicht alles
- 01/2018 | Effizienzpreis NRW 2017: Produkt, Prozess oder Konzept?
- 10/2017 | Sharing-Fahrdienste wie Uber und Lyft verdrängen öffentlichen Nahverkehr und umweltschonendes Verkehrsverhalten
- 10/2017 | Welternährungstag 2017: Mehr Hunger trotz Industrie. Kleinbauern stärken, Konzernmacht begrenzen, Lebensmittelsystem beenden – das wollen die NGO
- 10/2017 | Lasst die Wirtschaftswissenschaft transformativ werden
- 10/2017 | Klimagipfel-Berichterstattung: Kenntnis und Vertrauen wachsen um 20 Prozent
- 10/2017 | Europaweit eine Million Unterschriften gegen Glyphosat anerkannt
- 09/2017 | Belgien ist besser als Deutschland – in der Wiederverwendung
- 09/2017 | Klimaschutz nur mit Ende des Verbrennungsmotors
- 09/2017 | Klimaschutz durch Remanufacturing: Den Hidden Giant entdecken
- 08/2017 | Verkehrswende: Deutschland kann bis 2035 emissionsfrei mobil sein
- 08/2017 | Fast 75 Prozent der Menschen in Deutschland wollen schnellen Kohleausstieg, um das Klimaziel 2020 zu erreichen
- 08/2017 | "Ganze Agrarlandschaften könnten vogelleer werden"
- 08/2017 | Verkehr, Gas und Kohle sind die Treiber der steigenden deutschen CO2-Emissionen
- 07/2017 | Werteorientiertes Handeln unter fairen Partnern
- 06/2017 | 30-Hektar-Ziel: Flächenverbrauch für Wohnen und Verkehr liegt bei 66 Hektar pro Tag
- 05/2017 | Was die Think-Tanks der Welt für die G20-Verhandlungen empfehlen
- 05/2017 | Nachhaltige Entwicklung geht nur mit gesunden Böden
- 05/2017 | Neue Wissenschaftsplattform Nachhaltigkeit 2030 will die Erreichung der globalen Nachhaltigkeitsziele unterstützen
- 05/2017 | Berlin könnte fortschrittlich handeln und den Flughafen BER nicht erweitern
- 05/2017 | EU könnte globale Entwaldung durch ihre Agrarpolitik reduzieren
- 05/2017 | Ab heute kommen Lebensmittel nicht mehr in die Tonne
- 04/2017 | Die nächste Erde bitte!
- 04/2017 | Deutschland kann und muss bis spätestens 2035 aus der Kohleverbrennung aussteigen
- 03/2017 | Kompetenz für nachhaltigen Konsum soll wachsen
- 02/2017 | Vorbildlich: Umweltfreundliches Catering im Bundesumweltministerium
- 02/2017 | Städtische Verkehrsbeschränkungen für Dieselfahrzeuge wahrscheinlich
- 02/2017 | Schweizer Studie beleuchtet „Food Waste“
- 02/2017 | Studie: EU muss bis 2030 alle Kohlekraftwerke abschalten, um das Pariser Klimaziel zu erreichen
- 02/2017 | Getränkeverpackungssteuer soll Mehrweganteil erhöhen
- 02/2017 | Deutsche Bank finanziert weiter Kohlekraftwerke – über ihre Kunden
- 01/2017 | Klimawandel in Europa: Umweltagentur rät zu besserer Vorsorge
- 01/2017 | Für Pariser Klimaziel müssen alte Kohlekraftwerke vom Netz
- 01/2017 | Konzerne der Agrar- und Ernährungsindustrie werden größer und mächtiger
- 01/2017 | Umweltbundesamt zählt Mehrwertsteuervergünstigung für Fleischprodukte zu den umweltschädlichen Subventionen
- 11/2016 | Die utopischen Kräfte der Wissenschaft wecken
- 11/2016 | Deutschland verfehlt Klimaziel 2020: Erreichbar nur ohne Kohle
- 11/2016 | Ressourceneffiziente Produkte günstiger machen
- 11/2016 | Wandel trotz Trump und Gabriel
- 11/2016 | Klimakonferenz COP22: Deutsch-marokanische Verhältnisse
