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Erneuerbare Energien sorgen für günstigere Strompreise und geringere Treibhausgasemissionen

Mehr Stromerzeugung aus Sonne und Wind, historisch wenig aus Kohle, das sorgte 2024 für geringere Strompreise und weniger Treibhausgasemissionen als im Vorjahr. Damit kann Deutschland sein Klimaziel 2024 insgesamt einhalten, auch wenn es bei Verkehr, Gebäuden und Industrie aufgrund mangelnder Investitionen keine Fortschritte im Klimaschutz macht. So die vorläufige Bilanz von Agora Energiewende.

Deutschlands Klimabilanz ist getrieben von Krisen, der Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien und den Dauer(ver)brennern Verkehr und Gebäude. Schon 2023 erzeugten die erneuerbaren Energien mehr Strom als je zuvor, die Problemsektoren Gebäude und Verkehr lieferten jedoch wiederholt keine signifikanten Emissionsminderungen.

In den Jahren zuvor war es nicht anders: Corona-Krise 2020, gestiegene Preise 2022 und geringere Industrieproduktion 2023 sorgten für Rückgänge. Um zehn Prozent sanken die Treibhausgasemissionen 2023.

2024 sind es nun drei Prozent weniger gegenüber dem Vorjahr, um 18 Millionen Tonnen CO2-Äquivalente sank die Bilanz auf insgesamt 656 Millionen Tonnen. Das ist der dritte Rückgang in Folge, allerdings wieder stark verlangsamt.

Dies zeigen vorläufige Berechnungen von Agora Energiewende, die der Thinktank in seiner Bilanz des Energiejahres 2024 vorgelegt hat. Demnach wird das Jahresziel nach dem neuen Klimaschutzgesetz um 36 Millionen Tonnen CO₂ übererfüllt.

Dass Deutschland sein Ziel erreicht, hat es der Novellierung des Klimaschutzgesetzes (KSG) 2024 zu verdanken. Damit haben Bundesregierung und Bundesrat ermöglicht, dass die Problemsektoren keine Einzelziele erreichen müssen. Nach dem alten KSG müssten die zuständigen Ministerien nun für 2025 Sofortmaßnahmen für Industrie, Verkehr und Gebäude vorlegen.

Aufgrund mangelnder Minderung bei Gebäuden und Verkehr verfehlte die Bundesrepublik jedoch die europäisch vereinbarten Klimaziele im Rahmen der sogenannten Effort Sharing Regulation (ESR) um schätzungsweise 12 Millionen Tonnen CO₂, so die Agora. Im Vergleich zum Referenzjahr 1990 gingen die deutschen Treibhausgasemissionen 2024 insgesamt um 48 Prozent zurück.

 

Mehr Strom aus Erneuerbaren Energien und weniger aus Kohleverbrennung

Hauptursache des Rückgangs waren positive Effekte in der Energiewirtschaft, die mehr als 80 Prozent der Emissionsreduktionen ausmachten: So wurden 2024 Kohlekraftwerke mit einer Gesamtkapazität von 6,1 Gigawatt stillgelegt, was 16 Prozent der installierten Kohle-Kapazität entsprach.

Der Wegfall wurde durch eine Rekorderzeugung bei den Erneuerbaren Energien in Höhe von 55 Prozent des Bruttostromverbrauchs und gestiegene Importe ausgeglichen, welche zu 49 Prozent aus Erneuerbaren stammten. Den größten Teil davon, 33 Prozent der Nettostromerzeugung, lieferten die "Windmühlen der Schande" (AfD). Dadurch sank der Kohlendioxid-Ausstoß der Stromerzeugung auf ein Rekordtief, der Strommix war so sauber wie noch nie.

