Als Antrieb für soziale Erfindungen in einer wünschenswerten Zukunft, so sah Robert Jungk Utopien. Der Zukunftsforscher wollte das utopische Denken demokratisieren, durch Förderung der Phantasie. Politisches Mittel sollte es sein, um nicht in Passivität und Resignation zu versinken, angesichts gesellschaftlicher Krisen. Das war in den 1950er Jahren.
Die große Utopie des gesellschaftlichen Aufbruchs der 1968er Protagonisten ist inzwischen in den Institutionen angekommen und bürokratisiert, Emanzipation, sozialer und ökologischer Wandel sind etwas weiter gekommen, aber nur ein dünner und immer wieder strapazierter Mantel über einem Moloch der wachstums- und wettbewerbsgetriebenen Wirtschaftsgesellschaft. In Zeiten von Bankenrettung und Austeritätspolitik kratzen Privatisierung, Ökonomisierung und Mehrfachbelastung stark an dieser dünnen, mühsam erworbenen Schutzhaut.
Eine echte Utopie für einen gesellschaftlichen Wandel fehlt, ob bedingungsloses Grundeinkommen oder Energiewende oder nachhaltiges Wirtschaften. Die Ansätze werden nicht ernst genommen, behindert oder spielen nur marginale Rollen.
Dabei ginge der Wandel sogar ohne Utopie, sagt der Philosoph Bernd Draser. In seinem Beitrag zum Thema "Vor-Sicht" des factory-Magazins plädiert er für Tradition statt Utopie. Tradition sei eine der wenigen wachsenden Ressourcen, und seine Sozialtechniken seien innovativ, nicht etwa ein neuer Menschenpark mit neuen Technologien. "Das, was wir heute als Nachhaltigkeitsstrategien etablieren wollen, ist durchweg altmodisch und liegt ganz dicht unter der Oberfläche unserer industrialisierten Lebenswelt", so Draser in seinem Beitrag Utopie ist nicht machbar, Herr Nachbar.
Lesen Sie selbst oder laden Sie sich das schön illustrierte factory-Magazin Vor-Sicht mit weiteren Zahlen, Zitaten und Beiträgen zum Themenfeld Zukunft, Utopien und Visionen auf den PC oder das Tablet.