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    Christa Reicher, Professorin für Städtebau an der TU Dortmund

Stadtentwicklung: Alt und neu vereinen

Stadtplanung ist eine schöne Aufgabe, deren Wirkung extrem nachhaltig ist. Viel zu wenig wird dabei auf den Gesamtkomplex Stadt und das Spezifische des Ortes Rücksicht genommen, sagt die Professorin für Städtebau Christa Reicher.

Die meisten Städte sind eine ästhetische Zumutung, eine Ansammlung historischer Gebäude und funktional-modernen Zweckbauten mit Architektur-Dogma. Diese Behauptung würde wohl jeder unterschreiben. Stadtplanung war und ist ein umstrittenes Thema, für die Beteiligung der Bewohner gibt es Möglichkeiten, aber auch Grenzen. Doch gerade vor dem Hintergrund, dass in den deutschen Städten schon mehr als 70 Prozent der Menschen leben und diese als ressourceneffiziente Orte der Zukunft funktionieren sollen, ist eine ressourcenleichte, sozial-ökologische und ästhetische Stadtentwicklung wichtig. Wie mehr urbane Lebensqualität erreicht werden kann, das erzählt Christa Reicher, Professorin für Städtebau an der TU Dortmund in ihrem Zwischenruf für die Stiftung Denkwerk Zukunft:

Plädoyer für eine Städtebaukultur der Alt-Neu-Balance

Die derzeitige Debatte um die Zukunft der Stadt und des Städtebaus ähnelt einem Glaubenskrieg: Die Beschwörung der Vergangenheit hat nicht zuletzt mit den zunehmenden Wiederbelebungsversuchen durch Rekonstruktion Auftrieb bekommen. Gleichzeitig wird der Ruf nach einer neuen Moderne lauter. Auch in den Strategien der Schadensbehebung sind sich die Akteure in der Stadtentwicklung nicht einig. Während die einen den traditionellen Stadtbaumeister herbei sehnen, der für die schöne Stadt Sorge trägt, fordern die anderen mit einem Plädoyer für die „selbstgemachte Stadt“ mehr Selbstbestimmung der Bürger, jenseits formalisierter Planungsverfahren.

Ist es wirklich so kompliziert, gute Stadträume zu planen, die uns einfach Freude bereiten und in denen wir uns wohlfühlen? 

Ein Richtungsstreit über das zielführende Leitbild hilft so wenig weiter wie die oberlehrerhafte Ansage von einfachen Patentrezepten. Denn Stadtentwicklung ist komplex. Und die Voraussetzung jedes erfolgreichen Planungsprozesses ist, die Komplexität der Stadt zu erkennen und zugleich das Spezifische des Ortes zu würdigen, mit dem Wissen darum, dass alle Zukunftsfragen der Stadt auch ästhetisch beantwortet werden müssen. Vor allem müssen wir uns zu den Fehlern der Vergangenheit bekennen und der Vervielfachung von „lauten“ Einzelobjekten und der Vernachlässigung des Kontextes entschieden entgegen treten. Gebäude und Umgebung, also das einzelne Objekt und sein Kontext, müssen wieder zu einer „Gesellschaft von Orten“ gestaltet werden. Planer und Architekten sollten sich dabei - in aller Bescheidenheit - auf bewährte Grundprinzipien des Einfügens in den Kontext, des ortsspezifischen Gestaltens und der Nutzungsmischung einlassen. Nur wenn es gelingt, die Interessen der Beteiligten zu synchronisieren und eine überzeugende Alt-Neu-Balance im städtebaulichen Maßstab umzusetzen, erreichen wir ein Mehr an Städtebaukultur und damit an urbaner Lebensqualität. 

Christa Reicher, Professorin für Städtebau an der TU Dortmund, Vorsitzende des Wissenschaftlichen Beirates des Bundesinstituts für Bau-, Stadt- und Raumforschung, Mitinhaberin des Planungsbüros RHA.

Welche Möglichkeiten der Teilhabe für die Menschen an der Gestaltung der Nachhaltigen Entwicklung bestehen und wie sie davon Gebrauch machen, zeigen die Beiträge des factory-Magazins Teilhabe, die zum Teil auch online zu finden sind.

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