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Hamburger Reallabor untersucht CO2-freie urbane Wärmeproduktion

Die Wärmeproduktion ist einer der größten Energieverbraucher und somit Klimawandeltreiber – nicht nur in Deutschland. Die Wärmewende soll die Umstellung auf erneuerbare Energie- und Wärmequellen bringen, kommt jedoch nur lokal wirklich voran. In Hamburg startet jetzt der Versuch, Windkraft und Solarthermie mit einer Geothermieanlage zu verbinden und Nutzung und Betrieb in Form eines genannten Reallabor in echten Haushalten zu untersuchen.

Rund 50 Prozent des Bruttoendenergieverbrauchs in Deutschland benötigt die Wärmeproduktion für z. B. Heizung und Warmwasser. Erneuerbare Quellen sind hier bisher nur unzureichend vertreten: Ihr Anteil stieg 2019 nur leicht von 14,3 auf 14,5 Prozent. Noch geringer ist nur der Verkehrsanteil: 5,6 Prozent, seit Jahren, bei einem Gesamtenergieverbrauch von 25 Prozent. Im Stromsektor stieg der Anteil dagegen von 37,8 auf 42,1 Prozent, wenngleich auch hier der Ausbau besonders der Windenergie stockte, so die Daten des Umweltbundesamtes.

Während die Stromproduktion immer mehr "erneuerbar" wird – auch wenn der Anteil für die angestrebte Klimaneutralität wesentlich größer sein müsste – geht die Entwicklung bei Verkehr und Wärme kaum voran. Dabei werden in privaten Haushalten über 90 Prozent der Endenergie für Wärmeanwendungen verbraucht, sie sind mit knapp 2500 Petajoule pro Jahr die größten Wärmenutzer. Handel, Gewerbe und Dienstleistungen verbrauchen über 60 Prozent der Endenergie für die Wärmeproduktion, insgesamt jeweils 925 PJ/a und 2040 PJ/a in der Industrie.

Bei einem derart hohen Anteil der Wärmeenergieproduktion aus fossilen Quellen, ist klar, dass hier eigentlich viel mehr für die Begrenzung der Erderwärmung getan werden müsste. Doch in den vergangenen Jahren hat sich in Sachen Wärmewende wenig getan. Zwar werden immer mehr Neu- und Bestandsbauten wärmetechnisch gedämmt und die Energieverbrauchsvorschriften für Neubauten ständig erhöht, doch gerade für letztere ist der Ressourcenverbrauch oft höher als der Gewinn durch Einsparungen in der Nutzung, wie ein factory-Beitrag belegt.

Um den Anteil erneuerbarer Wärmeproduktion zu steigern, ist eine Vervielfachtung konkreter Wärmewende-Projekte nötig. Ein Mittel dazu sind Reallabore, wo Wärme- und Energieproduzenten mit Anwender*innen in Haushalten konkrete Projekte realisieren. Im Hamburger Stadtteil Wilhelmsburg beginnt jetzt ein solches Reallabor, gefördert mit 22,5 Millionen Euro vom Bundesministerium für Wirtschaft und Energie (BMWIE).

Zentraler Bestandteil des Projektes IW3 – Integrierte WärmeWende Wilhelmsburg – ist die regenerative Wärmeversorgung. Neben bereits vorhandenen Erzeugern wie Windkraft oder Solarthermie soll die Nutzung von Erdwärme eine weitere Basis werden. So sieht das Konzept die Errichtung einer Geothermieanlage vor, die heißes Thermalwasser aus dem Untergrund – genauer aus 3.500 Metern Tiefe – nach oben holt. Über Wärmetauscher wird die Energie dem Wasser entzogen und in das Wärmenetz eingespeist, das neu errichtet wird. Das abgekühlte Wasser wird zurück in den Entnahmehorizont geleitet.

Mittels zusätzlicher Einbindung sektorenübergreifender Technologien wie Wärmepumpen und Power-to-Heat-Anlagen sowie der Verwendung selbst erzeugten erneuerbaren Stroms, sei perspektivisch eine CO2-neutrale Versorgung möglich, heißt es in einer Pressemitteilung der Betreiberin Hamburg Energie. Um Wärmeüberschüsse des Sommers im Winter nutzen zu können, ist die Errichtung eines saisonalen Speichers, eines sogenannten Aquiferspeichers, vorgesehen. So können unterschiedliche Energiebedarfe mit unterschiedlichen Energieverfügbarkeiten effizient miteinander in Einklang gebracht werden. Ein digitaler Wärme-Marktplatz bündelt alle lokalen Energieerzeuger und Verbraucher und ermöglicht so eine kosteneffiziente wie klimafreundliche Versorgung von Gebäuden.

Jens Kerstan, Senator für Umwelt und Energie sowie Aufsichtsratsvorsitzender der Hamburg Energie glaubt, dass das IW3-Reallabor das Potential hat, deutschlandweit zum Musterbeispiel für die Wärme- und Energiewende in städtischen Räumen zu werden. Mit den Fördergeldern sei ein schnellerer Transfer von Forschung in die Praxis möglich. Im von Hafen und Industrie aber auch ländlich geprägten Stadtteil Wilhelmsburg leben etwa 54.000 Menschen von insgesamt 1,84 Millionen Hamburger Einwohner*innen.

Mehr zu den Grenzen der Energieeffizienz beim Bauen und zu den Ergebnissen von Reallaboren im Wohnbereich im factory-Magazin Besser bauen, das kostenlos und reich illustriert zum Download bereit steht. Einzelne Beiträge des Magazins lassen sich auch online im Themenbereich kommentieren.

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