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Vorbildlich: Umweltfreundliches Catering im Bundesumweltministerium

Von einem Veggie-Day durch die Hintertür sprach die FAZ, von einem Fleisch- und Fischverbot die größte Boulevardzeitung des Landes – der Twitter-Protest von CDU- und FDP-Politikern kam noch hinzu, als bekannt wurde, dass das Ministerium für Umwelt und Bauen beim Catering bevorzugt vegetarische Speisen servieren will, um ein entsprechendes Vorbild für andere zu sein.

"Fleischliebhaber werden im Umweltministerium wohl nicht mehr glücklich. Die zuständige Ministerin Hendricks will ihren Gästen nur noch vegetarische Kost servieren", leitete das Handelsblatt gestern ihre entsprechende Meldung ein. "Hendricks schafft Fleisch ab" überschrieb die FAZ ihren Veggie-Day durch die Hintertür-Artikel vorgestern. Die beiden fast gleich lautenden Beiträge waren Reaktionen auf einen am Samstag erschienene Meldung des Springer-Boulevard-Blatts, nach dem auf Anweisung der Ressortchefin Barbara Hendricks (SPD) Gäste des Bundesumweltministeriums nur noch vegetarisch verköstigt würden.

Per E-Mail hätten die Abteilungsleiter die  Aufforderung erhalten, dass „Dienstleister/Caterer, die Veranstaltungen des BMUB beliefern, (...) verwenden weder Fisch oder Fischprodukte noch Fleisch oder aus Fleisch hergestellte Produkte“.

Ein Fleisch- und Fischverbot allein reichte der Ministerin aber wohl nicht: Ganz nachhaltig sollte es sein, nur Produkte aus ökologischem Landbau, "saisonale und regionale Lebensmittel mit kurzen Transportwegen" und bevorzugt "Produkte aus fairem Handel" sollten verwendet werden. Als Gründe für die Anweisung wurde die "Vorbildfunktion" der Behörde beim Kampf gegen die "Auswirkungen des Konsums von Fleisch" genannt.

Zwar betonte Ministeriumssprecher Michael Schroeren bereits am Samstag, dass es sich nicht "um ein generelles Fleisch- und Fischverbot" von Hendricks für Gäste handele, aber das Unsagbare war bereits in der Welt – und der Shitstorm der Presse, verpackt als klassisches Framing (wahrer Inhalt, aber anders betitelt/gerahmt) brach sich Bahn. Wenn es um Fleisch und Fleischverzicht geht, verstehen die meisten Deutschen nur Verbot, und das können Online-Medien leicht in selbstlaufende Klickmonster verwandeln.

Ohnehin wird das Umweltministerium unter Hendricks seit geraumer Zeit als Spaßverderber wahrgenommen und gern so präsentiert. Dabei weiß jeder – und alle wissenschaftlichen Veröffentlichungen zum Ressourcen- und Klimaschutz weisen darauf hin – dass der Fleischkonsum der Deutschen zu hoch ist. Dass er mit 60 Kilogramm pro Kopf und Jahr nicht nur über dem gesundheitlich Empfehlenswerten von 15 bis 31 Kilogramm liegt, sondern dass er auch für die hässlichen Bilder der Massentierhaltung, der Regenwaldvernichtung für den Futtermittelanbau, die Überdüngung der Felder und Grundwasserverunreinigung und einen erheblichen Anteil der Treibhausgasemissionen verantwortlich ist. Zudem produzieren die deutschen Landwirte in ihren Massenställen mehr Fleisch, als die Deutschen eigentlich benötigen – über 20 Prozent wird exportiert. "Der Pro-Kopf-Verbrauch der Deutschen übersteigt den weltweiten Durchschnitt um das Doppelte – und den Indiens sogar um das Zwanzigfache", schreibt selbst die FAZ und verweist zur Reduzierung sogar auf einen "Gülle-Euro", eine Abgabe auf Stickstoffüberschüsse, die Fleisch verteuern würden, ebenso wie eine Erhöhung des Mehrwertsteuersatzes von den ermäßigten 7 auf 19 Prozent.

