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Wertewandel: Fairphone statt iPhone 5S und Galaxy S5

In der letzten Woche startete der Webshop des Amsterdamer Fairphone-Projekts. Mit 5000 Crowdfunding-Käufern kann die Produktion ab Juni starten. Die Fairphone-Macher wollen nichts weniger als einen Wandel von Konsum und Produktion.

5000 Smartphones, für die Fertigstellung benötigt eine chinesische Herstellerfabrik vielleicht einen Tag. Ein Klacks, auf den sich nicht jeder Hersteller einlässt. Zumal, wenn auch noch vorgeschrieben wird, dass die Produktion fair, sozial, ökonomisch und ökologisch gerecht erfolgen soll. Und dass mindestens ein paar der verwendeten Edelmetalle und seltenen Erden aus "konfliktfreier" Rohstoffförderung kommen.

Dennoch hat das Fairphone-Startup einen solchen Hersteller gefunden: A'Hong, ein Mobiltelefon-Produzent mit Fabriken in den Millionenstädten Shenzhen und Chongqing geht auf die Bedingungen der Fairphone-Macher ein, auf ihre Kontrolle durch unabhängige Gutachter und auf die Idee des Crowdfunding. Das heißt, erst wird das Geld bei den Käufern gesammelt, dann wird produziert. Kommt die erforderliche Summe nicht zustande, erhalten die Investoren, also die Käufer der noch nicht existierenden Smartphones, ihr Geld zurück und aus dem ersten, zumindest in Ansätzen fair und transparent produzierten Smartphone wird erstmal nichts.

Doch bereits über 2000 Käufer haben sich in den ersten Tagen registriert und Geld überwiesen. 325 Euro kostet das Fairphone, 7 Euro das USB-Ladegerät, das aber nur bestellen soll, wer noch keines hat. Bei herkömmlichen Anbietern finden sich derartige Hinweise kaum, auch wenn sich einige zur Unterstützung eines einheitlichen, stromsparenden Ladegeräts, der Universal Charging Solution (UCS) entschlossen haben. Schon bei der Bestellung ein kleiner, konsumkritischer, aber lobenswerter Schritt der Fairphone-Macher in Richtung Ressourcenschonung.

Dabei beanspruchen die Fairphone-Entwickler nicht, dass ihr erstes Smartphone komplett fair produziert ist. Ihr Ziel ist ein vollständig fair produziertes Gerät, das die Arbeiterinnen und Arbeiter in allen Produktionsphasen unter fairen Bedingungen zusammen bauen. Das fängt bei den Rohstoffen an, hört bei der Weiterverarbeitung und dem Zusammenbau nicht auf, sondern bezieht auch das reparaturfreundliche, erweiterbare und langlebige Design mit ein, zu dem auch ein offenes Betriebssystem gehört.

Im ersten Schritt beschränken sich die Fairphone-Erfinder aber auf einige wenige Rohstoffe, die konfliktfrei gefördert werden. So kommen das Tantal für die Kondensatoren und das Zinn für die Lötpaste aus Minen im Kongo und Ostkongo, die nach OECD-Richtlinien als konfliktfrei gelten.

Die problematischen Metalle Kobalt, Wolfram und Gold stammen im ersten Fairphone noch nicht aus fairem Abbau, da es noch keine Verarbeiter in der Elektronikindustrie gibt, die z. B. Fairtrade- bzw. Fairmined Gold in ihrer Produktion behandeln. Von jedem verkauften Fairphone gehen zudem drei Euro in ein Recycling-Projekt, das Akkus und Batterien aus Ghana zur Aufbereitung in Belgien zurückholt. Während sie in Ghana unter miserablen Arbeits- und Umweltbedingungen zerlegt werden, erfolgt das Recycling in einer der wenigen dafür gut ausgestatteten Anlagen vollständig und umweltschonend, wie im factory-Interview mit Christian Hagelüken nachzulesen.

Doch mit dem ersten Fairphone soll der Beweis erbracht werden, dass es nicht nur ein Interesse der Kunden an einem gerecht produzierten Smartphone gibt, sondern auch die schrittweise Umstellung von Design und Produktion auf Nachhaltigkeit gelingen kann. Damit wiederum könnte die Industrie zumindest ein wenig unter Druck geraten, wenn neun Menschen aus Amsterdam zeigen, dass ein faires Phone möglich ist.

30 Tage haben sich die Niederländer für das Crowdfunding vorgenommen, 21 davon bleiben noch am heutigen 23. Mai 2013. Knapp 2100 Fairphones sind verkauft. Der Verkauf ist in dieser Runde auf Europa beschränkt.

Das erste Fairphone gilt als solides Mittelklasse-Smartphone mit 1,2 GHz-schnellem Vierkern-Prozessor, 16 Gigabyte Daten- und ein Gigabyte Arbeitsspeicher, 4,3 Zoll Touchscreen mit 960 x 540 Pixeln, Acht-Megapixel-Kamera auf der Rück- und 1,3 Megapixel-Kamera auf der Vorderseite, WLAN, Bluetooth, HSDPA, wechselbarem Akku und Dual-SIM-Technik für zwei SIM-Karten. Als Betriebssystem kommt Android 4.2 zum Einsatz, mit Root-Zugang, so dass auch beliebige freie Betriebssystem wie Firefox OS, Ubuntu und kommende aufgespielt werden können. Ein Gyroskop wie die beliebten Smartphones iPhone 5  von Apple und Galaxy S4 von Samsung besitzt das Fairphone ebenfalls. Hier mehr zu den genauen Spezifikationen.

Laut der Zeitschrift c't soll die Produktion im Juni beginnen, wenn das Crowdfunding-Ziel erreicht ist. Fairphone gibt an, dass mit der Auslieferung im Herbst zu rechnen ist. Die deutschen Mainstream-Medien betrachten das Projekt einigermaßen wohlwollend und bezeichnen wie Spiegel-Online das Fairphone als Gutmenschen- und Weltverbesserer-Smartphone.

Wir von factory finden das Fairphone-Projekt wegweisend und unterstützenswert - und haben deshalb selbst zugeschlagen: Eines der ersten fair produzierten Smartphones werden wir hoffentlich bald selbst nutzen können. Wer ebenfalls eins haben möchte: Hier geht es zum Webshop. Ein Tipp: Bei der Wahl der Zahlungsbedingungen einfach "Bank Transfer" (hinter iDeal und Sofortüberweisung) angeben, dann erhält man eine Düsseldorfer Bank-Kontonummer mit Bestellnummer für die kostenlose Überweisung, ohne dass einer der großen Zahlungsdienstleister bemüht werden muss.

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