Eine Quote für Spitzenfrauen in Unternehmen wird seit langem diskutiert, durchsetzen konnte sie sich bisher nicht. Freiwillig würden viele Unternehmen angeblich gern etwas an der Führungsstruktur ändern, doch sie bekämen zu wenig gute Bewerbungen, heißt es häufig. Das kann sein, doch der Grund ist nicht, dass es zu wenig qualifizierte Frauen gibt, sondern dass gerade diese vom Text der Stellenausschreibung abgeschreckt werden.
Herausgefunden haben das Wissenschaftlerinnen der TU München, die in einem Projekt die Auswahl und Beurteilung von Führungskräften untersuchten. Dabei stellten sie fest, dass schon die Formulierung der Stellenausschreibung darüber entscheiden kann, ob eine Frau oder ein Mann den Job bekommt – weil sich Frauen im Zweifel gar nicht erst bewerben. Sie fühlen sich von häufig verwendeten Begriffen wie „zielstrebig“ und „durchsetzungsstark“ weniger angesprochen, weil diese mit männlichen Stereotypen verbunden sind.
Nebenbei erhielten die Forscherinnen auch wichtige Erkenntnisse über die Rolle von Emotionen: Sie entlarvten das Klischee, dass Führungskräfte erfolgreicher sind, wenn sie gegenüber ihrem Team regelmäßig Ärger zeigen.
Die Forscherinnen zeigten rund 260 Testpersonen fiktive Anzeigen. Ausgeschrieben wurde dort beispielsweise ein Platz in einem Qualifizierungsprogramm für angehende Führungskräfte. Waren in der Ausschreibung viele Eigenschaften genannt, die mit Männern in Verbindung gebracht werden, fühlten Frauen sich weniger angesprochen und wollten sich seltener bewerben. Zu diesen Eigenschaften zählen etwa „durchsetzungsstark“, „selbstständig“, „offensiv“ und „analytisch“. Stärker angesprochen fühlten sich Frauen von Wörtern wie „engagiert“, „verantwortungsvoll“, „gewissenhaft“ und „kontaktfreudig“. Für männliche Testpersonen machte der Ausschreibungstext dagegen keinen Unterschied.
Frauen schätzen ihre eigene Führungskompetenz niedriger ein
„Eine sorgfältig formulierte Stellenausschreibung ist die Voraussetzung für eine optimale Personalauswahl“, sagt Studienleiterin Prof. Claudia Peus, vom Fachgebiet für Forschungs- und Wissenschaftsmanagement. „Es macht zwar meist keinen Sinn, alle männlich besetzten Formulierungen einfach wegzulassen. Aber ohne ein zumindest ausgewogen formuliertes Profil rauben sich Organisationen die Chance auf gute Bewerberinnen. Denn die Stereotype wirken trotz aller gesellschaftlichen Veränderungen fast unverändert weiter.“
Dass die traditionellen Wahrnehmungsmuster nicht zuletzt hinsichtlich Führungskräften gelten, haben die Forscherinnen gemeinsam mit der New York University gezeigt. In einer Befragung hielten rund 600 US-Amerikanerinnen und -Amerikaner Frauen und Männer zwar für grundsätzlich gleich kompetent, produktiv und effizient. Doch die Führungskompetenz der Männer stuften sie höher ein. Auch Frauen trauten sich selbst und anderen Frauen in diesem Bereich durchschnittlich weniger zu als Männer sich selbst und ihren Geschlechtsgenossen.
Verärgerte Chefs müssen mit Illoyalität rechnen
Ob Frauen überhaupt der Wille zur Führung zugetraut wird, hängt stark von den Emotionen ab, die sie zeigen. So lautete eines der Ergebnisse bei der Zwischenpräsentation des Projekts im vergangenen Jahr. Inzwischen haben die Wissenschaftlerinnen die Rolle von Emotionen bei der Beurteilung von Führungskräften weiter untersucht:
Chefs sollten ab und zu Ärger zeigen um sich zu behaupten – so lautet eine weit verbreitete Vorstellung. Um das Klischee zu prüfen, zeigten die Wissenschaftlerinnen mehr als 500 Testpersonen Videos oder Szenarien in Text und Bild, in denen eine Führungskraft ein negatives Geschäftsjahr vor den Mitarbeitern zusammenfasst. Die Vorgesetzten zeigten entweder Ärger, Trauer oder keine Emotion.
Die verärgerten Führungskräfte zogen ihre Macht nach Einschätzung der Testpersonen vor allem aus der Androhung von Strafen und durch die Betonung ihres Status. Weniger als diejenigen Führungskräfte, die Trauer oder Emotionen zeigten, erlangten sie Macht, indem sie anderen ihre Wertschätzung zeigten. Ärgerliche Vorgesetzte verloren also zwischenmenschlich. Die Konsequenz: Die Probanden wären als Mitarbeiter gegenüber den verärgerten Bossen weniger loyal und würden sie eher sabotieren.
Dank ans Team führt zu Zufriedenheit mit den Chefs
„Harter Tonfall gleich Autorität – diese Gleichung ist ein Trugschluss“, sagt Studienleiterin Prof. Isabell M. Welpe vom Lehrstuhl für Strategie und Organisation. „Die Machtposition der Führungskräfte, die ihren Ärger an den Mitarbeitern auslassen, wird zwar grundsätzlich anerkannt. Aber langfristige Loyalität erreichen sie nicht – im Gegenteil riskieren sie, bei nächster Gelegenheit hintergangen zu werden.“
Dass sich Empathie der Chefs positiv auswirkt, bestätigte eine weitere Studie. Die Forscherinnen befragten mehr als 400 Testpersonen nach ihrem eigenen Arbeitsleben oder ließen sie ein fiktives Team-Gespräch nach einem erfolgreichen Kundentermin beurteilen. Im Mittelpunkt stand jeweils, ob die Führungskräfte Dankbarkeit gegenüber den Mitarbeitern oder Stolz auf die eigene Leistung zeigten.
Das Ergebnis: Ein „Danke“ bringt nicht nur im „richtigen“, sondern auch im Arbeitsleben viele Vorteile: Je häufiger es die Vorgesetzen aussprachen, desto zufriedener waren die Mitarbeiter sowohl mit ihren Chefs als auch generell mit ihrem Job. Stolz der Führungskräfte steigerte zwar auch die allgemeine Arbeitszufriedenheit. Doch die Bosse selbst sanken im Ansehen – als zu egoistisch.
In dem dreijährigen Projekt „Auswahl und Beurteilung von Führungskräften in Wirtschaft und Wissenschaft (AuBeFühr)“ haben der Lehrstuhl für Strategie und Organisation sowie die Professur für Forschungs- und Wissenschaftsmanagement wissenschaftlich fundierte Handlungsempfehlungen entwickelt, die nun in Schulungen weitergegeben werden können. Vom 1. bis 3. April stellen die Wissenschaftlerinnen ihre Ergebnisse auf einer Abschlusstagung in München vor. Das Projekt wurde gefördert vom Bundesministerium für Bildung und Forschung sowie dem Europäischen Sozialfond der Europäischen Union.