Das hatte Anfang des Jahres schon das Umweltbundesamt empfohlen, namentlich deren Leiterin Maria Krautzberger. Sie erntete ebenfalls den Shitstorm der besorgten Fleischliebhaber. Von Nichtregierungsorganisationen wie Greenpeace, die in einer Studie nachwiesen, dass die Deutschen mit halbiertem Fleischkonsum bis 2050 das Klimaziel erreichen könnten, ist man den Hinweis aufs Fleisch ja gewohnt, aber wenn es jetzt schon offizielle Umweltpolitik wird ...?

Dass gerade die Bewirtung von Gästen eine große Signalwirkung hat und dass die Häuser von Hendricks und Krautzberger tatsächlich auch Vorbilder sein sollten, das vergessen die meisten Journalisten. Jede Organisation, die sich nur etwas mit Nachhaltigkeit auseinandersetzt, vielleicht sogar einen Nachhaltigkeitsbericht auflegt und sich entsprechende Ziele setzt, kann über die Ernährung seiner Mitarbeiter und Gäste Signale setzen. Nichts ist bei Veranstaltungen der großen Nachhaltigkeitsworte und Umweltrelevanz peinlicher, als ein konventionelles Catering mit 90 Prozent Schinken- und Mettbrötchen und zehn Prozent labberigem Schnittkäse. So mancher Gast macht seine Kritik der Glaubwürdigkeit vom Auftritt des Gastgebers durch das Catering abhängig. Die Beauftragung nachhaltig wirtschaftender Caterer und Veranstalter dagegen ist beste Förderung des selbst propagierten Wirtschaftsstils. Zudem ist auch der Anteil der Vegetarier und Veganer unter den Gästen entsprechend dem in der Bevölkerung in den letzten Jahren gestiegen. Und wenn Fleisch serviert wird, dann ist es wenigstens aus tiergerechter Haltung.

Wenn sich nun das BMUB und auch das UBA tatsächlich auf ihre Vorbildfunktion besinnen und ein ökologischer Ruck durch das Catering geht, so ist das nur ein völlig logischer und zeitgemäßer Schritt.

Dabei hält sich das BMUB nur an den eigenen Leitfaden für die nachhaltige Organisation von Veranstaltungen, den es mit dem UBA herausgegeben hat – und an den des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) zur Vermeidung von Lebensmittelabfällen. Dessen Leiter, Bundesminister Christian Schmidt (CSU) hatte der FAZ am Samstag den Rahmen geliefert: "Mit mir gibt es keinen Veggie-Day durch die Hintertür", empörte er sich. Zum wiederholten Mal wandte er sich gegen "Bevormundung und Ideologie" und sprach davon, dass Fisch und Fleisch "zu einer ausgewogenen Ernährung mit dazugehören".

Dabei ging es weder um einen Veggie-Day, noch ein generelles Verbot von Fleisch im Ministerium, lediglich um eine Richtlinie für die interne nachhaltige Veranstaltungsversorgung. Selbst in der BMUB-Kantine wird weiterhin Fleisch angeboten. Doch beim Thema Fleisch sehen die Verbotswächter Rot, auf dem Twitteraccount des BMUB war die Hölle los, wie das enorm-Magazin protokolliert. CDU-Nachwuchshoffnung Jens Spahn kommentierte, dass zum Fleischessen heutzutage schon fast Mut gehöre, sich aber nach ein paar zynischen Reaktionen seinerseits als beleidigte Leberwurst entpuppte. Wunderschön jedenfalls die Antworten des zuständigen Social-Media-Beauftragten auf die diversen Anschuldigungen, bis auch noch Peter Tauber, seines Zeichens Generalsekretär der CDU, per Twitter berechtigt fragte: "Was passiert mit Mitarbeitern, die von zu Hause Mettbrötchen mitbringen? Personenschutz?" Darauf das BMUB: "Nein, die kriegen natürlich eine Abmahnung, wie sich das für eine richtige Behörde gehört!"

Hut ab, BMUB, muss man da sagen. Mehr Ironie als Antwort auf die post-faktische Kommunikation der Dinosaurier – was mit den witzigen Bauernregeln begann und offenbar erfrischendes Kontinuum im Hause ist – das kann noch lustig werden. 

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