Wetter ist immer und Unwetter gelegentlich. In Zeiten des Klimawandels zeigt sich das Wetter jedoch immer instabiler und Unwetter häufiger, länger und extremer. Das, wovor Klimawissenschaftler*innen seit mehr als einem Jahrzehnt warnen, ist zur neuen Realität geworden, zum neuen Normal geworden – weltweit.
Zum Schock kam es jedoch in Deutschland erst im Juli 2021, als die Flutkatastrophe 2021 im Ahrtal und weiteren Teilen Deutschlands und Mitteleuropas 220 Todesopfer forderte – und Schadenskosten von 46 Milliarden Eure verursachte. Die schwerste Naturkatastrophe in Deutschland seit 1962 hatte ihre Größe dem Klimawandel zu verdanken, verstärkt um drei bis 19 Prozent.
Auch die jüngste Hochwasserkatastrophe in Süddeutschland ist durch die ungebremste Erderhitzung um bis zu zehn Prozent heftiger ausgefallen. Das zeigt eine Schnellanalyse des Forschungskonsortiums Climameter, an dem mehrere internationale Universitätsinstitute beteiligt sind.
Tiefdruckgebiete zehn Prozent intensiver
Das Forschungsprojekt Climameter wird von der Europäischen Union und der französischen Forschungsorganisation CNRS. Seine sogenannten Attributionsstudien stützen sich auf meteorologische Daten der letzten 40 Jahre.
Demnach sind die in den letzten zwei Jahrzehnten auftretenden Tiefdruckgebiete wie im Juni 2024 in Süddeutschland um zehn Prozent intensiver als zwischen 1979 und 2001. Konkret sind sie um ein Grad Celsius wärmer und um zwei Millimeter Niederschlag pro Tag nasser als in der Vergangenheit, unbeeinflusst natürlicher Klimavariabilität und damit deutlich mit dem menschengemachten Klimawandel verbunden.
Die durch ein solches Tief ausgelösten Unwetter hatten Anfang Juni zu schweren Regenfällen und Überschwemmungen vor allem in Bayern und Baden-Württemberg geführt. Mehrere Menschen starben, Tausende mussten in Sicherheit gebracht werden, es kam zu Erdrutschen und Dammbrüchen.
Klimawandel treibt Kosten
Die versicherten Flutschäden in Bayern und Baden-Württemberg werden laut ersten Schätzungen des Gesamtverbands der Versicherer über zwei Millarden Euro betragen.
Damit liegen sie höher als die der beiden vorangegangenen Hochwasserereignisse in diesem Jahr, die Niedersachsen und Sachsen-Anhalt sowie das Saarland und Rheinland-Pfalz trafen. Die Schäden für diese beiden Ereignisse im Dezember 2023 bzw. Januar 2024 und im Mai schätzten die Versicherungsunternehmen auf jeweils 200 Millionen Euro.
Die Klimaschadenskosten in Deutschland summierten sich seit dem Jahr 2000 auf 145 Milliarden Euro, Trend steigend: Allein zwischen 2018 bis 2022 waren es 80 Milliarden. Die Hitzesommer 2018 und 2019 führten zusammen zu knapp 35 Milliarden Euro Schadenskosten, die Flutkatastrophe 2021 zu über 40 Milliarden Euro.
Je nach Ausmaß der Erderhitzung könnten die volkswirtschaftlichen Kosten in Deutschland auf 280 bis 900 Millarden Euro bis Mitte des Jahrhunderts steigen, errechnete das IÖW 2023. Insbesondere naturbasierte Lösungen könnten diese jedoch um 80 bis 60 Prozent reduzieren.
Schäden muss man sich leisten können
Staatliche, freiwillige Hilfszahlungen für Betroffene kommen wie auch im Ahrtal und nun in Bayern offenbar an ihre Grenzen. Auch die Versicherungsunternehmen würden die wachsenden Schadenssummen nicht ohne höheren Gebühren stemmen können, heißt es in einem Bericht von klimareporter.de.
Entsprechend wird eine Versicherungspflicht für Elementarschäden diskutiert, die entweder alle Versicherten oder nur die in bedrohten Gebieten zu tragen haben - dort erhalten Anwohner*innen diese aber bisher kaum oder nur zu immensen Kosten.
In jedem Fall: Der menschengemachte Klimawandel treibt die Kosten für seine Folgen und reduziert die Einkommen. Das trifft vor allem die Ärmeren und weniger Vermögenden. Der Klimawandel verstärkt die soziale Ungleichheit. Regierungen nehmen sich so die Möglichkeit für breite Akzeptanz und weniger Ablehnung ihrer wie auch immer gearteten Transfomationsvorhaben.
Sorgen Regierungen nicht für einen besseren Klimaschutz und Anpasssungsmaßnahmen durch mehr Investitionen – und erhöhen sie dafür nicht gerechterweise den Anteil ihrer Einnahmen aus hohen Kapitalvermögen und Einkommen, die ohnehin die höchsten Klimaschäden verursachen – wird der gerade erlebte Rechtsruck nach dem Ausgang der Europawahlen 2024 auch noch größer werden. “Die Reichen müssen die Rechnung zahlen”, fordert frivol der Club of Rome.
Design für gerechte Beteiligung
Dazu bräuchte es den Mut zum politischen Design einer wirtschaftlichen und sozialen Gerechtigkeit. Von den konservativ-liberalen und rechten Parteien in Europa ist diese Verursachungs- und Beteiligungsgerechtigkeit nicht zu erwarten. Auch wenn ihre sozialdemokratisch, grünen Vorgänger*innen zum großen Teil auch wegen mangelnder Gerechtigkeitsgestaltung abgewählt werden.
Dabei müssten die meist protegierten fossilen Industriekonzerne bzw. deren Anteilshaber*innen für die Schadensbeteiligung nicht einmal Verluste hinnehmen: So könnten die Öl- und Gaskonzerne für Klimaschäden zahlen und würden dennoch Billionen Euro Gewinn machen.
Und die Möglichkeit, Übergewinne z. B. im Zuge von Ukraine-Krieg, Energiekrise und Corona-Pandemie zu besteuern, hatte selbst die EU eingeräumt. Einige Länder wie Spanien nutzen das auch. Deutschland nicht, dabei hätte es dadurch jährlich 30 bis 100 Milliarden Euro in einen Transformationsfonds zu Klimaschutz und sozialem Ausgleich investieren können.
Noch im April hatte der Europäische Menschenrechtsgerichtshof geurteilt, dass Staaten zum Klimaschutz verpflichtet seien. Deutsche Gerichte wie auch das Bundesverfassungsgericht sehen das ähnlich. Auch damit ließe sich eine verpflichtende Beteiligung von (emissionsintensiven) Profiten und Vermögen an Klimaschutzinvestitionen rechtfertigen.
Mehr zu einem gerechteren Design-Thinking, wie es so schön neudeutsch managementsprecherisch heißt, im factory-Magazin Design. Da zu all den Voraussagen über Einkommensverlusten auch ein entsprechendes Verständnis gehört, das lässt sich mit den Beiträgen des factory-Magazins Wohlstand erörtern.
Quellen: climameter, nTV, GDV