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Verantwortungsvolle Unternehmen sollten Effizienzgewinne für weiteren Klima- und Ressourcenschutz einsetzen

Mehr aus weniger ist eigentlich eine gute Sache für die Umwelt. Nicht jedoch, wenn durch die Einsparungen von Material und Energie lediglich mehr Produkte in die Welt kommen. Durch diesen Rebound-Effekt lässt sich der Ressourcenverbrauch nicht insgesamt reduzieren – dabei ist das für den erfolgreichen Klimaschutz essenziell. Unternehmen sollten die Gewinne besser in weitere Ressourceneffizienzmaßnahmen investieren, empfiehlt ein Forschungsprojekt.

Energie- und Materialeffizienz im produzierenden Gewerbe und der Industrie sind wichtig für den Klimaschutz. Ohne sie wird sich Klimaneutralität weder in den Unternehmen und Kommunen noch den Ländern erreichen lassen. Ressourceneffizienz ist zudem ein wichtiger Einstieg in die Circular Economy, die Teil der Emissions- und Ressourcenwende ist.

Doch Senkungen des Verbrauchs bei Energie und Rohstoffen führen in Unternehmen häufig dazu, dass sie mit den so eingesparten Geldern oder Materialien mehr oder neue Produkte herstellen – und insgesamt mehr Ressourcen verbrauchen.

Dadurch werden Umwelt und Klima insgesamt nicht entlastet, denn der Energie- und Rohstoffverbrauch sinkt nicht. Derartigen Rebound-Effekten können Unternehmen proaktiv begegnen: Indem sie ein ganzheitliches Management von Energie- und Materialeffizienz anstreben, Effizienzgewinne ermitteln, analysieren und mögliche Folgen auswerten. Senken Unternehmen durch Ressourceneffizienz Kosten, sollten sie die Einsparungen in weitere, ambitionierte Umwelt- und Effizienzmaßnahmen investieren.

Das ist die Empfehlung aus dem gemeinsamen Forschungsprojekt „Ganzheitliches Management von Energie- und Ressourceneffizienz in Unternehmen“ (MERU) an dem die Unternehmensvereinigung B.A.U.M. e.V., die Data Center Group, das Institut für ökologische Wirtschaftsforschung (IÖW), die Leuphana Universität Lüneburg und das Öko-Institut beteiligt waren.

Mit einer klaren strategischen Positionierung pro Nachhaltigkeit könnten die Unternehmen noch weiter gehen, so die Expertinnen und Experten: Die Effizienzgewinne sollten sie nutzen, um die Nachhaltigkeit von Produkten und Produktionsprozessen zu verbessern und die absoluten Energie- und Materialverbräuche zu reduzieren. Auch Produktionsausweitungen bewusst zu begrenzen, im Sinne einer „unternehmerischen Suffizienz“, sei eine Möglichkeit.



Effizienzgewinne in Unternehmen besser steuern

Die Forscherinnen und Forscher betonen, dass es keine einfachen Lösungen gäbe, um Rebound-Effekten in Unternehmen zu begegnen: „In unseren Interviews und Praxisfallstudien haben wir gesehen, dass der Umgang mit Effizienzgewinnen in Unternehmen noch wenig systematisch ist“, fasst Franziska Wolff, Projektleiterin am Öko-Institut für das MERU-Projekt zusammen. „Insgesamt ist mehr Bewusstsein in Unternehmen nötig, dass unternehmerisches Handeln dazu beitragen muss, die ökologischen Belastungsgrenzen des Planeten einzuhalten.“

Dabei spielen die systematische Erfassung und Auswertung von Daten rund um Energie- und Materialeffizienz eine große Rolle. Welche Einsparziele können bei Energie und Rohstoffen erreicht werden? Welche Kosten können so eingespart werden und wie sollen die eingesparten Mittel verwendet werden? Haben die Einsparungen weitere ökologische Auswirkungen? Wie Unternehmen solche Fragen strukturiert angehen können, hat das Forschungsteam in einem Leitfaden für Unternehmen zusammengefasst.

„Unternehmen sollten sich bewusst machen, dass nicht-erreichte, aber theoretisch mögliche Verbrauchsminderungen relevante Umweltkosten darstellen“, sagt Patrick Schöpflin, Unternehmensexperte beim IÖW. „Nehmen Unternehmen solche Rebound-Effekte bewusst in Kauf, sollten sie Maßnahmen entwickeln, wie sie die nicht erreichten Einsparungen durch nachträgliche Anpassungen oder weitere Effizienzmaßnahmen realisieren können."