Der Börsenstrompreis sank trotz gleichbleibender Stromnachfrage gegenüber 2023 um durchschnittlich 18 Prozent bzw. 17 Euro je Megawattstunde auf 78 Euro je Megawattstunde. Weitere Gründe für den Emissionsrückgang seien milde Witterungsbedingungen und eine schwächere Wirtschaftsleistung gewesen, heißt es in einer Mitteilung.

Im Stromsektor wirken die Klimaschutzmaßnahmen offenbar: Mit einem deutlichen Plus bei den Erneuerbaren Energien und der positiven Entwicklung beim Netzausbau bereite das den Weg für eine erfolgreiche Transformation in allen Sektoren, sagte Simon Müller von der Agora. "Dabei profitiert die Bundesrepublik zunehmend von sinkenden Emissionen und günstigeren Börsenstrompreisen."

 

Industrie stößt wieder mehr Treibhausgas aus – trotz wirtschaftlicher Stagnation

In den Nachfragesektoren Industrie, Gebäude und Verkehr zeigten sich allerdings keine strukturellen Fortschritte. Im Gegenteil, die Investitionen in klimaneutrale Technologien wie Wärmepumpen oder E-Pkw waren gegenüber dem Vorjahr sogar rückläufig.

In der Industrie stiegen die Emissionen trotz der wirtschaftlichen Stagnation im vergangenen Jahr um drei Millionen Tonnen CO₂ leicht an, insbesondere wegen eines gesteigerten Verbrauchs fossiler Brennstoffe in der Schwerindustrie.

 

Für Nicht-Erreichung von EU-Zielen bei Gebäuden und Verkehr drohen Strafzahlungen

Die geringfügigen Emissionsreduktionen im Gebäudebereich von zwei Millionen Tonnen CO₂ gingen im Wesentlichen auf den verringerten Heizenergiebedarf wegen der milden Witterung zurück. Wäre die Witterung im Vergleich zu 2023 gleichgeblieben, wären die Emissionen sogar gestiegen.

Im Verkehrssektor wurde ebenfalls nur eine geringfügige Reduktion von zwei Millionen Tonnen CO₂ gegenüber dem Vorjahr erreicht – vor allem durch geringeren Lkw-Verkehr infolge der wirtschaftlichen Schwäche.

Zugleich stieg aber der Pkw-Verkehr an. Insgesamt verfehlt der Verkehrssektor mit Emissionen in Höhe von 144 Millionen Tonnen CO₂ das im Klimaschutzgesetz definierte Jahresziel deutlich um 19 Millionen Tonnen CO₂.

Durch die Zielverfehlung bei Gebäuden und Verkehr muss die Bundesregierung nach europäischem Recht in absehbarer Zeit Emissionsrechte aus anderen EU-Mitgliedstaaten zukaufen, ansonsten drohen Strafzahlungen – ein milliardenschweres Haushaltsrisiko. "Bleibt Deutschland bis 2030 auf dem aktuellen Kurs, müsste der Bund einer Studie des Umweltverbands Transport & Environment zufolge rund 16 Milliarden Euro bezahlen," schreibt die taz.

 

Stromimporte und Erneuerbare führten zu weniger Kohleverbrennung …

Bei gleichbleibendem Strombedarf sanken die Emissionen der Energiewirtschaft 2024 auf 183 Millionen Tonnen CO₂, 18 Millionen Tonnen (-9 Prozent) gegenüber 2023. Die wachsende Stromerzeugung aus Erneuerbaren Energien (+12 Terawattstunden) und ein höheres Stromimportsaldo aus den europäischen Nachbarländern (+12 Terawattstunden) verringerten signifikant die Stromerzeugung aus konventionellen Kraftwerken.

Die Stromimporte bestanden dabei knapp zur Hälfte (49 Prozent) aus Erneuerbaren Energien und machten insgesamt 5 Prozent des Stromverbrauchs aus. Kernenergie lieferte wie im vergangenen Jahr rund ein Viertel der importierten Strommenge.

