Wer kennt das nicht: Setzt man sich nur lange genug mit einem Problem auseinander, kommt man zwangsläufig zu mindestens einer guten Lösung. Das Problem ist aber die Zeit. Denn viel Zeit bleibt für einen wirksamen Klimaschutz nicht mehr. Das CO2-Budget für die Einhaltung des 1,5-Grad-Ziels der Begrenzung der Erderwärmung ist bereits verbraucht, die Zeit für das 2-Grad-Ziel läuft in knapp 17 Jahren ab, zeigt die CO2-Uhr des Mercator-Klimainstituts MCC.
Zeit ist auch das Problem für die Entwicklung konkreter lokaler Lösungen. Schließlich sind Städte und Gemeinden die konkretesten gemeinsamen Orte des Lebens von Menschen und bieten die größten Gelegenheiten für gemeinschaftliche Lösungsfindung – gleichzeitig sind Städte die Orte größten Ressourceneinsatzes und damit der Klimabelastung. Städte sind sogar die größten Player beim Klimaschutz und können wesentlich mehr tun, als bisher gedacht.
So entstand im Europäischen Institut für Innovation und Technologie (EIT) im Rahmen des Climate-KIC-Forschungsgemeinschaft die Idee eines 24-stündigen Hackathons, der mittlerweile als Climathon zu einer globalen Citizen-Science-Bewegung geworden ist. Das Wesen dieser einmal im Jahr stattfindenden Climathons ist, unter fachkundiger Führung und Betreuung innerhalb von 24 Stunden gemeinsam als Bürger*innen, Wissenschaftler*innen und Unternehmer*innen konkrete Lösungen für Städte zu finden.
Stadtvertreter*innen und ihre Partner*innen aus den Hochschulen definieren dazu die "Challenges", die Aufgabenbereiche der zu findenden Lösungen. Im Climathon entsteht die Atmosphäre eines Hacker-Marathons, bei dem Expert*innen, Wissende und Kreative aus den verschiedensten Bereichen zusammenkommen, die sonst so nie zusammen kämen. Sie werden betreut von einem professionellen Team von Supporter*innen, die die Teilnehmer*innen bei dem durchaus anstrengenden Brainstorming mit zugleich konkreter Konzeption und Umsetzung versorgen.
Jede und jeder, die in irgendeiner Form sich kreativ und motiviert genug für einen derartigen Ideenmarathon fühlt, ist damit angesprochen. 2017 waren es über 4500 Menschen, die insgesamt 628 konkrete Lösungen entwickelten. Einer der größten Climathons war 2017 der in London, wo 12 Teams unterschiedliche Ideen entwickelten. Preisgekrönt wurden zwei: Treko, ein "wearable device", das Radfahrer*innen durch Datenaustausch mit anderen Verkehrsteilnehmer*innen schützen und leiten kann. Und "Where There", eine Suchmaschine, die für nachhaltig sich bewegen wollende Menschen die besten Orte zum Leben findet – abhängig von den Infrastrukturbedingungen. In Glasgow entwickelte der städtische Climathon "Zero Mission", eine App, mit der Nutzer*innen Punkte durch nachhaltige Mobilität sammeln können, die zu einer persönlichen CO2-Bilanzierung führen.
In diesem Jahr startet der Climathon am 26. Oktober. Insgesamt 188 Städte in 62 Ländern auf allen sieben Kontinenten sind dabei. Deutsche Städte sind Berlin, Essen, Düsseldorf, Wuppertal, Darmstadt, Leipzig, Karlsruhe und München. In Wuppertal findet der Climathon zum ersten Mal statt. Mit dabei sind viele Wissenschaftler*innen aus und um das Wuppertal Institut, Mitherausgeberin des factory-Magazins. Die Challenges in Wuppertal sind der zukünftige Schutz vor Hochwasser und Starkregen in der engen Talstadt, die plastikfreie Verpackungsentwicklung für die Produkte einer Aquaponik-Farm im Klimaquartier Arrenberg und die bessere Nutzung von Parkflächen in städtischen Quartieren.
Interessierte sollten sich möglichst bis spätestens 22. Oktober anmelden, damit eine ausreichende professionelle und kulinarische Unterstützung gewährleistet ist. Dafür fallen 20 Euro Teilnahmegebühr an. Und der Gewinn als Finisher des Climathons? Zu wahrscheinlich 100 Prozent eine Lösung für ein klimarelevantes lokales Problem, an der man selbst mitgearbeitet hat und dabei interessante Menschen und Aspekte kennengelernt hat. Das ist mehr als bei einem gewöhnlichen 24 Stunden Marathon – und denksportlich dazu.
Welche Lösungen und Ideen es im Klimawandel bereits für Städte und Unternehmen gibt, lesen Sie im factory-Magazin Baden gehen oder online im Themenbereich.