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  • Zufriedenheit mit der Lebensdauer von Elektrogeräten laut einer Internet-Verbraucherbefragung; Quelle: Umweltbundesamt

UBA-Studie zur Entwicklung von Strategien gegen Obsoleszenz

Der Begriff Obsoleszenz bezeichnet den Zustand, dass Produkte oder Wissensbestände auf natürliche oder künstlich beeinflusste Art veraltet sind oder altern. Heute wurde der Abschlussbericht „Einfluss der Nutzungsdauer von Produkten auf ihreUmweltwirkung: Schaffung einer Informationsgrundlage und Entwicklung von Strategien gegen Obsoleszenz“ von Öko-Institut und Universität Bonn auf der Seite des Umweltbundesamtes veröffentlicht.

2014 wurden in Deutschland mehr als 24 Millionen Smartphones, knapp sieben Millionen Tablets und acht Millionen Fernsehgeräte verkauft – Geräte, deren Herstellung mit hohen Umweltauswirkungen und Ressourcenverbrauch verbunden ist. Damit sie nicht nach kurzer Zeit ausgetauscht werden – sei es aufgrund eines Defekts, wegen zu hoher Reparaturkosten oder dem Wunsch nach einem neuen Modell – empfehlen das Öko-Institut und die Universität Bonn Strategien und Instrumente, mit denen die Politik Anreize für eine längere Nutzung von Produkten setzen kann. So können die Umweltauswirkungen unseres Konsums reduziert und der Übergang in eine ressourceneffiziente Kreislaufwirtschaft geschaffen werden – eines der zentralen Ziele des Ende 2015 verabschiedeten Circular Economy Package der Europäischen Kommission. Die Studie zu Ursachen von und Strategien gegen Obsoleszenz wurde im Auftrag des Umweltbundesamtes erarbeitet.

Strategien gegen Obsoleszenz

Zentraler Baustein im empfohlenen Strategien- und Instrumentenmix sind Mindestanforderungen an die Qualität und Haltbarkeit von Produkten so-wie ihrer kritischen Bauteile und Komponenten. Damit diese Anforderungen in der Praxis auch geprüft und verglichen werden können, muss zudem die Entwicklung von Messnormen und Standards für Bauteile und Geräte vorangetrieben werden.

Zudem sollten die Rahmenbedingungen für die Reparierbarkeit von Produkten verbessert werden, damit defekte Geräte häufiger repariert statt durch neue ersetzt werden. Dazu gehören etwa die Lieferbarkeit von Ersatzteilen und transparente Reparaturinformationen an unabhängige und nicht herstellergebundene Reparaturbetriebe. Die Empfehlungen zielen aber in erster Linie darauf ab, dass die Geräte möglichst fehlerfrei bleiben und der Reparaturbedarf erst gar nicht oder nur in seltensten Fällen entsteht.

Die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler empfehlen nicht zuletzt, die Informationspflichten für Hersteller zu erhöhen. Zum einen sollten sie beispielsweise Verschleißteile und Sollbruchstellen eindeutig deklarieren, zum anderen Verbraucher über die ökologischen Vorteile von langlebigen Produkten, Wartungsintervalle sowie Kosten für mögliche anfallende Reparaturen informieren.

Ziel: längere Lebens- und Nutzungsdauer von Produkten

Eine optimale Lebensdauer insbesondere von elektronischen und elektrischen Produkten ist mit Blick auf die Umwelt von zentraler Bedeutung. Vor allem der steigende Anteil von Geräten, die in den frühen Phasen der Nutzung ausgetauscht werden, muss künftig verhindert werden.

„Strategien gegen Obsoleszenz sind vielfältig“, sagt Siddharth Prakash, Leiter der Studie am Öko-Institut. „Zum einen müssen Verbraucher sich auf eine bestimmte Mindestlebensdauer verlassen können. Zum anderen sollten sie mehr Bereitschaft zeigen, hochwertigere und langlebigere Produkte zu erwerben und damit einen Beitrag zum Ressourcenschutz leisten.“

EU-Richtlinie, Standards, Normen – Möglichkeiten der Umsetzung

Politische Vorgaben, wie lange Produkte mindestens fehlerfrei funktionieren müssen, sind über die Ökodesign-Richtlinie der Europäischen Union denkbar. Die Expertinnen und Experten schlagen zudem vor, in die Entwicklung von Standards und Normen zur Messung der Lebensdauer und Haltbarkeit von Produkten und Komponenten zu investieren – eine Maßnahme, die zurzeit auch als Normungsmandat für die Materialeffizienz im Rahmen der Ökodesign-Richtlinie angegangen wird.