Deutsche Haushalte und Unternehmen profitieren von den Importen insbesondere durch niedrigere Strompreise. Darüber hinaus stärkt der gemeinsame europäische Stromhandel die Versorgungssicherheit, reduziert den Einsatz fossiler Kraftwerke und senkt so die Emissionen der europäischen Stromerzeugung, schreibt die Agora.

Insgesamt wurden 2024 noch 210 TWh konventioneller Strom in Deutschland produziert; das entspricht einem Rückgang um 11 Prozent, der überwiegend auf einen Rückgang der Kohleverstromung zurückzuführen ist (-16 Prozent gegenüber 2023). Die Erdgasverstromung blieb dagegen unverändert.

 

… und geringeren Strompreisen

Laut Agora-Analyse sank der Börsenstrompreis gegenüber 2023 um durchschnittlich 18 Prozent bzw. 17 Euro je Megawattstunde auf 78 Euro. Auch die Verbraucherstrompreise für Industrie und Haushalte sanken 2024, dank nachziehender Preisanpassungen gegenüber den hohen Werten 2022/2023.

Insbesondere bei Neukundenverträgen für Privathaushalte seien damit deutliche Einsparungen möglich: So konnte ein Haushalt mit 3500 kWh Jahresverbrauch über einen Neukundenvertrag zu 28,7 Cent je Kilowattstunde etwa 426 Euro gegenüber dem Durchschnittstarif sparen.

Durch die erhöhte Stromeinspeisung aus Erneuerbaren Energien sei im vergangenen Jahr auch eine erhöhte Volatilität an der Strombörse zu beobachten gewesen. „Zeiten mit viel Wind und Sonne führen zu viel Erneuerbarem Strom, der zu niedrigen bis negativen Strompreisen führen kann. Unsere Berechnungen zeigen, dass solche Phasen im Jahresverlauf deutlich häufiger auftreten als Dunkelflauten. Insgesamt fällt aufs Jahr gerechnet der preissenkende Effekt solcher Grünstromphasen doppelt so stark ins Gewicht wie die Preisspitzen der Dunkel-flauten“, so Simon Müller.

Das Potential solcher Phasen mit viel günstigem Erneuerbaren Strom müsse durch mehr Flexibilitäten nutzbar gemacht werden. „Dazu braucht es mehr Stromspeicher, einen schnelleren Einbau von Smart Metern, sowie Anreize für flexiblere Nachfrage bei industriellen Großverbrauchern. Eine Reform der Netzentgelte ist hier entscheidend, denn die aktuelle Preisstruktur ist eine echte Flexibilitätsbremse.“

Auch die Großhandelspreise für Gas sind 2024 gegenüber dem krisenbedingt hohen Niveau der Jahre 2021-23 insgesamt gesunken. Allerdings stiegen die Preise in der zweiten Jahreshälfte 2024 wieder an, u.a. wegen der Entwicklung an den globalen LNG-Märkten. Dies verdeutliche, dass langfristig stabile und niedrige Preise nur durch einen konsequenten Umstieg von fossilen auf Erneuerbare Energien möglich seien.


Solarboom und mehr Ausschreibungen und Genehmigungen für Windkraftanlagen

Der positive Trend beim Ausbau der Erneuerbaren Energien setzte sich 2024 fort. Ihr Anteil am Bruttostrom-verbrauch stieg auf 55 Prozent. Bei der Photovoltaik wurde der Ausbaurekord von 2023 mit einem Wert von rund 16 Gigawatt nochmals übertroffen.

Die Leistung neu installierter Windenergieanlagen an Land fiel mit 2,3 Gigawatt zwar wieder zu niedrig aus. Allerdings zeigt sich bei Ausschreibungsergebnissen und Genehmigungen eine deutliche Trendwende: 2024 wurden 11 Gigawatt neue Windanlagen an Land in den Ausschrei-bungen bezuschlagt, ebenfalls ein neuer Rekord.

