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  • Ausgewählte Grafiken aus dem "European Electricity Review 2024" des Thinktanks Ember.

Stromproduktion aus Sonne und Wind in EU 2024 erstmals höher als aus Kohle und Gas

Solaranlagen haben 2024 in der Europäischen Union mit elf Prozent zum ersten Mal mehr Strom produziert als Kohlekraftwerke. Solar- und Windstrom reduzieren die fossile Produktion auf den niedrigsten Anteil seit 40 Jahren.

Was für Deutschlands Strombilanz 2024 gilt, trifft auch für die Staatengemeinschaft der EU zu: Die Produktion von Strom aus Kohle ist durch das Wachstum der erneuerbaren Quellen auf einem historischen Tiefstand.

Die Solarenergie erzeugte 2024 in der EU elf Prozent und überholt damit die Kohle, die zum ersten Mal unter zehn Prozent fällt. Die Stromerzeugung aus Gas ging das fünfte Jahr in Folge zurück, die gesamte fossile Erzeugung sank auf ihr bisher niedrigstes Niveau.

Das geht aus dem in der letzten Woche veröffentlichten European Electricity Review der Denkfabrik Ember hervor. Fossile Brennstoffe würden zunehmend ihren Einfluss auf die Energieversorgung in der EU verlieren, heißt es dort. 

"Beim Start des europäischen Green Deals im Jahr 2019 hätten nur wenige gedacht, dass die Energiewende in der EU dort stehen könnte, wo sie heute ist", sagt Dr. Chris Rosslowe, leitender Analyst und Hauptautor des Berichts: "Wind und Sonne drängen die Kohle an den Rand und zwingen das Gas in den strukturellen Rückzug."

Den European Green Deal (EU Green Deal) hatte das EU-Parlament 2019 beschlossen. Er stand im Sinne des Wandels, erklärte offiziell erstmals einen “Klimanotstand” und forderte die Europäische Kommission auf, alle ihre Vorschläge so anzupassen, dass sie mit der Begrenzung der globalen Erwärmung auf 1,5°C über dem vorindustriellen Niveau in Einklang stehen.

Laut Ember ist das Wachstum der Erneuerbaren Stromproduktion auf Kosten der fossilen Quellen deutlich auf den EU Green Deal zurückzuführen.

 

Wind und Solar sorgen für niedrigere Emissionen und Preise

So erzeugte 2024 nun die Windenergie mit 17 Prozent bereits das zweite Jahr in Folge mehr Strom als Gas (16 Prozent). "Das starke Wachstum der Solarenergie in Verbindung mit einer Erholung der Wasserkraft ließ den Anteil der erneuerbaren Energien auf fast die Hälfte der Stromerzeugung in der EU (47 Prozent) ansteigen", erklärt der Thinktank in einer Mitteilung.

29 Prozent des Stroms in der EU werden weiterhin durch fossile Brennstoffe erzeugt. Im Jahr 2019, vor dem Green Deal, lieferten fossile Brennstoffe 39 Prozent des Stroms in der EU, während der Anteil der erneuerbaren Energien bei 34 Prozent lag.

Ohne die in den letzten fünf Jahren neu hinzugekommenen Wind- und Solarkapazitäten hätte die EU zusätzlich 92 Milliarden Kubikmeter fossiles Gas und 55 Millionen Tonnen Kohle importieren müssen – das hätte 59 Milliarden Euro zusätzlich gekostet, so Ember.

 

Erneuerbarer Strommix dominiert

Im Trend nimmt die Solarenergie in allen Ländern der EU zu, und in mehr als der Hälfte von ihnen gibt es entweder keine Kohleenergie oder ihr Anteil am Strommix liegt unter fünf Prozent.

Kohle sei von der drittgrößten Stromquelle in der EU im Jahr 2019 auf die sechstgrößte im Jahr 2024 zurückgefallen, berichtet Ember. Damit sei das Ende des schmutzigsten fossilen Brennstoffs in Sicht. Deutschland und Polen sind nach wie vor die größten Kohleverbrenner.

Auch die Gaserzeugung in der EU sei das fünfte Jahr in Folge zurückgegangen (minus sechs Prozent), obwohl die Stromnachfrage nur geringfügig gestiegen ist (plus ein Prozent).

 

Primärenergiebedarf in EU weiterhin überwiegend fossil

Dennoch: Die Klimabilanz der europäischen Länder verbessert sich durch den Rückgang der fossilen Verbrennung im Strommix zwar weiter, die Stromproduktion macht allerdings nur einen im Vergleich noch geringen Teil des Primärenergieverbrauchs aus, rund ein Fünftel.