Verkürzte Produktnutzung: Ursachen und Auswirkungen

Die Auswertung von Haushaltsgroß- und -kleingeräten, Geräten aus der Unterhaltungselektronik sowie von Informations- und Kommunikationstechnologien im Zeitraum 2004 bis 2012 ergab ein differenziertes Bild der Gründe, warum Konsumentinnen und Konsumenten neue Geräte anschaffen. So wurde einerseits deutlich, dass Verbraucherinnen und Verbraucher vermehrt noch funktionierende Geräte austauschen. Andererseits stellt die Studie fest, dass der Anteil der Haushaltsgroßgeräte, die aufgrund eines Defektes schon innerhalb der ersten fünf Jahre ersetzt wurden, zwischen 2004 und 2012 von 3,5 Prozent auf 8,3 Prozent gestiegen ist.

Daten & Fakten: Austauschgründe Haushaltsgroß-, Fernsehgeräte und Notebooks

Die Folge sind negative Auswirkungen auf den kumulierten Energieaufwand und die CO2-Bilanz der Geräte. Kurz gesagt: Langlebige Produkte verursachen, nach den in der Studie getroffenen Annahmen, insgesamt geringere Treibhausgasemissionen: Eine langlebigere Waschmaschine 700 Kilogramm bis eine Tonne weniger als eine kurzlebige, ein langlebiges Notebook 300 Kilogramm weniger und ein langlebiges Fernsehgerät 600 Kilogramm weniger Treibhausgasemissionen als die kurzlebigen Varianten. Die Kurzlebigkeit von Produkten führt auch dazu, dass die in den elektronischen Produkten enthaltenen Rohstoffe, wie Edelmetalle, seltene Erden und weitere kritische Rohstoffe der Kreislaufwirtschaft im rasanten Tempo zu einem großen Teil verloren gehen.

Daten & Fakten: Umweltwirkungen von lang- und kurzlebigen Fernsehgeräte und Notebooks im Vergleich (Pressemitteilung Öko-Institut)

Obsoleszenz = geplante Obsoleszenz?

Die vorliegende Studie zeigt, dass das Phänomen Obsoleszenz nicht so eindimensional ist, wie oft in den Medien und der Öffentlichkeit unter dem Begriff „geplante Obsoleszenz“ dargestellt. Eine von Herstellern mit Absicht verkürzte Produktlebensdauer im Sinne einer Designmanipulation kann in der Studie nicht nachgewiesen werden. Hersteller planen in der Regel die Belastbarkeit ihrer Produkte, aus der sich dann die zu erwartende Lebensdauer, aber auch die Kosten des Produkts ergeben. Abhängig von der realen Belastung kann die Lebensdauer dann durchaus kürzer oder länger sein. Darüber hinaus spielen für den Preis aber auch noch andere Faktoren eine wichtige Rolle, wie zum Beispiel Abnutzungsvorrat, Markenwert, Service, Erwartung der Konsumenten, Garantieversprechen, Werbung und Mode. Das Kernprinzip lautet, Produkte so zu gestalten, dass sie so lange wie nötig und nicht so lange wie möglich halten.

„Diese Entscheidungsgrundlagen sind jedoch für die Konsumentinnen und Konsumenten nicht nachvollziehbar. Dennoch sollten wir von den verschwörungstheoretischen Diskussionen rund um geplante Obsoleszenz Abstand nehmen“, fasst Siddharth Prakash den Diskussionsstand zusammen. „Viel wichtiger ist eine Debatte darüber, wie wir mit einem intelligenten Instrumenten-Mix längere Produktnutzungen im Massenmarkt etablieren. In dieser Hinsicht hat die Europäische Kommission in ihrem Circular Economy Package ambitionierte Ziele formuliert. Jetzt müssen Taten folgen.“

Die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler weisen darauf hin, dass Strategien gegen Obsoleszenz nur dann wirksam werden können, wenn sie als gesamtgesellschaftliche Aufgabe im Zusammenspiel zwischen Politik, Herstellern, Wissenschaft und Verbrauchern begriffen werden. Dazu ist es unter anderem unabdingbar, dass ökologische Faktoren bei der Ausrichtung der Lebensdauer stärker berücksichtigt werden.