Seiner Ansicht nach führe kein Weg daran vorbei, die Unternehmensstrategie stärker an der Reduktion des absoluten Verbrauchs auszurichten.

„Rebound-Effekte können erwartete Umweltentlastungen reduzieren. Sie sind jedoch kein Automatismus und können verhindert werden. Mit geeigneten Managementmaßnahmen können geplante Umweltverbesserungen sogar verstärkt werden. Wir sprechen hier von ‚Reinforcement‘-Effekten“, betont Professor Stefan Schaltegger von der Leuphana Universität Lüneburg.

Ein Sektor, in dem hohe Wachstumsraten und Rebound-Effekte besonders ins Gewicht fallen, ist die Digitalisierungsbranche. Im MERU-Projekt konnte der Projektpartner Data Center Group entsprechende Rebound-Effekte in der Nutzung von Rechenzentren, neben anderen Wirkungsdefiziten von Effizienzmaßnahmen, nachweisen.

„Aber auch hier“, so Dr. Dieter Thiel von der Data Center Group, „können Unternehmen noch mehr gegensteuern. Bisher konzentrierten sich die meisten Maßnahmen auf die Kälteerzeugung, Potential bieten aber auch noch wenig genutzte Möglichkeiten im Bereich IT und strukturelle Verbesserung der Software“.


Politik soll Rebound-Effekte strategisch angehen

Gleichzeitig, so die Wissenschaftler und Wissenschaftlerinnen, müsse die Politik Rahmenbedingungen setzen, die Unternehmen dabei unterstützen, Energie- und Materialeffizienz ganzheitlich zu managen und Defizite in den Blick zu nehmen. So könnten etwa Politikziele zur absoluten Verbrauchsminderung bei Energie und Rohstoffen vorgegeben werden.

Die Internalisierung von externen Kosten bei Energie und Materialien sei elementar, um Anreize für Unternehmen zu stärken, solche Ziele zu verfolgen: Während ein über die Zeit ansteigender CO2-Preis für Energielieferungen bereits eingeführt wurde und noch gestärkt werden sollte, gibt es bislang keine entsprechenden Instrumente für eine Besteuerung von Materialverbräuchen, wie z. B. Ressourcensteuern.

Um das Bewusstsein für Einsparpotenziale zu erhöhen sollten Umwelt- und Energiemanagementsysteme, die bislang freiwillig sind, verpflichtend eingeführt werden, empfehlen die Wissenschaftler*innen. Ein darin verankertes Rebound-Monitoring könne Unternehmen weiter motivieren, Messwerte zu Energie- oder Materialverbräuchen aufzuzeichnen und auszuwerten. Zu sämtlichen Verbrauchswerten sollte es zudem eine verpflichtende Berichterstattung geben.

„Wir brauchen dringend einen anderen, schonenderen und sparsameren Umgang mit Ressourcen. Das beginnt schon bei der Produktentwicklung und muss dabei auch mögliche Rebound-Effekte im Blick haben“, sagt Martin Oldeland, stellvertretender Vorsitzender von B.A.U.M. e.V.

Die beteiligten Projektpartner appellieren mit ihren Empfehlungen sowohl an die Unternehmensvertreter*innen als auch die Politik. In der bislang absatzgetriebenen Ökonomie in Unternehmen dürfte sich eine suffiziente Produktion des klima- und naturschützenden "Genug" nicht von selbst entwickeln – die Anreize des wirtschaftlichen Unternehmenswachstums sind für die meisten Unternehmer*innen zu hoch. Eine entsprechende Suffizienzpolitik ist derzeit nicht in Sicht, eher eine Verteuerung und Verknappung von Rohstoffen.

2015 hat das IÖW im Projekt Postwachstumspioniere Beispiele gefunden, wie Unternehmen bewusst wirtschaftlich nicht wachsen, um stabil, sozial und ökologisch verantwortlich zu bleiben. Sie meiden den Stress und die Risiken, die mit dem Ausbau der Kapazitäten verbunden sind, "indem sie Zeitfenster für Unternehmenswachstum auch mal geschlossen lassen", erklärte Jana Gebauer vom IÖW. "Denn unterm Strich zählen die Freude an der Arbeit und die Lebensqualität für diese Unternehmer*innen mehr."

Mehr zur Notwendigkeit von Ressourceneffizienz für die Klimaneutralität auch in den factory-Magazinen Klimaneutral und Industrie – und den entsprechenden factory-Themenbereichen. Zu Wachstum und Rebound werden Interessierte dort auch fündig.

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