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  • Die vier Leitsätze der Circular Economy
    Die vier Leitsätze der Circular Economy. Grafik: factory-Magazin "Industrie"

Unternehmen entwickeln Kreislaufwirtschaft in Kooperation

Die Erreichung einer Circular Economy ist essenziell für die Begrenzung der Erderwärmung. Noch fehlen allerdings Vorschriften, Standards und Vorstellungen, wie Unternehmen zirkulär zusammenarbeiten können. In einem Forschungsprojekt entwickeln Unternehmen branchenübergreifend Konzepte und Pilotprojekte dazu. Die ersten Ergebnisse wurden nun vorgestellt.

Ohne eine konsequente Kreislaufführung von Rohstoffen wird sich eine klimaneutrale Wirtschaft nicht erreichen lassen. Schließlich gehen über 50 Prozent der globalen Treibhausgasemissionen auf die Übernutzung natürlicher Ressourcen zurück. Auch bei den Kosten sei die Sache eindeutig, sagt Henning Wilts, der mit seinem Team am Wuppertal zur Kreislaufwirtschaft forscht: Rohstoffe und Energie bilden seit langem die Hauptanteile der Produktionskosten – und diese werden sich in diesen Zeiten verstärkender Krisen weiter erhöhen.

Eine Circular Economy, mit der sich die Nutzung von Ressourcen optimieren lasse, ist deswegen ein Schlüsselfaktor für Industrien, die in Zukunft klimaneutral und gleichzeitig wettbewerbsfähig sein wollen, schreibt Wilts im factory-Magazin Industrie.

"Die Kreislaufwirtschaft ist ein Instrument, ein Paradigmenwechsel, der die nachgewiesen nicht zukunftsfähige lineare Wegwerfgesellschaft ablösen soll", so Wilts. Um nun tatsächlich eine ressourcenleichte und klimaneutrale Kreislaufwirtschaft einzurichten, brauche es jedoch einen klaren regulatorischen Rahmen, der weit über Recyclingquoten und Abfallrecht hinausgehen müsse.

Wie dieser Rahmen aussehen kann und wie Unternehmen darin zusammen Ressourcen schonen und wieder- und weiterverwenden können, das erforscht die Wuppertaler Wissenschaftler*innen im so genannten CEWI-Projekt, "Circular Economy als Schlüsselstrategie einer klimaneutralen und ressourceneffizienten Wirtschaft“.

In dem Verbundprojekt haben die Stiftung KlimaWirtschaft, der WWF Deutschland und das Wuppertal Institut dazu Akteure aus den Sektoren Automobil und Gebäude zusammengebracht. Die Ergebnisse des CEWI-Projektes sollen auf möglichst viele Sektoren und Geschäftsmodelle übertragbar- und skalierbar sein.

Inzwischen haben mehr als 40 Unternehmen, Finanzakteure und Organisationen branchenübergreifend Konzepte, Pilotprojekte und neue Geschäftsmodelle für eine solche Circular Economy erarbeitet. Die ersten Ergebnisse und die weitere Umsetzung der Pilotprojekte wurden Ende Juni 2022 auf einer Zwischenkonferenz vorgestellt und diskutiert, wie der WWF mitteilt.

Bundesumweltministerin Steffi Lemke wies dabei darauf hin, dass die meisten die Bedeutung der Kreislaufwirtschaft unterschätzen würden. So ist der Begriff der Circular Economy in der Bevölkerung kaum bekannt, die meisten Menschen wünschen sich aber mehr Ressourcenschonung durch Kreislaufführung.

Lemke betonte, dass sich auch für die Wirtschaft die Nicht-Verfügbarkeit von Rohstoffen durch die Beeinträchtigung von Lieferketten während der Pandemie durch den Angriffskrieg Russlands gegen die Ukraine nochmal verschärft habe. Damit Rohstoffe mehr in echten Stoffkreisläufen geführt werden können, seien weitere technische Innovationen notwendig.

„Wir brauchen aber aber auch soziale Innovationen, also neue Prozesse, neue soziale Praktiken, neue Organisationsformen, interdisziplinäre Ansätze,“ forderte Lemke. Sie würdigte deshalb, dass im CEWI-Projekt „Unternehmen ihre Aktivitäten entlang der Wertschöpfungskette besser miteinander verknüpfen, um den Kreislaufgedanken in die Realität umzusetzen.“

Anders als beim linearen Wirtschaften müssen in der Circular Economy Unternehmen entlang ihrer Wertschöpfungsketten gemeinsame, zirkuläre Strategien verfolgen. Dass eine derartige Zusammenarbeit ohnehin für die Ressourcenschonung erfolgreich sein kann, zeigte schon 2014 das Projekt Ressourcenkooperation von Wuppertal Institut und Effizienz-Agentur NRW. Im factory-Magazin Wir müssen reden erzählen Unternehmensvertreter*innen davon, wie allein die verstärkte Kommunikation mit Lieferanten und Kunden zu Produkt- und Prozessverbesserungen und Ressourceneinsparungen geführt hat.