Die Anzahl der Genehmigungen neuer Onshore-Windprojekte stieg sogar auf knapp 13 Gigawatt und liegt damit knapp dreimal so hoch wie vor zwei Jahren. Auch die Ausschreibungen für Wind auf See waren mit Zuschlägen für 8 Gigawatt neuer Leistung erfolgreich.

 

Investitionszurückhaltung in Industrie auflösen

Die Treibhausgasemissionen der Industrie lagen 2024 bei 158 Millionen Tonnen CO₂, was einem leichten Anstieg von drei Millionen Tonnen beziehungsweise zwei Prozent im Vergleich zum Vorjahr entspricht.

Insgesamt wog der Effekt des leicht erhöhten Verbrauchs fossiler Kraftstoffe der energieintensiven Industrie höher als der allgemeine Produktionsrückgang über alle Industrien hinweg. Dennoch lagen die Emissionen um 10 Millionen Tonnen CO₂ unter dem indikativen Jahressektorziel.

Beim Blick auf die Strompreise zeigt sich in der Industrie ein differenzierteres Bild: Im Vergleich zu 2023 sank der Strompreis für industrielle Abnehmer dank niedrigerer Beschaffungskosten und der deutlich reduzierten Stromsteuer. Damit liegt der Strompreis für kleinere Industrie- und Gewerbebetriebe wieder auf dem Niveau von 2021. Große Verbraucher zahlen weiterhin deutlich mehr als vor der Krise.

„Steigende Industrieemissionen bei stagnierender Wirtschaft zeigen, wie dringend wir strukturelle Klimaschutzmaßnahmen brauchen. Gerade in der Industrie besteht ein enormes Potenzial für den Umstieg von fossilen Energien auf strombasierte Prozesse“, so Simon Müller.

Die Ampelkoalition habe wichtige Rahmenbedingungen wie Klimaschutzverträge, den Start der Umsetzung des europäischen Förderprogramms IPCEI für Wasserstoff oder die Genehmigung des Wasserstoffkernnetzes geschaffen. Dennoch dominiere die Investitionszurückhaltung, auch aus Sorge vor wieder steigenden Energiepreisen.

„2024 zeigt bei den Strompreisen eine klare Erholung, dennoch liegen die Preise für die wirklich energieintensiven Unternehmen weiter deutlich über dem Vorkrisenniveau. Strom ist im Vergleich zu Gas auch immer noch zu teuer. Für eine klimaneutrale Erholung der Wirtschaft braucht es daher in der nächsten Legislaturperiode weitere Maßnahmen, u. a. eine Absenkung der Stromsteuer, eine grundlegende Reform der Netzentgelte sowie unbürokratische Anreize für Investitionen in Klimaneutralität und Flexibilisierung“, so Müller.


Vertrauen schaffen für Investitionen bei Gebäuden und Verkehr

Auch im Jahr 2024 konnte im Gebäudesektor keine nennenswerte Reduktion der Emissionen erzielt werden. Im Vergleich zum Vorjahr wurden lediglich 2 Millionen Tonnen CO₂ weniger ausgestoßen.

Anstatt der im Klimaschutzgesetz festgelegten maximalen Emissionsmenge von 96 Millionen Tonnen CO₂, wurden insgesamt 105 Millionen Tonnen CO₂ im Gebäudesektor emittiert. Die geringfügigen Emissionsreduktionen gehen im Wesentlichen auf den abermals verringerten Heizenergiebedarf infolge der milden Witterung zurück.

Bei strukturellen Veränderungen gab es dagegen wenig Fortschritte: So ging der Wärmepumpenabsatz gegenüber dem Vorjahr um 44 Prozent auf rund 200.000 Wärmepumpen zurück, und die Schwäche der Baubranche führte zu einem historischen Tiefstand bei energetischen Sanierungen von 0,61 Prozent im letzten Quartal.