2010 lag der Anteil der Stromproduktion am Primärenergieverbrauch laut Eurostat und Internationaler Energieagentur bei etwa 21 Prozent, noch dominiert von fossiler und nuklearer Erzeugung. 2020 waren es etwa 23 bis 24 Prozent, mit erstmals mehr erneuerbarer als fossiler Produktion.

Ein echter Ausstieg aus den fossilen Brennstoffen ist trotz des Booms bei Erneuerbaren Energien nicht erkennbar, wie der Climate Change Performance Index 2024 bilanzierte. Das liegt vor allem an dem weiterhin hohen Verbrauch fossiler Energie für Kraft- und Brennstoffe für die Bereiche Verkehr und Gebäude.

Sollen nicht nur die Stahl- und Industrieprodution stärker strombasiert arbeiten, sondern auch diese Bereiche, müssen die Anlagen zur erneuerbaren Stromproduktion, Netze und Speicher massiv ausgebaut werden. Das erfordert entsprechend wirkungsvolle Politikmaßnahmen, die jedoch noch selten sind – auch wenn sich die Mehrheit der Menschen stärkere Klimaschutzmaßnahmen wünscht – selbst in “Mehrfach-Krisenzeiten”.

Bis 2030 hat sich die EU mit dem EU Green Deal das Ziel gesetzt, dass etwa 30 bis 35 Prozent des Primärenergieverbrauchs in der EU in Form von Strom bereitgestellt werden.

 

EU will Primärenergieverbrauch bis 2030 um fast 40 Prozent reduzieren

Im Rahmen des “Fit for 55”-Programmpakets und des EU Green Deals haben sich die EU-Staaten 2023 auf eine neue Energieeffizienzrichtlinie geeinigt. Demnach wollen sie den Primärenergieverbrauch bis 2030 auf 992,5 Millionen Tonnen Öläquivalent (Mtoe) begrenzen. 

Das entspricht einer Reduktion von 39 Prozent im Vergleich zum Verbrauch im Jahr 2007, dem Referenzwert. Beim Endenergieverbrauch sollen es 36 Prozent weniger sein, 763 Mtoe. Als Maßnahmen sind der Ausbau der Erneuerbaren Energien, eine stärkere Elektrifizierung der Sektoren Verkehr, Gebäuden und Industrie, die Verbesserung der Energieeffizienz und die Dekarbonisierung geplant.

Die jüngsten Zahlen der EU für den primären Energieverbrauch: Beim Primärenergieverbrauch erreichte die EU 2023 eine Reduktion von 3,9 Prozent gegenüber 2022. Die Lücke bis zu ihrem Ziel für 2030 verringert sich damit auf 22 Prozent. Den Endenergieverbrauch konnte sie 2023 um drei Prozent verringern, damit liegt sie noch 17,2 Prozent über ihrem 2030er Ziel.

 

Anteil der Erneuerbaren vor allem im Norden hoch

Zwar stammte 2023 bereits rund ein Viertel (24,5 Prozent) des Bruttoendenergieverbrauchs aus erneuerbaren Quellen, teilte das Europäische Statistikamt Ende 2024 mit – das war jedoch lediglich ein Anstieg um 1,4 Prozent gegenüber dem Vorjahr.

Schweden nahm unter den EU-Ländern den 2023 ersten Platz ein, da zwei Drittel (66,4 Prozent) seines Bruttoendenergieverbrauchs im Jahr 2023 aus erneuerbaren Quellen stammen. Schweden setzte vor allem auf feste Biokraftstoffe (vor allem Holz), Wasser- und Windkraft.

Finnland folgte mit 50,8 Prozent und setzte ebenfalls auf feste Biokraftstoffe, Wind- und Wasserkraft, während Dänemark mit 44,9 Prozent an dritter Stelle lag, wobei die meisten erneuerbaren Energien aus festen Biokraftstoffen und Windkraft stammten.


Mehr dazu, wie sich die fossilen Energieverbräuche in den Bereichen Verkehr und Gebäuden reduzieren lassen in den Magazinen Mobilität und Besser bauen. Die Industrie hat für Klimaneutralität einen erheblichen Bedarf an Erneuerbarer Stromproduktion. Dieser ließe sich aber anders als mit den derzeit herrschenden Vorstellungen von Wohlstand, Industrie und Investitionen gerechter und günstiger gestalten – zu lesen in den factory-Magazinen Industrie, Wohlstand und Kapital.

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