Ein großes Fest wollen sie feiern, die Banker mit ihren Genossen und Kunden: Im Juni werden in Bochum rund 3500 Gäste erwartet, dazu viel Prominenz, vom Ex-Bundespräsidenten Horst Köhler über Kabarettist Georg Schramm bis hin zur Star-Köchin Sarah Wiener. Das gaben heute die beiden Vorstände Thomas Jorberg und Andreas Neukirch auf der Bilanzpressekonferenz 2014 bekannt, auf der die Zahlen des Vorjahres und ein Rückblick auf die junge Geschichte präsentiert wurden.
Beinahe globalisiert wirkte die Konferenz: Per Videokonferenz waren die Standorte Bochum und Frankfurt verschaltet, Jorberg in Frankfurt, Neukirch im Hauptsitz in Bochum. Dort sind die neuen Räume hell und großzügig gestaltet. Nach dem abgeschlossenen sechsstöckigen Erweiterungsbau in Bochum wird nun auch die Frankfurter Niederlassung in ein größeres Gebäude umziehen, auch in Hamburg kommen neue Räume hinzu. Die Bank vergrößert sich, hat massiv in Infrastrukturmaßnahmen investiert und hat keine eigenen Räume mehr an andere Institutionen vermietet, erklärte Neukirch.
Insgesamt 450 Mitarbeiter beschäftigt die Bank inzwischen, ein Plus von 39 im letzten Jahr, etwas weniger Zuwachs als in den letzten Jahren. Besonders die Frauenquote überrascht: 11 von 29 Führungskräften sind Frauen, das sind fast 40 Prozent, 60 Prozent aller Mitarbeiter sind weiblich. "Uns gelingt es offenbar, andere Aufgaben mit denen der Bank gut zu verknüpfen", erklärt Neukirch die hohe Quote. Dass viele Mitarbeiter Teilzeit bevorzugen, zeigt sich in der Echtzeit-Zahl: Umgerechnet hat die GLS Bank 345 voll beschäftigte Mitarbeiter.
Wohl keine Bank hat das nachhaltige Wirtschaften in Deutschland in den letzten vier Jahrzehnten so stark gefördert wie die GLS Bank. Nach einem kurzen Überblick über die Investitionsgeschichte – 1974 Start mit der Bochumer Rudolf Steiner Schule und ökologischem Landbau auf Hof Dannwisch, 1988 erster Windkraftanlagenfonds Deutschlands, 1997 Finanzierung der Stromrebellen der Schwarzwaldstadt Schönau, die heute mit der EWS einer der vier großen bundesweiten Anbieter von Ökostrom sind, 2003 Übernahme der Frankfurter Ökobank und damit auch im Girogeschäft – kamen die Erfolge des Jahres 2013 auf die Übertragungsleinwand.
2013 wurde die GLS Bank zur Sustainable Bank of the Year im europäischen Vergleich und zum vierten Mal in Folge in der Kundenbefragung des Sender n-tv zur Bank des Jahres gekürt. 2012 hatte sie schon den Deutschen Nachhaltigkeitspreis erhalten und warb damit, dass Deutschlands nachhaltigstes Unternehmen eine Bank sei.
Die Drei-Milliarden-Marke bei der Bilanzsumme ist nun geknackt, 3,24 Mrd. € hat die Bank im letzten Jahr verwaltet, 19 Prozent mehr als 2012. 2,8 Mrd. € legten die Kunden bei der GLS Bank an, das sind 19,7 Prozent mehr als im Vorjahr, doch im vergangenen Jahr lag das Wachstum noch bei 26 Prozent. Die Kundenkredite stiegen auf 1,65 Mrd. €, ein Zuwachs von 16,6 Prozent. Die Zahlen der Kunden und Genossenschaftsmitglieder stiegen auf 165.000 und 32.400. Damit lag der Kundenzuwachs 2013 bei rund 2000 Kunden pro Monat, 16 Prozent. Der Bilanzgewinn nach Rücklagen und Steuern stieg von 2,7 Mio. € auf 4,2 Mio. €, das sind 0,13 Prozent der Bilanzsumme. Für 2014 erwartet Neukirch in allen Bereichen etwas bessere Ergebnisse.
Interessant bei der GLS Bank, dass das gesamte Bankengeschäft ausschließlich durch Kundeneinlagen in das Eigenkapital (jetzt bei 200 Mio. €) der Bank finanziert ist – nicht wie bei den meisten Banken durch so genannte Interbankengeschäfte.
Der Vergleich der Wachstumsraten der letzten Jahre zeigt, dass die Quote unter 20 Prozent gefallen ist. Die beiden Sprecher thematisierten das nicht, Jorberg bot jedoch an, einen ganzen Vormittag über die Energiewende zu reden. In seinem der Pressemappe beiliegenden Artikel "Die Energiewende ist wichtiger als Partikularinteressen" sieht er das gegenwärtig "wichtigste Gesellschafts- und Industrieprojekt" bedroht. Er plädiert für höhere Energiepreise, weiteren dezentralen Ausbau von Sonne- und Windkraftanlagen, Smart- statt Stupid Grid und die Beendigung der Biogas-Förderung.
Im vergangenen Jahr lief die Energiewende für die Bank noch gut: im Bereich Regenerative Energien vergab sie den größten Teil der Kredite von 551 Mio. €. Die 37,9 Prozent liegen über dem bisherigen Anteil im laufenden Kredit-Portfolio von 31 Prozent. Auch der Bereich Soziales (Behinderteneinrichtungen, Leben im Alter, Gesundheit) wurde stärker nachgefragt: 22,4 Prozent gegenüber 17 Prozent gesamt. Weniger investiert wurde in Bildungseinrichtungen, die Startprojekte der GLS Bank: nur 8,1 Prozent statt 20 Prozent. Keine Veränderungen gab es in den Bereichen Wohnen (17 Prozent) und Ernährung (14,1 Prozent).
Angesprochen auf das nicht erweiterte Investitionsvolumen im Bereich Ernährung verwies Andreas Neukirch auf die schwierige Bodensituation. Durch den massiven Landkauf von Großinvestoren wären hierzulande bezahlbare Flächen kaum noch zu finden, die für ökologischen Landbau genutzt werden könnten. Selbst im flächenreichen Osten des Landes wäre der Ökolandbau sogar gefährdet. Zwar gibt es Kreditbedarf im Bereich Naturkost und -handel, neue Ökoanbauflächen wären aber nicht zu finanzieren. Die meisten Flächen werden für den staatlich geförderten Energiepflanzenanbau genutzt. Als einzige Option, die Situation zu verändern, böte sich der GLS Biobodenfonds an. Mit ihm kauft die Bank bedrohte oder frei werdende Flächen und verpachtet sie an Ökolandwirte.
Der erste Biobodenfonds vergab als Bio-Boden-Gesellschaft mit Sitz in der GLS Bank Genussrechte und konnte so 3,8 Mio. € für Bodenkäufe sammeln. In der zweiten Emission kamen durch Genussscheine 10 Mio. € zusammen. Zum Vergleich: Der 2013 gestartete erste nachhaltige GLS-Aktienfonds sammelte im ersten Monat 13 Millionen Euro ein. Der ehrbare Biobodenfonds scheint aber für die GLS Bank auch kein Thema mehr zu sein: Auf der GLS.de-Webseite sind keine Informationen dazu zu finden, stattdessen lästern Bauern im Landtreff.de-Forum über den Fonds, der sonst nur als Firmenadresse im Web und in einigen Artikeln wie in der ZEIT und taz auftaucht.