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Frivoler Neid auf Fracking-Erfolg

Die Schiefergasförderung verändert das Gewicht der globalen Energiemärkte, hieß es vor ein paar Tagen in einer Studie. Auftraggeber war eine Privatbank.

Fracking, das ist doch diese Technologie, mit der aus tausenden von Quellen in den USA nicht Milch und Honig, sondern Gas und Öl sprudeln. Ein neues Energiewunderland sind die USA geworden, einzelne Bundesstaaten wie North Dakota fördern sogar mehr Öl als Alaska, die USA setzen mittlerweile sogar Russland als größten Gasexporteur der Welt unter Druck, sagt eine Studie des Hamburgischen WeltWirtschaftsInstituts (HWWI) im Auftrag der Privatbank Berenberg, der 1590 gegründeten und damit ältesten Bank Deutschlands.

Nicht nur drückt das US-Gas die Preise und die US-Amerikaner feiern die neue Energieunabhängigkeit von der arabischen Welt, die US-Kohle ist dadurch so günstig, dass in deutschen Kraftwerken nicht mehr unter fragwürdigen Bedingungen geförderte Steinkohle, sondern die unter ebenso fragwürdigen ökologischen Bedingungen preiswerte US-Kohle verfeuert wird. "Durch den niedrigen Kohlepreis und den Zerfall der CO2-Zertifikatepreise in Europa gehen Anreize verloren, in innovative und klimafreundliche Technologien zu investieren", so Thomas Straubhaar, Direktor des HWWI.

"Gleichzeitig profitieren in den USA energieintensive Unternehmen von niedrigen Gaspreisen und haben damit einen Wettbewerbsvorteil gegenüber ihren europäischen und asiatischen Konkurrenten", ergänzt Berenberg-Volkswirt Wolfgang Pflüger. Es geht um Investitionen in die Zukunft, um Zukunftsaussichten für Investoren. Strategie 2030 ist die Studienreihe von Bank und Wirtschaftsinstitut überschrieben. Der Fracking-Erfolg macht Investitionen in Erneuerbare Energien für große Anleger unsinnig, weder Unternehmen noch Private investieren in Klimaschutz und Energiewende.

"Die USA könnten Russland ab 2015 als weltweit führenden Gasproduzenten ablösen und möglicherweise in der Ölproduktion durch den Abbau von Schieferöl ab 2017 mit Saudi-Arabien gleichziehen", sagt Straubhaar. In China ist davon auszugehen, dass der Ausbau des Gassektors zeitnah vorangetrieben wird, denn die Schiefergasförderung wurde in den neuen Fünfjahresplan aufgenommen.

Weil es in Europa große Bedenken von Umweltschützern und Bevölkerung gegenüber Fracking gibt, kommt die Technologie hier nicht richtig voran. Weder in der Akzeptanz, noch für die Energiewirtschaft. In Deutschland haben Nordrhein-Westfalen und Niedersachsen die größten Fracking-Potenziale. Das gesamte Potenzial liegt laut Bundesamt für Geologie und Rohstoffe bei 1,3 Billionen Kubikmetern, damit deutlich über den konventionellen Erdgasressourcen (0,15 Bill. Kubikmeter) und Erdgasreserven (0,146 Bill. Kubikmeter).

Wegen der Vielzahl von Chemikalien werden Gefahren für die Umwelt befürchtet. Deswegen sind auch die Hamburger Analytiker skeptisch und empfehlen, dass "vorschnelles Handeln in Bezug auf die Schiefergasförderung vermieden" werde. "Gerade in den Ländern mit einer großen Bevölkerungsdichte hätten negative Umweltauswirkungen erhebliche Folgen für große Teile der Bevölkerung", so Straubhaar.

Vorschnell geht es nicht, aber langsam geht es schon voran. Zumindest der EU-Umweltausschuss stellt schon mal die Weichen, allerdings mit starken Signalen. Der Ausschuss will eine Umweltverträglichkeitsprüfung für alle Fracking-Bohrungen, und nicht erst ab einer Größe von 500.000 Kubikmetern Fördermenge, wie bisher vorgeschrieben. Unter diesem Volumen bleiben die meisten Quellen, weshalb in Europa wie in den USA bisher keine Umweltprüfung notwendig ist.

Doch wünscht sich der Verband kommunaler Unternehmen (VKU), in dem die meisten Stadtwerke organisiert sind und der die Umweltverträglichkeitsprüfungs-Richtlinie begrüßt hat, eine Reduzierung des Genehmigungsaufwands mit der Richtlinie. "Angesichts des Ausbaubedarfs in neue und modernere Infrastrukturen, sind diese verschärften Anforderungen ein Schritt in die falsche Richtung", sagt VKU-Hauptgeschäftsführer Hans-Joachim Reck. Die Möglichkeit zu schnellem Fracking will man sich offenbar nicht verbauen, falls nach der Bundestagswahl im Herbst die neue Regierung auch die Fracking-Revolution will.

Wie bereits in Polen mit Fracking-Bohrungen umgegangen wird und zu welchen Mitteln beispielsweise Chevron greift, zeigt der Dokumentarfilm Gas-Fieber, den Arte+7 noch ein paar Tage zeigt, u. a. im eigenen Youtube-Channel. In der Produktion aus dem Jahr 2012 sind schon die weiteren Auswirkungen des Frackings in den USA zu sehen, mit der der sehr persönliche und emotionale Dokumentarfilm Gasland von 2010 beeindruckt. Auch dieser ist vollsynchronisiert bei Arteplus7.de bzw. auf Youtube zu sehen.

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