„Für das Erreichen der Klimaziele sind Emissionsminderungen im Gebäudesektor essenziell. Mit dem Gebäudeenergiegesetz wurde 2023 ein solides Fundament geschaffen, auf das in der kommenden Legislaturperiode weiter aufgebaut werden sollte. Bürgerinnen und Bürger brauchen dringend Klarheit, damit sie beim Heizungstausch vorangehen können. Gleichzeitig ist es wichtig, soziale Härten im Übergang abzufedern und bedürftige Haushalte gezielt bei Investitionen zu unterstützten“, sagte Simon Müller.

„Die Beibehaltung der zentralen Elemente des Gebäudeenergiegesetzes, insbesondere der 65-Prozent-Erneuerbaren-Regel, schafft Vertrauen und Investitionssicherheit – auch für die deutschen Heizungsbauer, die bereits massiv in die Steigerung ihrer Produktionskapazitäten für Wärmepumpen investiert haben.“

Außerdem seien eine differenziertere Ausgestaltung der Förderung für Privathaushalte, eine Erhöhung der Bundesförderung effiziente Wärmenetze (BEW), die Einführung eines dauerhaften Wärmepumpenstrompreises und eine verstärkte Förderung von Großwärmepumpen und klimaneutralen KWK-Anlagen wichtige Bausteine.

Im Verkehrssektor sanken die Emissionen gegenüber 2023 geringfügig um ein Prozent beziehungsweise 2 Millionen Tonnen CO₂ auf insgesamt 144 Millionen Tonnen CO₂. Damit lagen die Emissionen abermals weit oberhalb des indikativen Jahresziels des Klimaschutzgesetzes von 125 Millionen Tonnen CO₂.

Der Rückgang des Lkw-Verkehrs um ein Prozent ist im Wesentlichen der schwachen Konjunktur geschuldet, dagegen nahm der Pkw-Verkehr leicht zu. Mit rund 347.000 neu zugelassenen Elektroautos wurden bis Ende November nochmals weniger reine Elektroautos zugelassen als im Vorjahreszeitraum – und weit weniger, als für die Zielmarke von 15 Millionen E-Autos bis 2030 erforderlich wären.

Positiv war dagegen der Anstieg des Fahrgastaufkommens im öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV) im ersten Halbjahr um sechs Prozent, der vor allem auf die Einführung des Deutschlandtickets im Mai 2023 zurückzuführen ist.

Dennoch ist der Verkehrssektor derzeit weder klima- noch industrie- oder sozialpolitisch auf Kurs, schreibt die Agora. Um dies zu ändern, brauche es in der nächsten Legislaturperiode zusätzliche Maßnahmen und eine klare Strategie.

Dazu gehören etwa eine zeitnahe, am CO₂-Ausstoß orientierte Reform der Steuern, Abgaben und Subventionen rund um den Pkw – von Kfz- und Dienstwagenbesteuerung bis zu CO₂-Preis mit Klimageld und verursachergerechter Pkw-Maut.

Außerdem sei es wichtig, die Transformation der Automobilindustrie zu unterstützen und einen starken Heimatmarkt für Elektrofahrzeuge zu schaffen, etwa mit Instrumenten zum Hochlauf der Elektromobilität in gewerblichen Flotten, wirtschaftlichen Anreizen, die vor allem kleinere Elektroautos günstiger machen, und einem weiterhin schnellen Ausbau der Ladeinfrastruktur.


Wirksamer Politikmix und solide Finanzierungsbasis für Transformation gefordert

Für eine erfolgreiche Klima- und Energiepolitik sei es in der nächsten Legislaturperiode entscheidend, die Finanzierung der Transformation in allen Sektoren strukturell auf eine solide Basis zu stellen, schreibt die Agora.

