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Europa wird Klimaziele nur mit gemeinsamem Energiebinnenmarkt und regulatorischem Druck erreichen

Um die Pariser Klimaziele zu erreichen, benötigt die EU einen gemeinsamen Energiebinnenmarkt. Bisher verhindern die unterschiedlichen Politik- und Marktstrategien der EU-Länder den Abschied von den fossilen Energien. Der integrierte Binnenmarkt für 450 Millionen Verbraucher*innen fördert Innovationen und Investitionen in dezentrale erneuerbare Energieproduktion, ergibt eine Szenario-Studie.

Zwar setzt Europa zunehmend auf erneuerbare Energieträger. Der Umbau geht allerdings zu langsam, um die Klimaziele der EU zu erreichen: Bis 2030 sollen erneuerbare Energien einen Anteil von 27 Prozent am Energiemix ausmachen. Um für eine klimafreundliche, zuverlässige und bezahlbare Energieversorgung in Europa ein verlässliches Marktumfeld zu schaffen, sei ein integrierter Energiebinnenmarkt für 450 Millionen Verbraucher die richtige Lösung. Dieser werde Innovationen und Investitionen fördern, so eine die Studie "Power to the People - The Future of Europe's Decentralized Energy Market" der Unternehmensberater*innen von Roland Berger.

Wichtig für die ambitionierten Ziele der EU bei der Energiewende seien vor allem dezentrale Energienetze. Allein die dezentralen Speicherkapazitäten sollen weltweit von etwa 400 Megawattstunden im Jahr 2015 auf 50 Gigawattstunden bis 2025 ansteigen. Ein Trend, der durch die zunehmende Wettbewerbsfähigkeit der erneuerbaren Energiequellen ermöglicht wird. So sank etwa der Preis für Solarmodule seit 2010 um fast 80 Prozent, stellen die Unternehmensberater*innen fest.

Doch weil der europäische Energiemarkt kein einheitlich geregelter Markt ist, sondern immer noch den jeweiligen Länderzuständigkeiten unterliegt, behindern die unterschiedlichen Politik- und Marktstrategien der einzelnen EU-Länder sich so gegenseitig – und gefährden dadurch die gemeinsamen Klimaziele Europas. "Wenn die politischen Entscheidungsträger keine gemeinsame europaweite Energiepolitik verfolgen, wird Europa seine Klimaziele verfehlen und von Ländern mit fossilen Rohstoffen abhängig bleiben", bemängelt Roland Berger-Partner Torsten Henzelmann. "Deshalb braucht Europa sehr bald einen integrierten Energiebinnenmarkt."

Intelligente Regulierung notwendig

In ihrer Studie nehmen die Expert*innen von Roland Berger vier mögliche Zukunftsszenarien für die europäische Energiewirtschaft unter die Lupe und empfehlen eine intelligente Regulierung als Voraussetzung für funktionierende Marktmechanismen.

So könnte etwa eine Neuauflage des europäischen Emissionshandels marktwirtschaftliche Anreize schaffen. Diese würden sowohl den technischen Fortschritt als auch den Ausbau der erneuerbaren Energien weiter beschleunigen. "Der regulatorische Druck zwingt die europäischen Länder, neue, umweltfreundliche Technologien zur Energiezeugung einzusetzen", erläutert Henzelmann. "Dies zieht wiederum Investitionen in innovative Start-ups und dezentrale Versorgungssysteme sowie höhere Forschungsbudgets nach sich."

So werden etwa leistungsfähige Energiespeicher benötigt, die die witterungs- und saisonabhängigen Schwankungen von Windkraft und Photovoltaik ausgleichen. Investitionen in solche Technologien und Anlagen sind unabdingbar für den Erfolg der Energiewende.

Geschäftsmodelle der Energieversorger ändern sich

Für die etablierten Energieunternehmen bedeutet allerdings die weitere Dezentralisierung der Versorgung in den kommenden Jahren auch eine Transformation ihrer Geschäftsmodelle. Neue Geschäftsfelder werden sich unter anderem im Bereich intelligenter Speicherlösungen und neuer Dienstleistungen, wie der digital gestützten Energieberatung für Privatkunden, etablieren. "Die Versorger müssen ihre Investitionen in fossile Energiequellen und den Zeitpunkt überprüfen, denn sie werden zum Auslaufmodell", rät Torsten Henzelmann. "Das wird am Ende dazu führen, dass je nach Bilanzstärke der Unternehmen ganze Vermögenswerte in separate Gesellschaften ausgegliedert werden."

Durch die Abkehr von fossilen Energieträgern werden Kapazitäten frei, die Firmen für neue Technologien und Geschäftsmodelle nutzen können. Unternehmen sollten in einem zweiten Schritt gezielte Partnerschaften mit Start-ups, Universitäten und Forschungseinrichtungen eingehen. Damit sichern sie sich einen Zugang zu innovativen Technologien. "Wer sich dem Wandel durch die Energiewende nicht anpasst, riskiert, dass sein bislang erfolgreiches Geschäft schnell unrentabel wird", warnt Henzelmann.

Eine Alternative oder parallel zu einem reformierten EU-Emissionshandel sehen Wissenschaftler*innen wie Ottmar Edenhofer auch in einem Preis für CO2 – immerhin haben schon einige Länder einen solchen. Mehr dazu im factory-Magazin Schuld & Sühne und im factory-Magazin Divestment.

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