Krisengewinner ist ein böses Wort, doch in diesem Fall nicht bös gemeint. Es ist nicht etwa ein Banker, der auf fallende Kurse setzt oder mit Nahrungsmitteln spekuliert, sondern eine ganze Bank, die zum wiederholten Mal von der Krise profitiert.
Wachstum ist hier eindeutig positiv: Seit dem Beginn der Finanzkrise 2007 treibt die Diskussion um die "richtige" Bank, die ökologisch, sozial und ökonomisch mit Geld umgeht, also nachhaltig ist, der Bochumer GLS Bank mit ihren sieben Filialen immer mehr Kunden zu. Die Bank, die vor fast 40 Jahren als anthroposophische Gründung entstand, investiert ausschließlich in ebenfalls nachhaltige Unternehmen aus den Bereichen erneuerbare Energien, ökologische Landwirtschaft und in Bildungs-, Gesundheits- und Wohnprojekte.
Auf der heutigen Bilanzpressekonferenz der GLS Bank sah man in Bochum deswegen wieder nur zufriedene Gesichter bei den beiden Vorständen Thomas Jorberg und Andreaus Neukirch. "23 Prozent mehr Kunden 2012, 2250 Neue pro Monat, sind ein überproportionaler Zuwachs", verkündet Sprecher Thomas Jorberg stolz. Gleichzeitig konnte die Bank 36 Millionen Euro Neuzeichnungen registrieren und Stille Teilhaber dazu gewinnen, 24 Millionen Euro in Genossenenschaftsanteile umzuwandeln.
Dadurch verdreifachte sich das Geschäftsguthaben der Bank von Ende 2011 bis 2012 auf 100 Millionen Euro, das gesamte Eigenkapital inklusive Rücklagen stieg auf 160 Millionen Euro. "Damit sind wir gut aufgestellt für Basel III, das 2014 kommt. Wir übererfüllen die Kriterien sogar", freut sich Jorberg. Mit Basel III, das noch weit entfernt von einem "Sustainable Basel" ist, müssen die Banken höhere Eigenkapitalquoten nachweisen. Die Europäische Union will so das Risiko für Bankenkrisen vermindern.
Zum Jahresabschluss 2012 stehen bei der GLS Bank 2,7 Milliarden Euro in der Bilanz, wieder einmal 20 Prozent mehr als im Vorjahr. 27.000 Menschen kamen neu zur Bank, ein Plus von 23 Prozent, insgesamt zählt die GLS nun 143.000 Kunden. Die Kundeneinlagen wuchsen um 20% auf 2,35 Mrd. Euro. Das Kreditvolumen stieg sogar um 26%, die Bank finanzierte Projekte im Wert von 543 Millionen Euro.
Weil die Einlagen der Kunden und Mitglieder höher als die Ausgaben waren, ist auch die Nicht-Bankenquote mit sieben Prozent gering. "Wir brauchen keine zusätzliche Refinanzierung aus dem Bankensektor. Und weil wir es nicht brauchen und uns nicht am Finanzmarkt beteiligen, kommen die Leute zu uns", sagte Andreas Neukirch. Doch auch eine kleine Genossenschaftsbank wie die GLS erwirtschaftet mit Nachhaltigkeit einen kleinen Gewinn. Dieser wird in Höhe von knapp 2,5 Millionen Euro erstmals als Dividende von wahrscheinlich drei Prozent an die Genossinnen und Genossen ausgeschüttet.
Das GLS-Prinzip, dass Kunden und Mitglieder die ökologische-soziale Realwirtschaft fördern und mit einem ethischen oder ökonomisch bescheidenen Gewinn zufrieden sind, praktizieren in Deutschland inzwischen vier Banken. Weltweit sind es 21, die sich in der Global Alliance for Banking on Values (GABV) zusammen geschlossen haben. Sie und Interessierte lädt die GLS Bank am 14. März nach Berlin zur Konferenz "Wertewandel im Bankensektor" ein, wo auch Otto Scharmer vom MIT über seinen Entwurf der den Kapitalismus reformierenden Gesellschaft 4.0 und Thomas Sedlacek sprechen werden.
Thomas Jorberg will dort diskutieren, warum "Too big to fail" immer noch "Too big" ist, warum eine Bankenunion für alle das systemische Risiko noch potenziert und wie man Rohstoffderivate, Hochfrequenzhandel (die Mindesthaltedauer beträgt gerade mal eine halbe Sekunde) und andere abstrakte Produkte bändigen kann. "Wir müssen viel mehr über ein positives Zukunkftsbild des Finanzmarkts diskutieren: dezentral, werteorientiert und transparent. Die Frage muss immer sein, welche realwirtschaftlichen Auswirkungen die Bankenaktivität hat."
Dass der im Vergleich unglaublich kleine Sektor des Social-Banking, die weltweit 21 Nachhaltigkeitsbanken über 70 Prozent ihrer Aktiva als Kundenkredite in realwirtschaftliche Projekte investieren und dabei auch eine bessere Bilanz als die konventionellen Banken aufweisen, hält Jorberg für ein gutes Zeichen für einen Wandel. "Nachhaltigkeit ist auch ein gutes Geschäft, wenn man es richtig macht", sagt Jorberg.