Er ist eine Ikone, beliebt und besteht nur aus sechs Einzelteilen: Der berühmte Kaffeehausstuhl von Thonet. Der Stuhl, der erst durch das Biegen von Massivholz möglich wurde, eine Technik, die Michael Thonet in den 1850er Jahren weiterentwickelte, erhält 2024 den ersten Sonderpreis für zeitloses Design im Wettbewerb des Bundespreis Ecodesign.
Der Bundespreis steht wie kein anderer Designpreis für die ideenreiche Wandlung der ressourcenschonenden Gestaltung von Produkten und Dienstleistungen. Die prämierten Projekte gelten seit Jahren als inspirierende Quelle für viele Unternehmen und Gestalter*innen.
Aus der Rekordzahl von über 400 Einreichungen hatten der Beirat und die Jury des Bundespreises Ecodesign insgesamt zehn Preisträger*innen ausgewählt. Neben dem Sonderpreis für den seit 160 Jahren produzierten Kaffeehausklassiker von Thonet gehen die Preise 2024 überwiegend an Innovationen aus den Bereichen Materialeinsparung und Recyclingprozesse.
Ressourcenschonung als Designer*in
Da ist zum Beispiel "Pigmentura", ein Textilfärbeverfahren, das bis zu 96 Prozent Wasser und bis zu 60 Prozent einspart, weil es weder Wasser zum Seifen und Spülen noch Energie zum Aufheizen dieser Seif- und Spülwässer benötigt – lediglich Pigmente.
Oder Onox, ein elektrischer Traktor, der sich schnell und ohne Ausfallzeiten laden lässt. Er arbeitet mit Austauschbatterien, die sich mit Strom aus der eigenen Photovoltaik- oder Biogasanlage laden lassen. Damit umgeht er das Dilemma der im ländlichen Raum meist fehlenden hohen Anschlussleistung für schnelles Laden und nutzt die auf den Höfen meist vorhandene gute PV-Ausstattung.
Einen Bundespreis erhält auch Reifenhersteller Schwalbe für den weltweit ersten Fahrradreifen "Green Marathon", der zu 80 Prozent aus recycelten Anteilen besteht, ebenso haltbar ist wie sein konventioneller Vorgänger, aber gegenüber ihm mehr als 40 Prozent CO2-Emissionen einspart.
Derart unterschiedlich aber gleichsam effektiv bei der Ressourcennutzung sind die weiteren prämierten Projekte des Bundespreis Ecodesign. Bei der Übergabe der Trophäen freute sich Bundesumweltministerin Lemke, dass erstmals die Zahl von 400 Einreichungen überschritten wurde. "Das zeigt eindrucksvoll, wie sehr ökologisches Design zu einem festen Bestandteil der Gestaltung geworden ist." Die prämierten Projekte seien Vorreiter ihrer jeweiligen Branchen.
Für UBA-Präsident Prof. Dr. Dirk Messner bewiesen die Projekte, "wie zukunftsweisendes Design und fortschrittliche Produktionsmethoden den Ressourcenverbrauch reduzieren und eine nachhaltige Materialnutzung fördern können.“
Auch Nominierte nennenswert
Neben den zehn Preisträger-Projekten sind auch die übrigen nominierten Einreichungen beeindruckend.
Darunter ist zum Beispiel "Re-Fresh Global", ein enzymatisches Textil-Recycling-Konzept, mit dem sich ohne Einsatz von schädlichen Chemikalien fast alle Alttextilien in neue Rohstoffe umwandeln lassen – in so genannten Microfactories, die dort angesiedelt sind, wo die Textilabfälle anfallen. Denn derzeit wird nur knapp ein Prozent des weltweiten Kleidungsabfalls recycelt.
Oder die modular aufgebauten Kommunalfahrzeuge der Firma Hansa, die dadurch die Anschaffung mehrerer spezialisierter Fahrzeuge überflüssig machen. Zudem sind sie technisch nachrüstbar, einfach reparierbar und dadurch langlebig.