Gleiches scheint sich auch durch die Zusammenarbeit im CEWI-Projekt abzuzeichnen. Die teilnehmenden Unternehmen kommen aus dem Gebäude- und Automobilsektor, beides Bereiche mit unverändert hohem Ressourcenverbrauch und damit hohem Treibhausgasausstoß.

„Der Gebäudebereich macht nicht nur ein Drittel der deutschen CO2-Emissionen aus, sondern ist zudem extrem ressourcenintensiv und verursacht 55 Prozent des gesamten Abfallaufkommens in Deutschland", bestätigt Rebecca Tauer, Programmleiterin Circular Economy beim WWF Deutschland. Das ließe sich ändern. „Konkrete Schritte zur Circular Economy bei Gebäuden sind eine verbesserte Materialeffizienz durch Leichtbau, eine verlängerte Lebensdauer für Wohn- und Bürogebäude durch Umnutzen, das Schließen der Stoffkreisläufe durch Wiederverwenden und Recycling sowie den Einsatz nachwachsender Rohstoffe."

Sollen Gebäude künftig im Einklang mit den Klimazielen gebaut werden und dabei Ressourcen schonen, müsse auch bei der Gebäudefinanzierung angesetzt werden. Das Projekt 'Circular Finance' erarbeitet deswegen Empfehlungen, wie deutsche Banken die Kriterien der EU-Taxonomie zeitnah anwenden sollten, sodass Mittel und Gelder verstärkt in den nachhaltigen Gebäudebau und -umbau fließen. „Zirkuläre Gebäude sollten Vorrang in der Finanzierung bekommen, denn sie bieten nicht nur ökologische, sondern auch ökonomische Vorteile. Zirkuläres Bauen führt zu wertstabileren Immobilien und damit zu geringeren Risiken für Banken und Kreditgebern", so Tauer weiter.

Der Automobilsektor gehört in Deutschland zu den bedeutendsten Wirtschaftszweigen. „Aufgrund politischer Vorgaben zur Reduktion der direkten Treibhausgasemissionen steht die Industrie unter erheblichem Transformationsdruck. Doch auch die aktuellen Material- und Lieferengpässe sorgen für eine verstärkte Auseinandersetzung mit Kreislaufwirtschaftskonzepten – gerade in den ressourcen- und treibhausgasintensiven Wertschöpfungsketten der Automobilbranche,“ sagt Susan Weide, Projektleiterin der Stiftung KlimaWirtschaft.

„Im heutigen Altfahrzeugrecycling werden Rohstoffe nur bedingt und in minderwertiger Qualität wiederverwendet, es ist effektiv ein System des Downcyclings“, betont Weide. Eine der sechs Projektgruppen hat ein Konzept für zentrale und branchenweite Verwertungsfabriken erarbeitet und diskutiert, um zu höheren Recyclingumfängen und homogeneren Sekundärrohstoffströmen zu kommen. „Diese Vorschläge sollen bestenfalls auch bei der kommenden Novellierung der EU-Altfahrzeugrichtlinie berücksichtigt werden“, so Weide weiter.

Henning Wilts weist in seinem Beitrag noch darauf hin, dass mit dem Erfolg der Kreislaufwirtschaft auch Verpflichtungen verknüpft werden müssen. So versprächen zwar alle Studien Kosteneinsparungen durch die CE – würden diese jedoch lediglich zu weiterem Konsum und höherer Produktivität genutzt.

Eine vor kurzem erschienene Untersuchung zu den Ressourceneffizienzgewinnen in Unternehmen zeigt ebenfalls, dass derartige Reboundeffekte den Klima- und Ressourcenschutzgewinn zunichte machen.

Ebenso sieht es mit der Bilanz der Arbeitsplätze aus: "Die EU-Komission will durch Kreislaufwirtschaft zwar 700.000 neue Arbeitsplätze schaffen, dafür werden sich aber etwa zwei Millionen Menschen einen neuen Job suchen und neue Qualifikationen erwerben müssen", so Wilts.

Sein Plädoyer: Eine klare, langfristig ausgerichtete und technologieoffene Strategie – und jede Menge Zukunftswissen, die konkret in Hunderttausenden von Unternehmen umzusetzen ist.

Das CEWI-Projekt geht nach der erfolgreichen, Ideenfindung nun in die zweite Phase, in genau diese Umsetzung. Bleibt zu hoffen, dass die Teilnehmenden die Grundlagen für eine ressourcenschonende, suffiziente Circular Economy schaffen.

Mehr zu den notwendigen Erfolgen der Kreislaufwirtschaft in den Magazinen Industrie und Circular Economy, mit konkreten Tipps für Unternehmen, die klimaneutral und zirkulär wirtschaften wollen, im Magazin Klimaneutral. Oder in den entsprechenden Themenbereichen online.

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