Produkte werden auf gewisse Lebensdauer ausgelegt

Am Karlsruher Institut für Technologie (KIT) hat man einen konstruktiven Blick auf die Lebensdauer von Geräten. "Richtig ist, dass Ingenieure Produkte auf eine geplante Gebrauchsdauer hin auslegen“, erklärt Albert Albers, Leiter des IPEK - Institut für Produktentwicklung. „Das ist sinnvoll und hat nichts mit dem unnötigen Ausfall eines Produkts vor Ablauf seiner Gesamtlebensdauer zu tun." Als Entwickler einer Bohrmaschine für den professionellen Handwerker beachtet man andere Nutzungsprofile und Verkaufspreise als für den Hobby-Handwerker. „Dann werden alle Komponenten so dimensioniert, dass mit hoher Wahrscheinlichkeit die vom Markt verlangte Gebrauchsdauer erreicht wird.“

„Letztlich hat der Kunde eine unendlich große Macht. Geplante Obsoleszenz fällt in unser Informationsgesellschaft sofort auf und das kann sich ein Hersteller gar nicht leisten. Umgekehrt: Wenn die Nutzer am Markt bewusst Handys kaufen würde, die 10 Jahre halten, oder Bohrmaschinen, die man noch den Enkel vererben möchte, dann würden die Hersteller sich darauf einstellen", meint Albert Albers.

Garantie vorbei – Gerät kaputt

Der neue Staubsauger ist kurz nach Ablauf der Garantiezeit funktionsuntüchtig, und bei der Waschmaschine lohnt sich die Reparatur des kaputten Lagers nicht mehr, weil gleich die ganze Trommel ausgetauscht werden müsste. Sind das Einzelfälle oder steckt System dahinter? Am Sonntag, 21. Februar 2016, 14.50 Uhr, beleuchtet "planet e."-Autor Steffen Bayer das Phänomen: "Garantie vorbei – Gerät kaputt".

Viele Haushaltsgroßgeräte wie zum Beispiel Waschmaschinen oder Wäschetrockner werden heute deutlich schneller durch ein neues Gerät ersetzt als noch vor zehn Jahren. Das haben Wissenschaftler am Öko-Institut in Freiburg in einer Studie für das Bundesumweltamt herausgefunden. Besonders auffällig findet Studienleiter Siddhardt Prakash, dass immer mehr Geräte kaputtgehen, die noch nicht einmal fünf Jahre alt sind: "Es gibt bestimmte Produkte, bei denen man denkt: So billig geht es gar nicht. Da kann man dann davon ausgehen, dass sie weder ausreichend getestet sind, noch hochwertige Materialien eingebaut wurden. Da sollte man als Verbraucher Abstand halten", empfiehlt der Wissenschaftler.

Dass die Industrie bewusst Schwachstellen einbaut, glaubt er allerdings nicht. Es werde oft nur einfach billig produziert. Betriebswirt Stefan Schridde, der eine Bürgerbewegung mit dem Namen Murks – nein danke im Internet gegründet hat, sieht das anders: Er glaubt, dass gerade Verschleißteile immer wieder absichtlich so verbaut werden, dass sie nicht lange halten oder eine Reparatur erst gar nicht möglich ist. Belege hat er viele gesammelt: Kaffeemaschinen, die verklebt und nicht verschraubt sind, elektrische Zahnbürsten, die weggeworfen werden müssen, weil der Akku nicht gewechselt werden kann und Drucker, die Fehlermeldungen senden, obwohl es überhaupt keinen Defekt gibt. Schriddes Vision: Durch den Druck der Verbraucher die Industrie zwingen, Dinge nachhaltiger herzustellen. Auch an die Politik hat er Forderungen: der Wirtschaft Mindestanforderungen vorgeben, was die Langlebigkeit und Reparierbarkeit der Produkte betrifft.

Aber die Verbraucher sind auch in ihrem Konsumverhalten gefragt. Denn auch das hat das Ökoinstitut herausgefunden: Viele alte Smartphones werden nur deshalb ersetzt, weil Neuere auf den Markt kommen, und mehr als jeder zweite Fernseher wird einfach weggeworfen, obwohl er noch funktioniert. Insgesamt produzieren die Deutschen so jedes Jahr rund 1,8 Millionen Tonnen Elektroschrott.

Quellen: IDW-Online.de, ZDF.de, KIT.edu

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