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Ein Tag des guten Lebens für alle

Ein gutes Leben für alle ist möglich, darauf wollen eine ganze Reihe wachstumskritischer Initiativen und Institutionen mit dem ersten "Tag des guten Lebens für alle" in verschiedenen Städten Deutschlands hinweisen. Am 23. Juni 2018 stellen sie praktische Alternativen zur sonst als alternativlos geltenden Wirtschaftswachstumssgesellschaft vor. 

Am 15. September 2013 fand er zum ersten Mal statt: Als „Tag des guten Lebens – Kölner Sonntag der Nachhaltigkeit“ im Kölner Stadtteil Ehrenfeld. Ein Gebiet, in dem mehr als 20.000 Menschen wohnen, blieb einen ganzen Tag lang für den motorisierten Straßenverkehr gesperrt. Ganze Straßenzüge wurden von Autos komplett befreit, indem mehr als 1.000 alternative Parkplätze für die Anwohner organisiert wurden. Der Verkehrsraum wurde in eine breite „Agora“ umgewandelt nach dem Muster der altgriechischen Polis. Dort war die Agora der zentrale Platz, auf der die direkte Demokratie entstand.

"Die Menschen schätzten den nicht-kommerziellen Charakter der Veranstaltung und die entspannte Atmosphäre im Sinne der Entschleunigung", berichtet Davide Brocchi, Quasi-Erfinder und Initiator des Kölner Aktionstags im factory-Magazin Glück-Wunsch.

Laut inoffizieller Schätzungen der Polizei nahmen damals zwischen 80.000 und 100.000 Menschen teil. Die Presse-Resonanz war groß. Der Kölner Stadtanzeiger kommentierte: „Kölns Stadtentwicklungspolitik braucht mehr solcher Impulse – und viele weitere Tage des guten Lebens“. Ins Leben gerufen hatte den Tag die Agora Köln, ein buntes Bündnis von mehr als 91 Kölner Bürger- und Umweltinitiativen, Unternehmen, Theater und weitere Gruppen, das sich für eine stärkere Bürgerbeteiligung und für eine progressive Transformation der Stadt in Richtung Nachhaltigkeit einsetzt.

Vorbild waren die autofreien Sonntag 1973 im Zuge der Ölkrise, die ersten kollektiven Spartage fossiler Energien, damals zwangsverordnet. Den meisten Menschen, die daran teilnahmen, sind sie in guter Erinnerung. Auch wo die autofreien Tagen heute stattfinden, gibt es von den dort lebenden Menschen nur positives Feedback, erzählt Brocchi.

Seit 2013 findet der Kölner Tag des Guten Lebens jährlich statt – mit wachsendem Erfolg. Das Modell ist dadurch auch bundesweit bekannt geworden. Mit dem am 23. Juni geplanten bundesweiten Aktionstag soll ähnlich wie beim Kölner Tag auf nicht nur sonntägliche Alternativen zum herrschenden Wirtschafts- und Lebensmodell aufmerksam gemacht werden. "Ziel ist die Eröffnung emanzipatorischer Perspektiven sowie praktische Ansätze für eine Welt jenseits des Wachstums bekannter zu machen", wirbt die degrowth-Website fürs Mitmachen.

Anders als immer wieder behauptet sei ein fürsorgliches und selbstbestimmtes Miteinander auch heute schon möglich, schreiben die Wachstumskritiker. Zugleich stärke ein gemeinsamer Aktionstag den Kontakt und das Zusammenwirken der vielfältigen Initiativen, die sich als Akteure einer gemeinsamen Postwachstumsbewegung verstehen können.

Die Veranstaltungsideen für Mitmacher*innen reichen von der Diskussionsrunde mit Postwachstumsvertreter*innen, Fahrradtouren zu Pionier*innen wie der lokalen Solidarischen Landwirtschaft (SoLaWi), dem Besuch beim nächsten Repair-Café bis hin zur Protestaktion vor einem Kohlekraftwerk. Wie Wachstumskritik und gelebte Alternativen thematisiert und sichtbar werden, entscheiden die lokalen Aktiven. 

Gleichzeitig gilt der „Tag des guten Lebens für alle!” als „run-up-event” für die internationale Degrowth-Konferenz im August 2018 in Malmö. Die degrowth-Konferenz 2014 in Leipzig war für viele Iniativen und Einzelpersonen der wachstumskritischen Szene eine Initialzündung für weiteres Engagement.

Den ersten bundesweiten Tag des guten Lebens unterstützen eine ganze Reihe Initiativen wie der Förderverein Wachstumswende, auch das Institut für ökologische Wirtschaftsforschung IÖW, die Stiftung futurzwei, sowie attac, der Deutsche Naturschutzring, der BUND, das Netzwerk Grundeinkommen, Living Utopia und die Wandelwoche.

Die bisher geplanten Aktionen sind auf der degrowth-Website zu finden. Etwa 25 Städte in ganz Deutschland sind dabei. Die meisten Veranstaltungen kann Kassel bieten. Von Vorträgen über das Grundeinkommen bis Repair-Café und Gemeinschaftsgärten in der Essbaren Stadt ist alles dabei – und zum Abschluss gibt es das Sommerfest der Transition Town Kassel.

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