Klar ist, dass wir so nicht weiter machen können. Wir können nicht auf die altvertrauten oder noch zu entdeckenden technologischen Lösungen setzen, angesichts dieser Probleme: Sich häufende zyklische Wirtschafts- und Finanzkrisen, fortschreitender Klimawandel, ungebremste Ausbeutung natürlicher Ressourcen und zunehmender Abstand zwischen Arm und Reich. Sie prägen unsere Gegenwart und wohl auch unsere Zukunft. Es fehlt eine Perspektive, die eine ökologisch, ökonomisch und sozial gerechte Lebenswelt wahrscheinlicher werden lässt. Eine Perspektive, die die Lebensgrundlagen bewahrt und nicht zerstört. Im neuen factory-Magazin Vor-Sicht machen wir den Versuch:
Eine nachhaltige Entwicklung könnte eine solche Utopie sein, doch sie benötigt mehr Aufladung und emotionale Attraktivität, sagt der Futurologe Karlheinz Steinmüller im factory-Interview Vorsicht vor zuviel Vorsicht. Will man wissen, wie Zukunft konkret aussehen kann, helfen Szenarien. Sie können Entwicklungswege vorstellbar machen und dazu führen, sich für den einen statt dem vorgeschlagenen Pfad zu entscheiden, berichtet Klaus Dosch, wissenschaftlicher Leiter der Aachener Kathy Beys-Stiftung in Was wäre wenn. Die Aachener Stiftung hat verschiedene Szenarien für die Bürger in der Post-Braunkohle-Region am Niederrhein untersucht.
Ökologische Innovationen allein, wie in factory beschrieben, werden die Welt wohl doch nicht retten. Das zeigt schon ein Blick auf die Statistik: Das Wachstum der Patentanmeldungen korreliert mit einem verstärktem Naturverbrauch. Deswegen empfiehlt der Philosoph Bernd Draser auch soziale Innovationen als Schlüssel zum Weniger, in Utopie ist nicht machbar, Herr Nachbar. Dabei meint er nichts weniger als den Rückgriff auf soziale Traditionen, die lediglich ästhetisch aufgeladen werden müssten.
Den sozialen Traditionen begegnen wir auch in der Anleitung zum Älterwerden des Psychologen Manfred Nedler zum Zukunftsthema dieser Republik, dem demografischen Wandel. Das Abschätzen der Folgen technologischer Entwicklungen will diese nicht verhindern, sondern neue Strategien für eine neue Gesellschaftsentwicklung erarbeiten, dafür plädiert der Soziologie Ortwin Renn. Das soll nicht im Elfenbeinturm der Wissenschaftler sondern im offenen Dialog erfolgen, sagt Renn, dessen Beitrag nur im Magazin enthalten ist.
Dass ein zukunftsfähiger Umgang mit schrumpfenden Ressourcen möglich, zeigt das Beispiel der Aquakulturen im Beitrag von Bert Beyers, ebenfalls nur im PDF-Magazin.
Ganz im Vor-Sicht-Sinne wollen wir es also lieber mit Willy Brandt als mit Helmut Schmidt halten: Gestalten wir die Zukunft, statt sie gestalten zu lassen. Stellen wir die richtigen Fragen. Wie wollen wir leben statt wie werden wir in Zukunft leben.
Wir wünschen gute Unterhaltung und Erkenntnis mit unserer Vor-Sicht-Ausgabe, die das Themenspektrum Zukunft-Vision-Utopie und Nachhaltigheit mit einem vorsichtigen Titel verbindet. Wie immer ist das PDF-Magazin nicht nur mit mehr Beiträgen, sondern auch noch mit hilfreichen Zahlen und Zitaten versehen, aufwendiger illustriert und besser lesbar auf Tablets und Bildschirm.