Alles in Ordnung trotz Sonnenfinsternis, so das Fazit des Stromnetzbetreibers 50 Hertz in Deutschland laut zeit.de-Liveblog: Zwar war ein schneller An- und Abstieg der Solarstromerzeugung festzustellen, der Strommarkt sei aber gut vorbereitet gewesen. "Die für die Netzschwankungen vorgesehene Regelenergie sei kaum benötigt worden", heißt es dort. Freude auch im Wirtschafts- und Energieministerium der Bundesregierung: Das Spiel Energiewende gegen Sonnenfinsternis sei kurz spannend gewesen, aber wegen des guten Systems mit 1:0 verdient gewonnen, so das vom BMWi bei Twitter verschickte Bild.
Das Thema Sonnenfinsternis war in der Tag in diesem Jahr nicht so sehr für die Finsternisinteressierten spannend, sondern eher für diejenigen, denen die Netzstabilität etwas bedeutet. Das angekündigte Drama des Totalausfalls durch "Blackout" blieb aber aus. Der Klima-Lügendetektor hatte im Vorfeld die Panikmache sondiert: Aufregung bei der FAZ bzw. beim Autor Andreas Mihm: "... der moderne Mensch ängstigt sich vor einem Stromausfall, weil Solaranlagen dann keine Elektrizität mehr produzieren." Endzeitstimmung bei der BILD: "Knipst die Sonnenfinsternis uns den Strom aus?" Dabei hatte das Fraunhofer-Institut für Solare Energiesysteme ISE den ganzen Vorgang simuliert und festgestellt, "dass der konventionelle Kraftwerkspark und insbesondere die flexiblen Pumpspeicherkraftwerke technisch in der Lage sind, diese zeitlichen Änderungen der PV-Leistung auszugleichen." Zudem seien auch Windenergieanlagen und große PV-Anlagen technisch in der Lage, ihre Einspeiseleistung in kürzester Zeit zu reduzieren und dadurch zur Systemstabilität beizutragen«.
Der Verband kommunaler Unternehmen (VKU) hatte die Chance genutzt, und auf die Notwendigkeit konventioneller Kraftwerke hingewiesen, dessen Betreiber die Stadtwerke sind.
Der Thinktank Agora Energiewende hatte die partielle Sonnenfinsternis zum Anlass für eine Studie genommen, um auf den nötigen oder unnötigen Ausbau der Stromsysteme hinzuweisen. Denn im Jahr 2030 wird die Einspeisung von Strom aus Erneuerbaren Energien mitunter in einer Stunde um bis zu 14 Gigawatt steigen oder fallen, weil dann der Anteil von Erneuerbaren Energien weit über den heutigen 30 Prozent liegen wird. „Das ist so, als ob 14 Großkraftwerke an- oder abgeschaltet werden. Bei der jetzigen Sonnenfinsternis sind es bis zu 15 Gigawatt Anstieg in einer Stunde, also kaum mehr“, sagt Dr. Patrick Graichen, Direktor von Agora Energiewende. „Wenn das heutige, vergleichsweise inflexible Stromsystem die Sonnenfinsternis meistert, dann wird das Stromsystem des Jahres 2030 mit vergleichbaren Situationen spielend zurechtkommen“, sagt Graichen. „Denn im Rahmen der Energiewende muss das Stromsystem ohnehin deutlicher flexibler werden.“
Die technischen Möglichkeiten für einen flexiblen Ausgleich existieren zu einem Großteil bereits. Sie müssen aber stetig weiter entwickelt werden, heißt es in der Kurzstudie. Nötig für den sicheren Betrieb des künftigen Stromsystems sind ihr zufolge die weitere Integration der Stromsysteme in Europa, der Netzausbau, eine stärkere Einbeziehung von großen Stromverbrauchern in den Strommarkt, die Entwicklung von flexiblen Speichertechnologien sowie hochflexible und systemdienliche Kraftwerke.
Auch die Deutsche Energie-Agentur dena zeigt sich stolz: "Die deutsche Stromversorgung ist während der heutigen Sonnenfinsternis stabil geblieben." Sie verweist darauf, dass neben konventionellen Kraftwerken insbesondere Pumpspeicherkraftwerke dazu beigetragen hätten. Da im Zuge der Energiewende immer mehr Photovoltaikanlagen und immer weniger konventionelle Kraftwerke Strom erzeugen, werden Pumpspeicher immer wichtiger für den Ausgleich von kurzfristigen Wetterschwankungen. Denn sie können Strom schnell aufnehmen und wieder abgeben. Damit Pumpspeicher zukünftig ausreichend zur Verfügung stehen, müssen sie wirtschaftlich betrieben werden können -und dafür müsse das Energiewirtschaftsgesetz dringend angepasst werden.“
Die Pumpspeicherplattform der dena fordert unter anderem, Pumpspeicher bei den Netzentgelten nicht mehr zu benachteiligen. Derzeit zahlt ein Pumpspeicherwerk Netzentgelte für den Bezug von Strom zum Pumpen des Wassers. Und der Abnehmer des Stroms, den das Werk später wieder in das Netz eingespeist, muss nochmals für die Netznutzung bezahlen.
Anstelle von konventionellen Großkraftwerken müssen in Zukunft verstärkt andere Lösungen das Stromnetz flexibel halten und Schwankungen ausgleichen, fordert auch die dena. Dazu zählt die Agentur unter anderem den Ausbau des Stromnetzes, die Anpassung der Stromnachfrage an die Erzeugung, die Flexibilisierung von regenerativen Energieanlagen und vor allem aber Stromspeicher. Die einzigen wirtschaftlich verfügbaren Speicherkapazitäten mit einem hohen Wirkungsgrad und einer sehr schnellen Reaktionsfähigkeit sind derzeit Pumpspeicherwerke.
Bei den Naturschützern stehen Pumpspeicherwerke allerdings in der Kritik, auch wenn sich der Naturschutzbund Nabu deutlich zu ihnen bekennt. In einigen Mittelgebirgen werden inzwischen neue Speicherseen und -kraftwerke geplant.