Innovativ und ressourcenschonend ist auch die Rezip Zipper Repair Station, mit der sich Reißverschlüsse einfach reparieren lassen – auch von Laien. Schließlich landen oft Kleidungsstücke wegen eines defekten Verschlusses im Abfall.
Der Outdoor-Ausstatter Globetrotter erhielt die Nominierung für ein Pionierprojekt in Bonn: Er übernahm die Räume vom Vormieter Conrad Electronic und nutzt dessen Inventar weiter oder wandelte es um, lediglich sechs Prozent an Mobiliar erwarb er neu, 94 Prozent kamen aus Altbeständen.
Zeitloses Design für Umweltverantwortung
Mit dem Sonderpreis für Zeitloses Design wollten die Ausrichter in diesem Jahr erstmals die Bedeutung von langlebigen Produkten und zeitlosem Design deutlich machen.
Das zeichne sich durch Schlichtheit, Funktionalität, Langlebigkeit und durch eine beständige Ästhetik aus, die über kurzfristige Trends hinausgehe, heißt es in der Pressemitteilung: Es verbinde eine hohe Gebrauchsqualität mit einer klaren Formensprache und schaffe damit Produkte, die Generationen überdauern – und ist somit ressourcen- und klimafreundlich.
„Die minimalistische Bauweise des Thonet-Stuhls gilt heute als Vorbild für ökologisches Design, das langlebig, robust und nachhaltig ist", erklärt der Produktdesigner und Jurymitglied Werner Aisslinger: "Ein Symbol für die Verbindung von traditioneller Handwerkskunst und zeitgemäßer Umweltverantwortung.“
Wettbewerb 2025 startet am 20. Januar
Seit 2012 loben das Bundesumweltministerium und das Umweltbundesamt den Bundespreis Ecodesign jährlich gemeinsam mit dem Internationalen Design Zentrum Berlin aus. In den vier Kategorien Produkt, Service, Konzept und Nachwuchs zeichnet er Arbeiten aus, die aus Umwelt- und Designsicht überzeugen. Der Preis richtet sich an Unternehmen aller Größen und Branchen sowie Studierende in ganz Europa. 2024 ging der Bundespreis Ecodesign an folgende Projekte:
Kategorie Nachwuchs
Break-up Lab | Sophia Reißenweber (Burg Giebichenstein Kunsthochschule Halle)
Entopolis – ein Serious Game | Anne Carolin Klosson (ecosign / Akademie für Gestaltung, Köln)
Soft Spot | Franziska Baumgartner (Akademie der Bildenden Künste München)
Kategorie Konzept
ONOX | Raumideen GmbH & Co KG (Firmensitz: Pullach)
Kategorie Service
Tork PaperCircle® | Essity Professional Hygiene Germany GmbH (Firmensitz: Mannheim)
Kategorie Produkt
Kynd Hair – pflanzliches Kunsthaar | Kynd Hair GmbH (Firmensitz: Berlin)
PIGMENTURA | CHT Germany GmbH (Firmensitz: Tübingen)
Schwalbe Green Marathon | Schwalbe – Ralf Bohle GmbH (Firmensitz: Reichshof)
Sleep 'til Infinna™ | ARMEDANGELS – Social Fashion Company GmbH (Firmensitz: Köln)
Sonderpreis „Zeitloses Design“ in der Kategorie Produkt
Kaffeehausstuhl | Thonet GmbH (Firmensitz: Frankenberg)
Mehr zu den Projekten, den neuen und früheren Preisträger*innen sowie den ebenfalls interessanten Nominierungen auf den Seiten des Bundespreis Ecodesign. Wie der Bundespreis im Reigen der Designpreise steht und welche Wirkung er hat, lesen Sie im factory-Magazin Design unter "Preise, Prämien und Profite". Dort finden Sie auch die Zehn Prinzipien für Nachhaltiges Design und viele weitere Beiträge zum Design der Transformation.