Dazu würden verschiedene Elemente gehören, wie eine gezielte Unterstützung, um private Investitionen zu ermöglichen, Entlastungsmaßnahmen für Bürger*innen und Unternehmen im Übergang, öffentliche Infrastrukturinvestitionen – insbesondere auch auf kommunaler Ebene – und internationale Klimafinanzierung, um den Klimaschutz weltweit in geopolitisch herausfordernden Zeiten verlässlich voranzubringen.

„Unsere jüngsten Analysen zeigen deutlich: Klimaschutz bildet die Grundlage für eine wettbewerbsfähige Wirtschaft, erhöht die Energiesicherheit und kann die soziale Teilhabe stärken. Für die kommende Legislaturperiode ist es deshalb entscheidend, dass Deutschland klima- und energiepolitisch am Ball bleibt. Voraussetzung dafür sind ein wirksamer Politikmix und eine solide Finanzierungsbasis für die Transformation“, so Simon Müller.


Verbände und Nichtregierungsorganisationen fordern Rahmenbedinungen für weitere Entwicklung statt Rückbau

Die Emissionsbilanz sei ein klarer Auftrag an die nächste Bundesregierung, kommentiert Viviane Raddatz, Klimachefin beim WWF Deutschland: "Klimaschutz im Gebäude- und Verkehrsbereich erreichen wir nur, wenn endlich die nötigen politischen Rahmenbedingungen geschaffen werden."

Mit dem Gebäudeenergiegesetz sei bereits ein Schritt in die richtige Richtung getan – nun gänzlich umkehren zu wollen, hätte fatale Folgen für den Klimaschutz in Deutschland und die Wohnqualität vieler Menschen.

Auch für den Industriesektor brauche es weitere Weichenstellungen für Investitionen in strukturelle Emissionsminderungen. "Die nächste Regierung muss wirtschaftliche Weitsicht beweisen."

 

Strommarktdesign an Erneuerbare Stromerzeugung anpassen

Der Anstieg der Erneuerbaren Stromerzeuung auf 56 Prozent zeige, "dass die Reformen der Ampel-Regierung wirken, und wir auf einem guten Weg Richtung 80 Prozent bis 2030 sind”, so Präsidentin des Bundesverbands Erneuerbare Energie Simone Peter.

Die Photovoltaik könne mit 16 Gigawatt (GW) einen neuen Ausbaurekord verzeichnen, auch bei Windenergie an Land seien bei Neugenehmigungen (13 GW) und Zuschlägen in den Ausschreibungen (über 10 GW) Rekorde aufgestellt worden, auch wenn der Zubau im letzten Jahr etwas schwächelte, so der BEE in einer Mitteilung. Die installierte Batterieleistung sei nach Angaben des  Fraunhofer-Instituts für Solare Energiesystem ISE auf 12 GW gestiegen.

Bei den flexibel steuerbaren Energien - Bioenergie, Wasserkraft, Geothermie und grüne KWK - seien dagegen keine Fortschritte, sondern eher Stagnation oder wie bei der Bioenergie sogar Rückbau zu verzeichnen.

“Gerade dieses heimische, saubere Backup ist neben Speichern und Verbraucherflexibilität wichtig für die Flexibilisierung des Energiesystems und damit für den Ausgleich von Wind und Solar. Hier muss die nächste Bundesregierung eine Trendwende einleiten”, fordert Peter.

Zudem würden die Zahlen von Agora einmal mehr bestätigen, dass die Erneuerbaren Energien die Strompreise an den Börsen spürbar senken würden: um fast 20 Prozent gegenüber 2023.

Diese Senkung falle über das ganze Jahr gerechnet doppelt so stark ins Gewicht wie die Preisspitzen durch Dunkelflauten. “Die Debatten über Dunkelflauten stellen die Energiewende in ein völlig falsches Licht. Erneuerbare sind die Lösung des Problems”, hält Peter fest.

Ihr Verband fordert eine Ausrichtung des Strommarktdesigns nach den Erneuerbaren, "um die Kostendämpfung der Erneuerbaren besser zu nutzen und negative Preise zu vermeiden.”

