Sind Plastikabfälle tatsächlich das neue Öl? Kann das so genannte Plastic Mining, die Förderung von Kunststoffabfällen in Flüssen, Meeren, Städten und Deponien die klimaschädliche Öl- und Gasproduktion verringern? Oder mehr Recycling oder indem aus dem Treibhausgas CO2 selbst neuer Rohstoff dafür gewonnen wird?
Diese Fragen beantworten drei Experten des Wuppertal Instituts in ihrem Beitrag zum Kunststoffrecycling im factory-Magazin Ressourcen, der nun auch im Themenbereich zu lesen ist.
Denn eine Vorstellung davon, was Kunststoffrecycling wann und wie erreichen kann, ist wichtig, um die Bedeutung entsprechender Kreislaufwirtschaftsansätze einschätzen zu können. Bislang gilt in der allgemeinen Berichterstattung eine verbesserte Abfallvermeidung durch Recycling häufig als Schlüssel für die Reduktion von gesundheits-, umwelt- und klimaschädlichen Belastungen, stellt das Science Media Center in seinem Factsheet zum Thema fest.
Aber selbst wenn sich die energieintensive Industrie über kurz oder lang von fossilen Rohstoffen vor allem zur Energie- und Wärmeerzeugung in der Produktion verabschieden muss und kann, steht die Nutzung des Rohstoffs Öl – oder Gas – für eine weiterhin energie- und treibhausgasintensive Kunststoffproduktion nicht in Frage.
Sicher ist auch, dass Kunststoffe in Medizinprodukten oder der Umwelttechnologie einen positiven Nutzen haben, ihre Umweltbilanz durchaus positiv sein kann, weniger jedoch in Einwegprodukten und Umverpackungen, so die factory-Autoren. Und biologisch abbaubares Plastik <link de news beitrag artikel biologisch-abbaubares-plastik-loest-das-problem-nicht.html external-link>löst das Problem auch nicht.
Der Kunststoff des Weiter-so
Die OECD schätzt , dass sich die weltweite Kunststoffproduktion in den nächsten drei Jahrzehnten wie bereits zwischen 1990 und 2020 noch einmal verdoppeln wird, das globale Recycling jedoch lediglich von neun auf etwa 17 Prozent wachsen wird.
Damit wird die Kunststoffproduktion weiterhin ungebrochen die Nachfrage nach fossilen Rohstoffen – und den fortschreitenden Klimawandel befördern. Schließlich verursacht sie mit einem Anteil von 4,5 Prozent weltweit mehr Treibhausgase als die Schifffahrt mit 2,9 Prozent oder der Luftverkehr mit etwa 3,5 bis 5 Prozent. Schließlich stammen 95 Prozent der Treibhausgase stammen der Plastikproduktion.
Eine Reduktion von Mikroplastik in den Meeren wird es so ebenfalls nicht geben. Ohne eine Vermeidung der Kunststoffproduktion und eine stärkere zirkuäre Nutzung von Produkten wird es nicht gelingen, die globalen Schutzziele für Natur und Klima zu erreichen.
Dennoch war auch im Juni 2023 bei der zweiten Verhandlungsrunde für ein globales UN-Plastikabkommen deutlich zu sehen, dass weder die Öl-exportierenden Länder der Flut an Neuplastik Grenzen setzen wollen, noch die in großer Zahl anwesenden Vertreter*innen der Kunststoff-, Chemie- und Konsumgüterindustrie.
Dabei ließe sich durchaus der Einsatz von Kunststoffen in der Produktion reduzieren, um 40 bis 80 Prozent, wie Henning Wilts im factory-Magazin Schuld & Sühne berichtet.
"Fest steht, dass Recycling alleine die globale Verschmutzung durch Plastikabfälle nicht lösen kann", kommentiert Wilts den Weg zum UN-Abkommen. "Das Umweltprogramm der UN hat in seinem Report sehr klar herausgearbeitet, dass es umfassendere Lösungen braucht, die insbesondere bei der Nachfrage ansetzen."
Das Recycling muss ohne Frage dringend verbessert werden, dürfe aber kein Alibi für eine ungebremste Produktion ohne Rücksicht auf die Frage der Vermeidung sein. Wie und warum recyceltes Plastik nicht das alte Öl ersetzen kann, zeigen die Wuppertal-Experten mit ihrem Beitrag im factory-Magazin Ressourcen, der nun auch online im Themenbereich zu lesen ist.
Das factory-Magazin Ressourcen steht kostenlos zum Download und plädiert für einen wirkungsvollen Klima- und Naturschutz durch Ressourcenreduktion.