"Wir bleiben Vorreiter beim Klimaschutz: Bekenntnis zu den nationalen, europäischen und internationalen Klimazielen 2020, 2030 und 2050. Handlungslücke beim Klimaschutz bis 2020 verkleinern. Gesetz zur Einhaltung der Klimaziele 2030.", heißt es zusammengefasst zu Beginn in der Koalitionsvereinbarung vom Februar 2018. Und: "Wir gestalten den Wandel gemeinsam mit betroffenen Regionen: Einrichtung einer Kommission für Aktionsprogramm zur Erreichung des 40-Prozent-Ziels, zur Reduzierung der Kohleverstromung und zur Absicherung des notwendigen Strukturwandels."
Der Kohleausstieg ist in diesen Formulierungen praktisch schon enthalten, bloß wann und wie ist die Frage. Ob er überhaupt kommt, ist ebenfalls nicht sicher. Zwar ist er nach Ansicht aller Experten notwendig für die Einhaltung der Klimaschutzziele, ebenso wie eine Verkehrs- und Agrarwende, aber schon die letzte Vereinbarung zwischen den CDU/CSU und SPD hatte 2013 vieles enthalten, das bis Ende 2017 nicht realisiert worden ist. Ein Regierungsvertrag bedeutet eben noch lange keine Vertragserfüllung.
Doch diesmal sind die Absichten zumindest deutlich erkennbar – auch wenn wesentlich mehr nötig gewesen wäre. Immerhin sollen sich zumindest Kommissionen damit beschäftigen, wie ein die Ziele festschreibendes Klimaschutzgesetz und der Kohleausstieg erreicht werden sollen.
Die Klima-Allianz Deutschland empfiehlt dazu ein Paket von Sofortmaßnahmen, das die Abschaltung der dreckigsten und ältesten Kohlekraftwerke regelt. Das angekündigte Klimaschutzgesetz müsse einen ambitionierten und verbindlichen Reduktionspfad regeln. Dazu gehört für die Allianz auch, den Kohleausstieg sozialverträglich zu gestalten, eine ökologische Verkehrswende auf den Weg zu bringen und finanzielle Anreize auf Klimaschutz auszurichten.
„Wenn die Große Koalition diese fünf Punkte zügig umsetzt, ist das Klimaschutz-Versprechen noch einzuhalten“, erklärt Dr. Christiane Averbeck, Geschäftsführerin der Klima-Allianz Deutschland. „Der vorliegende Koalitionsvertrag bietet die Grundlage dafür. Daran werden wir die Regierung messen“, so Averbeck weiter.
Deutschland hat sich wiederholt verpflichtet, die Treibhausgasemissionen um 40 Prozent gegenüber 1990 zu reduzieren. In den kommenden zwei Jahren müssen dazu weitere zwölf Prozent eingespart werden. Bisher hat Deutschland seine Treibhausgase um nur etwa 28 Prozent reduziert.
Der Fünf-Punkte-Plan:
1. Klimaschutz-Sofortprogramm
Damit Deutschland sein 2020-Klimaziel von 40 Prozent Treibhausgasreduktion so schnell wie möglich erreichen kann, brauchen wir umgehend ein Klimaschutz-Sofortprogramm. Mit den bisherigen Maßnahmen werden im schlimmsten Fall nur 30 Prozent Treibhausgasreduktion bis 2020 erreicht. Dabei geht es vor allem um die Stilllegung von weiteren Kohlekraftwerken. Gleichzeitig sollte das Sofortprogramm für alle Sektoren die richtigen Weichen für 2030 stellen.
2. Klimaschutzgesetz
Im für das nächste Jahr angekündigten Klimaschutzgesetz muss Deutschland einen verbindlichen Reduktionspfad entlang der Sektorziele des Klimaschutzplans 2050 und eine Reduktion der Treibhausgasemissionen von mindestens 95 Prozent bis 2050 verankern. Ein solcher verbindlicher Reduktionspfad ist Grundlage für eine treibhausgasarme Volkswirtschaft und schafft für Wirtschaft und Politik Planungs- und Investitionssicherheit.
3. Sozialverträglicher Kohleausstieg
Zentrale Voraussetzung für die Dekarbonisierung der Energiewirtschaft ist ein gesetzlich verankerter Kohleausstieg und Unterstützung für den Strukturwandel, der die Belange der Beschäftigten und der betroffenen Regionen berücksichtigt. Bereits in den nächsten Jahren muss die Hälfte der Kohlekapazitäten vom Netz gehen. Parallel dazu gilt es, Energieeffizienz und Energieeinsparung entschlossener anzugehen.
4. Ökologische Verkehrswende
Heute liegen die Emissionen im Verkehrsbereich über dem Niveau von 1990. Bis 2030 sollen sie laut Klimaschutzplan mindestens um 40 bis 42 Prozent sinken. Auch der Abgasskandal zeigt, wie dringend notwendig ein Umsteuern in der Verkehrspolitik ist. Es geht um eine Politik, die endlich die notwendigen Maßnahmen durchsetzt, um die Klimaziele zu erreichen und die dem deutschen Mobilitätssektor durch diese Neuausrichtung eine Zukunft gibt. Dafür sind eine Verlagerung auf umweltfreundliche Verkehrsträger, eine deutliche Reduktion des Energieverbrauchs und ein Bekenntnis zu emissionsfreien Neuwagen ab 2030 von höchster Wichtigkeit.
5. Finanzielle Anreize auf Klimaschutz ausrichten
SUVs und Ölheizungen boomen. Ohne ein klares CO2-Preissignal für alle Sektoren sind die mittel- und langfristigen Klimaziele nicht zu erreichen. Gemeinsam mit Frankreich muss die deutsche Regierung die Initiative für einen investitionsrelevanten CO2-Mindestpreis in allen Sektoren ergreifen, der über die Zeit ansteigt. Unternehmen sollten verpflichtet werden, in einem Stresstest zu zeigen, wie sie für eine solche Entwicklung gerüstet sind. Um die CO2-Bepreisung möglichst aufkommensneutral zu gestalten, sollte das bestehende Energiesteuer- und Umlagensystem reformiert werden. Weiterhin ist wichtig, dass dabei sämtliche klima- und umweltschädlichen Subventionen schrittweise und sozial verträglich bis 2025 abgeschafft werden, wie von den G7-Staaten beschlossen.
Mehr zum sozialverträglichen Kohleausstieg und der Einführung eines CO2-Preises im factory-Magazin Divestment oder online.