"Moderne Nachhaltigkeitspolitik muss das Thema Gerechtigkeit mitdenken", forderte Prof. Dr. Dirk Messner, Vorsitzender des Wissenschaftlichen Beirats der Bundesregierung Globale Umweltveränderungen (WBGU) und Direktor des Deutschen Instituts für Entwicklungspolitik (DIE), in seiner Eröffnungsrede. "Transformation ist nicht automatisch fair. Deshalb müssen wir Ängste ernst nehmen, damit aus Unsicherheit Hoffnung und Zuversicht erwächst." Welchen Beitrag die Politik und die Wissenschaft Nordrhein- Westfalens dazu leisten können, diskutierten im Anschluss NRW- Wissenschaftsministerin Svenja Schulze, NRW-Umweltminister Johannes Remmel sowie Prof. Dr. Christa Liedtke, Forschungsgruppenleiterin "Produzieren und Konsumieren" und Vize-Präsident Prof. Dr. Manfred Schneidewind vom Wuppertal Institut. Remmel wies darauf hin, dass Umwelt und Klima einen starken Staat bräuchten, aber auch Sicherheit in zerfallenden Staaten des Südens eine große Rolle dafür spiele.
Jochen Flasbarth, Staatssekretär im Bundesumweltministerium, betonte die Bedeutung starker staatlicher Strukturen für mehr Nachhaltigkeit. "Wir brauchen noch stärker eine transformative Politik. Transformation heißt Veränderung. Politik, die davor Angst hat, wird die Herausforderung dieses Jahrhunderts nicht bewältigen können." Vor diesem Hintergrund sei das Wuppertal Institut als „einzigartige Denkfabrik für die Entwicklung von Transformationsstrategien“ unverzichtbar. Flasbarth, Prof. Dr. Dirk Messner, Dr. Heinrich Bottermann, Generalsekretär Deutsche Bundesstiftung Umwelt (DBU) und Prof. Dr. Ernst Ulrich von Weizsäcker, Ko-Vorsitzender Club of Rome und Gründungspräsident des Wuppertal Instituts, verwiesen in ihrer Diskussion auf den umfassenden Kulturwandel, ohne den eine erfolgreiche Transformation nicht gelingen könne. Während Prof. Weizsäcker darauf hinwies, dass Großbritannien bisher der Verhinderer einer EU-weiten ökologischen Steuerreform gewesen war, war der Brexit für Flabarth eher ein Zeichen der Desintegration, der Entsolidarisierung und des zunehmenden Nationalismus in Europa. Gerade Europa jedoch müsse als Staatenbund Zeichen setzen für ein einvernehmliches Vorgehen bei der Bewältigung der Transformation.
Neue Impulse in der nachhaltigkeitspolitischen Debatte soll künftig auch der Forschungspreis "Transformative Wissenschaft" setzen, den das Wuppertal Institut ausschreiben wird. 250.000 Euro stellt der Stifterverband für die deutsche Wissenschaft dem Institut dafür in den nächsten Jahren zur Verfügung. Prof. Dr. Dr. Andreas Barner, Präsident des Verbands, überreichte Prof. Dr. Uwe Schneidewind, dem Präsidenten des Wuppertal Instituts, im Rahmen des Festakts die Stiftungsurkunde. "Wir sind sehr glücklich darüber, dass wir diesen Preis künftig ausschreiben können", so Schneidewind. „Er soll junge Wissenschaftler dazu ermuntern, das Abenteuer Transformationsforschung in Angriff zu nehmen.“
Wie viel utopischer Geist und Aufbruchstimmung heute in Wuppertal herrschen, machten insbesondere Andreas Mucke, der Oberbürgermeister der Stadt, und Prof. Dr. Lambert Koch, der Rektor der Bergischen Universität Wuppertal, noch einmal deutlich. "Wuppertal war schon immer ein Ort der Utopien und des Wandels – und damit ein idealer Standort für einen Thinktank zur Transformationsforschung," erklärte Uwe Schneidewind im Gespräch mit beiden. Deshalb habe die Institutsleitung bei den Feierlichkeiten zum 25-jährigen Jubiläum auch besonderen Wert darauf gelegt, engagierte Bürger(innen) aus den Quartieren mit einzubinden. In dem Film „Mensch:Utopia“, der im Rahmen des Festakts erstmals zu sehen war, schilderten viele von ihnen etwa ihre persönlichen Utopien. Zudem hatten die Gäst des Festakts am Nachmittag die Gelegenheit, das Klimaquartier Arrenberg und andere Vorzeigeprojekte der Transformation in Wuppertal kennenzulernen. Auf die Frage, ob das Wuppertal Institut noch seinen rebellischen Charakter habe, den die taz dem Institut zum 20. Jubiliäum konstatierte, antwortete Schneidewind: "Wir wollen das Wissenschaftssystem transformieren und die Ermöglicher der Großen Transformation sein – wir haben weiterhin den Anspruch, die Frechsten im System zu sein."
Das kostenlose factory-Magazin zum Thema Utopien zeigt in seiner Fotostory Bilder vom Klimaquartier Arrenberg und schildert die Geschichte der Transformationsstadt Wuppertal.