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Der konventionellen Stromproduktion wird es zu warm

Die klassische Stromproduktion wird in den nächsten Jahrzehnten Opfer ihres eigenen Wirkens: Durch die Treibhausgas-getriebene Erderwärmung wird das Wasser für die konventionellen Kraftwerke knapp. Flüsse führen weniger und wärmeres Wasser, das die Kraftwerke für die Turbinen und zum Kühlen benötigen.

Ein Argument mehr gegen Investitionen in die konventionelle Energieerzeugung: Sie ist zu anfällig gegen die Auswirkungen des Klimawandels. Während der Jahrhundertsommer 2003 und 2006 bemerkten es schon einige Frankreich-Touristen: Die Atomkraftwerke entlang der zum Rinnsal geronnenen Rhone blieben wegen Wassermangels abgeschaltet. Im Sommer 2015 war auch das deutsche AKW Grohnde bedroht. Eine neue Studie bestätigt nun Befürchtungen, dass die Energiesicherheit durch konventionelle Wasser- und Kondensationskraftwerke gefährdet ist. Wissenschaftler vom Internationalen Institut für angewandte Systemanalyse in Laxenburg, Österreich, und der Universität Wageningen, Niederlande, fanden heraus, dass mehr als 60 Prozent der weltweiten Kraftwerke erhebliche Kapazitäten einbüßen, wenn die Temperaturen wie prognostiziert global um zwei bis vier Grad steigen.

Wasser und Wärme sind kritische Faktoren für die meisten Kraftwerke der Welt, schließlich ist er Treib- und/oder Kühlmittel für 98 Prozent der konventionellen Kraftwerke. Hierzu zählen alle Wasserkraftwerke und vor allem auch die thermischen Kraftwerke, die mit Atom-, fossilen oder Biomasse-Brennstoffen betrieben werden. Sie benötigen genügend frisches und kaltes Wasser aus Flüssen. Und das wird knapper und wärmer. Die Wissenschaftler untersuchten, wie sich der Klimawandel auf die Wasserverfügbarkeit und Temperatur auswirkt und entwickelten Szenarien für die sich weiter erwärmende Welt. 

Das Ergebnis überrascht nicht: Besonders in den USA, im südlichen Südamerika, im südlichen Afrika und in Zentral- und Südeuropa wird es zu Kapazitätsreduzierungen aufgrund geringeren Wasseraufkommens und gestiegener Wassertemparaturen kommen. Betroffen sind im Norden vor allem thermische und Wärmekraftwerke, im globalen Süden besonders die Wasserkraftwerke – in vielen Ländern Südamerikas decken sie 60 Prozent des Strombedarfs. Und der steigt ständig, die Zahl neuer Windkraft- und Solaranlagen dagegen nur langsam.

Die Wissenschaftler nutzten die Daten von 24.515 Wasserkraftwerken und 1427 thermischen Kondensationskraftwerken für ihr Simulationsmodell. Für die Jahre 2040 bis 2069 prognostizieren sie eine Kapazitätsreduktion bei 61 bis 74 Prozent der Wasserkraftwerke, von den Wärmekraftwerken produzieren sogar 81 bis 86 Prozent weniger. Die Stromproduktion der Wasserkraftwerke sinkt so bis 2050 um bis zu 3,6 Prozent und bis 2080 um 6,1 Prozent, die der thermischen Kraftwerke um bis zu 30 Prozent in den 2050er Jahren.

Technische Effizienzverbesserungen und Veränderungen der Kühlsysteme könnten die Vulnerabilität der Stromproduktion reduzieren, stellen die Studienautoren fest. Sie empfehlen zur Anpassung an den Klimawandel den Wechsel von Kohle- zu effizienteren Gaskraftwerken, von Frischwasser- zu Luft- oder Seewasserkühlsystemen und damit den Bau von Kraftwerken an den Küsten. Ein entsprechendes Wassermanagement sei gerade für Trockenzeiten ebenfalls wichtig, um die wasserbasierte Stromproduktion zu sichern.

Dass sich die Flüsse schon bei einer globalen Erwärmung um ein Grad erwärmen und zukünftig weniger Wasser in ihnen fließen wird, prognostiziert auch eine Studie von Forschern der Christian-Albrechts-Universität in Kiel, der Universität Duisburg-Essen und des Leibniz-Instituts für Gewässerökologie und Binnenfischerei in Berlin. Sie simulierten, wie verschiedene Arten von

Fischen und Wirbellosen Flusslebewesen darauf reagieren, wenn sich die umgebende Agrarwirtschaft des niedersächsischen Flusses Treene im Klimawandel verändert, Durchfluss und Fließgeschwindigkeit sich verringern und die Nitratkonzentration sich erhöht oder im besten Fall sogar verringert. Beim Klimaszenario mit einer Erhöhung der globalen Temperatur um 1 Grad Celsius bis zum Jahr 2030 fließt bis zu einem Viertel weniger Wasser in der Treene.

Dass es nicht soweit kommen muss, zeigt die Studie des Umweltbundesamts zum treibhausgasneutralen Deutschland von 2013. Bis 2050 könnte das gelingen, wenn besonders der Energiesektor umgebaut, der Verbrauch um 50 Prozent vermindert wird und vollkommen aus erneuerbaren Energiequellen gedeckt wird. Auf Atomkraft und ineffiziente CCS-Technologie zur Kohlendioxid-Speicherung unter Tage wird dabei verzichtet. Ohnehin ist das kein utopisches Szenario, wenn das Pariser Klimaziel von weniger als Zwei-Grad-Erwärmung erreicht werden soll. Die 95-prozentige Treibhausgasminderung leitet sich aus Erkenntnissen der Wissenschaft ab. Dazu muss der weltweite Ausstoß an Klimagasen bis zur Mitte des Jahrhunderts um 50 Prozent sinken, die Industrieländer müssen dafür um 80 bis 95 Prozent weniger emittieren als 1990. Dafür müssen mindestens 70 Prozent der derzeit bekannten Kohlevorkommen und mehr als 30 Prozent der Ressourcen und Reserven von Öl und Gas nicht mehr genutzt werden dürfen – also im Boden bleiben, schreibt der Klimaforscher Ottmar Edenhofer in factory.

Weitere Beiträge: Neue Züricher Zeitung, klimaretter.info, DiePresse.com
Bild: Kohlekraftwerk Staudinger, Philipp Gerbig, Flickr.com
Quellen: IIASA, idw-online.de, UBA

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