- 10/2016 | Das System Erde ist fast ausgebrannt
- 10/2016 | Europäische und Nationale Ressourcen-Foren vom 9. bis 11. November in Berlin
- 10/2016 | UN-Habitat III-Konferenz mit neuer urbaner Agenda ohne echte Beteiligung – aber mit Chancen
- 10/2016 | CO2-Steuern würden Emissionen und Ungleichheit senken
- 10/2016 | Investoren haben 26,7 Millionen Hektar Land übernommen
- 09/2016 | Unternehmen berichten zu wenig über ihre Lieferanten
- 09/2016 | Stop CETA und TTIP am 17.9. – Dezentrale Großdemo in sieben Städten
- 08/2016 | Earth Overshoot Day 2016 wieder ein paar Tage früher
- 07/2016 | Ökologisch korrekt wird zur Routine
- 07/2016 | Investieren ohne Reue – und dabei Klima und Menschen schützen
- 07/2016 | Planetary Urbanism – Die transformative Kraft der Städte in 50 ausgewählten Arbeiten
- 06/2016 | Rohstoffwende mit Baustoffsteuer und Importzöllen
- 05/2016 | G7-Staaten stützen Klimawandel weiterhin mit Milliarden für Kohle
- 05/2016 | Bericht zur Lage der Pflanzenwelt: Sterberate bei 20 Prozent
- 05/2016 | Geldgipfel 2016: Von Divestment über Blockchains bis Gemeinwohl
- 05/2016 | Steuern müssen nachhaltig werden
- 04/2016 | Ab heute lebt Deutschland auf Pump
- 04/2016 | Die Welt zieht in die Städte: Urbanisierung nachhaltig gestalten
- 04/2016 | 2015 erstmals mehr als 400 ppm CO2 in der Atmosphäre
- 03/2016 | Kostenlose Energiemanagement-Software für kleine und mittlere Unternehmen
- 03/2016 | Trotz aller Gewalt: Die Welt wird friedlicher
- 01/2016 | Wissenschaftler warnen vor noch schnellerer Erderwärmung, wenn nicht rasch gehandelt wird
- 01/2016 | Vielfalt ist wirklich produktiver
- 01/2016 | Mehr Fleisch aus Massentierhaltung, während mehr Kleinbauern aufgeben – doch es geht auch anders
- 12/2015 | Umweltverbände stellen "realistisches" Zulassungskonzept von Autotypen vor
- 12/2015 | Regierung tut zu wenig für die Lobbytransparenz
- 12/2015 | Entwurf für Weltklimavertrag ist zu schwach
- 12/2015 | Klimagipfel: "Ziel ist Null-Emissionen bis 2070"
- 11/2015 | Fast 90 Prozent der Bürger finden Klimaschutz wichtig
- 11/2015 | Mit einem CO2-Preis könnten Finanzminister das Klima retten
- 11/2015 | Wasserversorger warnen: Nitrat lässt Preise steigen
- 11/2015 | TTIP-Umfrage: Bayern halten Freihandelsabkommen für eine "schlechte Sache"
- 11/2015 | Neuer Höchststand bei den Treibhausgasen
- 11/2015 | Die Hoffnung auf den COP
- 11/2015 | VW schummelt – die Anderen schweigen diskret
- 10/2015 | Heute ist der Welternährungstag ...
- 10/2015 | Weltklimaberichte sollen politisch stärker beraten
- 08/2015 | Verschwenden für eine glorreiche Zukunft
- 08/2015 | Ab heute leben wir weltweit auf Pump
- 07/2015 | Plastikschulden
- 07/2015 | Energieschulden vermeiden
- 07/2015 | Für eine wahrhaftige Schuldendebatte
Themen
- Kapital
- Wohlstand
- Design
- Ressourcen
- Klimaneutral
- Industrie
- Vielfalt
- Change
- Freiheit
- Steuern
- Mobilität
- Digitalisierung
- Besser bauen
- Circular Economy
- Utopien
- Divestment
- Handeln
- Baden gehen
- Schuld und Sühne
- Wir müssen reden
- Rebound
- Sisyphos
- Gender
- Wert-Schätzung
- Glück-Wunsch
- Trans-Form
- Vor-Sicht
- Trennen
- Selbermachen
- Teilhabe
- Wachstum