In diesem Jahr am Strand Urlaub gemacht? Keinen Plastikmüll gesehen? Dann haben ihn wahrscheinlich fleißige Helfer entfernt, damit der Aufenthalt gefällt. Ein Meeresrand ohne Plastikabfälle, ob als Waschmittelflasche oder als Mikroplastik, so groß wie ein Sandkorn, ist weltweit ein unwahrscheinliches Erlebnis geworden.
Fünf Supermarkt-Tüten voller Plastik sind es pro 30 Zentimeter Küstenlinie, die die jährlich acht Millionen Tonnen Kunststoffabfälle verzieren würden, errechnete eine Science-Studie von Anfang 2015. Dabei werden nur etwa 15 Prozent des eingetragenen Abfalls an die Strände gespült, 15 Prozent schwimmen an der Oberfläche und 70 Prozent sinken auf den Meeresboden. 100 bis 150 Millionen Tonnen Abfälle, davon 60 Prozent aus Kunststoff, befanden sich 2013 in den Meeren, so das Umweltbundesamt.
Das ist kein Problem der Optik oder eines, das die Zeit löst. 450 Jahre benötigen Plastikflaschen für ihre Zersetzung, Fischfang-Nylonnetze sogar 600 Jahre, 25000 Stück landen jedes Jahr unkontrolliert im Meer. Die Kunststoffe werden durch die Gezeiten und die Wellen in immer kleinere Teile zerlegt, durch Lichteinwirkung und Freisetzung der Weichmacher brechen sie auseinander, die dadurch entstehenden Pellets werden von den Meerestieren mit Plankton verwechselt und aufgenommen, noch kleinere werden von Planktonorganismen selbst aufgenommen. Die Mikroplastik-Partikel gelangen mit Algen auch in tiefere Wasserschichten und stören dortige Biosphären und Nahrungsmittelkreisläufe. 136 Meeresarten sollen sich regelmäßig in den größeren Müllteilen verstricken und verenden, so das Umweltbundesamt.
Da nutzt es auch nichts, wenn Firmen wie Adidas oder G-Star Meeresmüll-Kollektionen auflegen, die sie aus dem wiederaufbereiteten Plastikmüll produzieren. 250 Millionen Schuhe lässt allein Adidas jährlich herstellen, von denen nur ein Bruchteil in einen echten Recyclingprozess gelangt. Möglicherweise wächst die Aufmerksamkeit für das Problem, das zuviel Plastik in die Umwelt gelangt und die Naturkreisläufe empfindlich stört, wie es auch schon der Dokumentarfilm Plastic Planet versucht hat.
Dabei wäre eine Reduzierung des Kunststoffeinsatzes um mehr als die Hälfte durchaus möglich, hat der Wuppertaler Wissenschaftler Henning Wilts in einer Studie für den Naturschutzbund Nabu herausgefunden. Wie das erreicht werden kann, beschreibt er in seinem Beitrag Dauerplastik, der sich online oder mit weiteren Beiträgen und Daten im kostenlosen factory-Magazin Schuld & Sühne lesen lässt.