Vielfalt
Warum Vielfalt?
Warum ein Magazin über Vielfalt, noch dazu eines über die vielfältigen Gebiete der Vielfalt? Immerhin geht es nicht nur um Artenvielfalt und Biodiversität, sondern auch um wirtschaftliche Theorien und Geschäftsmodelle, um kulturelle und gesellschaftliche Diversität, um Vielfalt in Organisationen, Unternehmen, Produktion und Produkten.
Wir meinen mit dieser factory, dass Vielfalt ein bislang viel zu unterschätztes Potenzial hat, dass sie zu sehr nur in den einzelnen Bereichen als Phänomen oder Instrument betrachtet wird, statt mehr als übergreifendes, vernetzendes, wirkungsvolles Lösungsmodell – für alle Bereiche.
Denn Vielfalt – auch Diversität genannt – hat nicht nur das Potenzial, die multiplen, sich verstärkenden globalen Krisen zu bewältigen, sondern auch die der täglichen Praxis des Arbeitens, Denkens und Konsumierens, des Gesellschaftlichen wie Individuellen.
Nahezu alle Bereiche des Lebens profitieren von der Vielfalt. Auch wenn viele inzwischen beklagen, dass ihnen die Orientierung in der Auswahl von Informationen, Streaming-Angeboten und Kaufoptionen in einer immer opulenteren Waren- und Unterhaltungswelt fehlt, sie von „Information Overload“ und Überangebot gestresst sind und sich Einfachheit zurückwünschen. Vielfalt ist die bessere Wahl – selbst wenn es bei einigen angesichts gefühlter Überforderungen einen Wunsch zu einfachen Erklärungen und Lösungen gibt.
Natürlich lassen sich nicht alle Wege gleichzeitig gehen, selbstverständlich muss man sich entscheiden und konzentrieren, auch die Natur und alle Systeme tun das – aber immer mit dem Rückhalt einer Vielfalt, auf die sich immer wieder zurückgreifen lässt und die sozusagen der Speicher der Lösungen ist.
In der Artenvielfalt läuft dieser Speicher zunehmend leer, was unserer Sorglosigkeit und Wirtschaftsweise geschuldet ist. Das schnelle Massensterben wird als Krise des Jahrhunderts bezeichnet, der ebenfalls menschengemachte Klimawandel beschleunigt es noch. Viel wird darüber geredet, doch viel mehr Ressourcenschutz wäre möglich, vor allem, weil die Abhängigkeit allen Lebens und Wirtschaftens so groß ist – darüber berichten in Viel mehr wert die beiden Expertinnen Frauke Fischer und Hilke Oberhansberg.
Dass menschliche Diversität in Unternehmen ebenfalls der Speicher für Kreativität, Produktivität und Gerechtigkeit ist, ist eigentlich seit langem bekannt. Doch gerade deutsche Unternehmen nutzen das Potenzial der Vielheit zu wenig, stellt der Wirtschaftswissenschaftler Markus Kühlert in Divers ist besser fest.
Warum Wirtschaft und Gesellschaft viel zu eng und starr an den Lösungswegen der Vergangenheit hängen und welche Möglichkeiten stattdessen eine pluralistische Ökonomik und Betrachtung hätte, erklären die Wirtschaftswissenschaftler*innen Claudia Schupp und David J. Petersen in Plural statt monologisch.
Zwischen Überangebot und Einfachheit, zwischen Artenvielfalt und Konsum gibt es eine genussvolle Verbindung: die Ernährung, oder vielmehr das Kochen, das Essen und Trinken – eben den Genuss, beschwört der Kulinariker Klaus Dahlbeck.
Um in der sich schnell wandelnden Welt fit für eine ressourcen- und klimaschonende Zukunft zu werden, empfiehlt die Wirtschaftswissenschaftlerin Alexandra Palzkill Unternehmen, ihr Geschäftsmodell resilienter und damit zukunftssicher zu machen. Redundanz statt reiner Effizienz, so ihre überraschende Empfehlung im Interview.
In seinem Standpunkt warnt der Soziologe Andres Friedrichsmeier vor wachsenden Ressentiments gegen die vielfältige Gesellschaft und wirbt für einen neuen Sozialkompromiss.
Vielfalt jedenfalls scheint auch in Zukunft die beste Versicherung zu sein. Nicht nur gegen Monopole und Monokultur.
Dafür diese factory. Wir wünschen vielfältige Eindrücke.
Ralf Bindel und das Team der factory
Laden Sie sich das komplette factory-Magazin Vielfalt als PDF herunter, um dort alle Beiträge zum Thema zu lesen – am besten am Bildschirm oder auf einem Tablet. Dazu ist das Magazin reich illustriert und weitere Zahlen, Zitate und Wordcloud bilden einen beziehungsreichen Rahmen. Im Themenbereich Vielfalt sind ebenfalls einige Beiträge online zu finden – und können dort kommentiert und bewertet werden.
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