Er ist immer wieder ein Tag der besonderen Aufmerksamkeit: Der Earth Overshoot Day. Weltweit berichten seit zwanzig Jahren immer mehr Medien rund um diesen Tag über den steigenden Ressourcenverbrauch der Menschheit.
Auch das Interesse der Öffentlichkeit ist in den letzten Jahren für die Erschöpfung der Erde gestiegen, wie sich an den Google-Trends ablesen lässt.
Dabei ist der Verbrauch ungleich verteilt: Deutschlands Überlastungstag war bereits am 5. Mai 2021 mit einem Verbrauch von knapp drei Erden, der der USA sogar schon am 14. März, mit fünf mal so viel, wie die Erde regenerieren kann.
Trotz des offenbar wachsenden Problembewusstseins steigt der Ressourcenverbrauch jährlich an. Eine stärkere Entkopplung von Wohlstandswachstum und Naturverbrauch durch Ressourceneffizienz, Kreislaufwirtschaft und Suffizienz ist nicht wirklich erkennbar. Gewisse Hoffnung könnte machen, dass in den letzten Jahren seit 2018 der Overshoot Day fast immer auf den 29. Juli fiel – außer 2020, dem ersten Jahr der Corona-Pandemie. Hier waren Mobilität und Produktion durch Lockdowns stark zurückgegangen, damit auch der Ressourcenverbrauch.
2021 fällt der Erdüberlastungstag wieder auf den 29. Juli. Ist das ein Zeichen für einen mindestens stagniereden Ressourcenverbrauch, für ein Niveau, von dem sich der Tag hoffentlich nur noch nach hinten im Kalender bewegt? Dieses #movethedate ist der Hashtag bzw. das Motto, mit dem dafür geworben wird, mit persönlichen, unternehmerischen und politischen Maßnahmen den Earth Overshoot Day wieder Richtung 31. Dezember zu bewegen. Ein Beispiel: Würden 40 Prozent der Einwohner Deutschlands auf das Fahrrad umsteigen, würde sich der German Overshoot Day um 5 Tage nach vorn verschieben.
Das zeigt, wie groß die Anstrengungen wären, würde man sich allein auf Änderung der Verhaltensweisen verlassen müssen. Mit dem Earth Overshoot Day wird allerdings zahlreich dafür geworben: Unter dem Hashtag #MoveTheDate laufen in diesen Tagen alle möglichen gewerblichen Angebote zur persönlichen ökologischen Fußabdruckreduzierung. Weniger Fleisch, mehr Radmobilität, erneuerbare Stromanbieter, Solar aufs Dach – alles gut und richtig, doch mit zu langsamer Wirkung, wenn sich wirklich etwas drehen soll bevor klimatische, soziale und ökologische Kipppunkte erreicht sind, nach den sich die weiter verstärkende Entwicklung nicht mehr aufhalten lässt.
Die eigentliche "Rohstoffwende" wäre eine konsequente Veränderung der Rohstoffpolitik. Das wären eine Senkung des absoluten Verbrauchs auf ein nachhaltiges, global gerechtes Niveau, eine konsequente Kreislaufwirtschaft, auch Circular Economy genannt, ein Verzicht auf Tiefseebergbau und andere Risikotechnologien, eine juristische Stärkung unternehmerischer Sorgfaltspflichten, eine gerechte Handelspolitik und der Schutz und die Stärkung Betroffener wie der indigenen Bewohner*innen. Das fordern zumindest vierzig Menschenrechts-, Umwelt und Entwicklungsorganisationen im "AK Rohstoffe" von der deutschen Bundesregierung.
Es sind als richtig "dicke Bretter", die zu bohren wären. Auf politischer Ebene ist das bereits Thema, auch Initiativen wie ProgRess kommen bei den Unternehmen an. Dass Ressourceneffizienz, geschlossene Kreisläufe, höhere Rohstoffproduktivität den Verbrauch reduzieren, ebenso wie längere Produktlebensdauern, Reparaturfähigkeit, Remanufacturing und Suffizienz, ist in vielen Unternehmen bekannt – aber Standard für alle, Vorschrift, ist es noch lange nicht.
Auch in der Bevölkerung fehlen offenbar Vorstellungen, wie eine echte Kreislaufwirtschaft aussehen kann, wie der mangelnde Bekanntheitsgrad von Begriffen wie Circular Economy zeigt. Hierzulande ist die Angst vor Veränderungen groß, weil auch die Vermittlung von positiven Bildern einer ressourcenleichten Wirtschaft fehlt. Natürlich ist das in einer wachstumsgetriebenen Wirtschaftsordnung auch nicht unbedingt gewünscht, denn der Absatz bisheriger Produkte würde dadurch natürlich gefährdet.
Trotzdem muss der Druck für Veränderungen, für eine ressourcenschätzende Wirtschaftspolitik von den Menschen kommen – diesen Motor brauchen Politik und Wirtschaft, wie sich immer wieder sehen lässt. Leider ist das bisher mit viel Leid verbunden, wie Hitze- und Flutwellen zeigen müssen. Deswegen sind Tage wie die Overshoot Days so wichtig – und auch Aktionen wie die gegen den Neubau von Flüssiggasterminals in Norddeutschland.
Mit welchen Maßnahmen sich eine Reduzierung des Ressourcenverbrauchs erreichen lässt, das zeigt das factory-Magazin immer wieder. Zuletzt mit der Ausgabe Vielfalt, davor mit Change, Steuern und vielen weiteren. Wer Bilder benötigt, wie eine ressourcenleichte Welt aussehen kann, wird zum Beispiel in der Ausgabe Utopien fündig. Warum es ein einfaches Weiter-so nicht geben darf und auch bei wachsender Ressourceneffizienz der Verbrauch weiter steigt, erhält Antworten mit der Ausgabe Rebound – oder in den jeweiligen Themenbereichen. Also: #MoveTheDate auch mit factory.
News
Earth Overshoot Day: Die Menschheit verbraucht 1,74 Erden
Seit dem 29. Dezember 1970 ist der Ressourcenverbrauch der Menschen größer als nachwächst. Mit dem Erdüberlastungstag wird jährlich regelmäßig auf die wachsende Ausbeutung der natürlichen Ressourcen der Erde hingewiesen. Dieser "Welterschöpfungstag" rückt immer weiter nach vorn im Kalender, denn er zeigt an, dass sich ab diesem Tag die jährlich benötigten Ressourcen nicht mehr regenerieren. Zudem ist der Verbrauch von Ressourcen weltweit ungleich verteilt, mittlerweile sind die Folgen der Übernutzung aber auch in den Ländern des größten Verbrauchs sichtbar.