“Kontraproduktiv ist es indes, Erneuerbare bei negativen Preisen zu pönalisieren", so Peter. In der kommenden Woche wird die Novelle des EnWG im Energieausschuss des Bundestags diskutiert. Darin angelegt ist die Möglichkeit zur Überbauung von Netzverknüpfungspunkten, die der BEE schon seit Langem fordert.

“Alleine damit können bestehende Netzkapazitäten besser genutzt und der Netzanschluss beschleunigt werden. Zudem schaffen Erzeuger-, Verbraucher- und Speicherflexibilität Möglichkeiten der Nutzung des günstigen Ökostroms. Hier braucht es jetzt dringend Anreize”, so Peter.


Emissionsfreie Fahrzeuge durch Verlagerung der Steuerbelastung fördern

Weil der Verkehr zum vierten Mal das Klimaziel verfehlt, müsse die künftige Bundesregierung den Sektor endlich auf Klimakurs bringen, fordert der ökologische Verkehrsclub Deutschland (VCD).

"Statt unsinniger Debatten über das Verbrenner-Aus und eine Abschwächung der europäischen CO2-Flottengrenzwerte für Pkw, braucht es jetzt vielmehr einen klaren Push für die Elektromobilität", kommentiert Michael Müller-Görnert vom VCD.

Länder wie Dänemark, die Niederlande, Norwegen oder Schweden würden zeigen, wie es geht. Dort setzt eine Kaufsteuer im Jahr der Erstzulassung Anreize für emissionsfreie Fahrzeuge und macht Verbrenner durch eine höhere Besteuerung unattraktiv.

"Der Clou: Der Bonus für E-Autos finanziert sich aus den höheren Abgaben für Verbrenner, separate Kaufförderungen sind nicht notwendig. Im Gegensatz zu Deutschland ist dort im vergangenen Jahr die Zahl der Neuzulassungen bei Stromern gestiegen."

Der Anteil neuer E-Autos in Norwegen liegt bei 89 Prozent, in Dänemark bei 50, in den Niederlanden und Schweden fährt bereits jeder Dritte Neuwagen rein elektrisch.

Deutschland sollte aus den Erfahrungen lernen, so VCD-Sprecher Görnert: "Daher gehört eine Reform der Kfz-Steuer, die eine zusätzliche CO2-Komponente im Jahr der Erstzulassung vorsieht, als allererstes in einen künftigen Koalitionsvertrag."

 

Prognosen und Perspektiven

Das Science Media Center (SMC) hat angesichts der Ergebnisse der vorläufigen Emissionsbilanz Expert*innen befragt, warum bisherige Prognosen wie die Treibhausgas-Projektionen des Umweltbundesamts vom März 2024, des Expertenrats für Klimafragen und des Climate Action Tracker die tatsächlich Emissionen überschätzt hatten. Das SMC fragte auch gleich danach, welche Erwartungen die Wissenschaftler*innen an die weitere Entwicklung haben.

Denn bezüglich der früheren Erwartungen fielen die tatsächlichen Emissionen laut Agora-Bilanz um 21 Millionen Tonnen CO2-Äquivalente niedriger aus als bspw. im Projektionsbericht des Umweltbundesamtes von März 2024 angenommen. Das sind rund drei Prozent weniger als erwartet.

Für Dr. Gunnar Luderer vom PIK Potsdam liegen die Ursachen für die Überschätzung in Sondereffekten wie der Pandemie, der Energiepreiskrise und der konjunkturellen Abschwächung oder der mildereren Witterung. Zudem würden aber auch die Politikmaßnahmen wirken.

"Der CO2-Preis ist der zentrale Baustein im Politikmix für den Klimaschutz," sagt Luderer zu der weiteren Wirkung dieses Instruments. Der Anstieg 2025 auf 55 Euro sei aber noch viel zu schwach, um eine hinreichende Lenkungswirkung zu entfalten.

"Unsere Analysen zeigen, dass bis 2030 ein CO2-Preis von deutlich über 100 Euro pro Tonne CO2 nötig ist, um auf Kurs für die Klimaziele zu bleiben. Dieser CO2-Preis schafft staatliche Einnahmen, die beispielsweise über eine Klimadividende zur Entlastung von einkommensschwachen Haushalten genutzt werden können.“

 

Ohne Elektrifizierung wird Industrie zum klimaschädlichsten Sektor

Konjunkturelle und meteorologische Effekte hätten 2024 eine gewisse Rolle gespielt, sagt auch Dr. Felix Matthes, dominiert werde die Emissionsminderung aber durch die strukturellen Veränderungen im Stromsystem, so der Wissenschaftler des Öko-Instituts zu der Entwicklung der Treibhausgasemissionen.

Diese Entwicklungen würden sich in den kommenden Jahren auch noch fortsetzen. "In der zweiten Hälfte der 2020er-Jahre wird die Industrie die Energiewirtschaft als größten Einzelsektor beim Ausstoß von Treibhausgasen ablösen." Entscheidend sei daher, wie attraktiv die Strompreise für die Elektrifizierung würden und wie schnell die Wasserstoffinfrastruktur entstehen würde.

 

Wirkung des CO2-Preises erst mit deutlicher Erhöhung

Den steigenden CO2-Preis bei den Brennstoffen hält der Leiter des Wuppertal Instituts, Prof. Manfred Fischedick, aufgrund er geringen Erhöhung um 10 Euro pro Tonne CO2 für nicht besonders signifikant für eine Verringerung der Verkehrsemissionen in 2025: „Die Erhöhung macht im Verkehrsbereich gerade einmal rund drei Cent pro Liter Benzin beziehungsweise Diesel aus. Das liegt innerhalb der Schwankungsbreite, die man an Tankstellen nicht selten innerhalb weniger Stunden hat.“

Eine deutlichere Lenkungswirkung sei erst mit dem Einstieg in die zweite Säule des europäischen Emissionshandels ab dem Jahr 2027 zu erwarten – wenn es dann infolge der kontinuierlichen Verknappung des CO2-Budgets zu deutlich höheren CO2-Preisen kommen sollte.

Für das Jahr 2025 erwartet Fischedick für produzierende Unternehmen keine größere Beeinträchtigung: "Auch die wirtschaftlichen Effekte für die Unternehmen halte ich im Jahr 2025 für begrenzt, da der größte Teil der Unternehmen nicht energieintensiv ist, beziehungsweise der Energieanteil an den Stückkosten gering ist", so Fischedick. Die Lage der Unternehmen sei aktuell aber angespannt, so dass auch kleinere Veränderungen bei dem einen oder anderen Unternehmen negative Auswirkungen haben könnten.

Weil im europäischen Emissionshandel ab 2027 dann auch Preise von bis zu 200 Euro pro Tonne CO2 entstehen könnten, wären die Belastungen für ärmere Haushalte groß – und dürften von politischen Gegnern auch entsprechend genutzt werden. Empfehlungen für ein ausgleichendes politisches Design des steigenden Preises gibt es: eine Klimaprämie, auch Klimageld genannt, die abhängig vom Einkommen ausgezahlt wird. Höhere Einkommensempfänger*innen erhalten weniger, um geringere stärker zu unterstützen. Doch auch das dürften politische Gegner zu nutzen wissen.

 

Mehr dazu, wie klima- und ressourcenpolitisches Design aussehen könnte, z. B. im factory-Magazin Design. Warum und wie wo wirklich investiert werden sollte, haben wir im factory-Magazin Kapital zusammengefasst. Dass auch die Industrie keine Angst vor der richtigen Investition haben sollte, lässt sich in der factory Industrie nachlesen.

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