Subventionen für die Landwirtschaft stehen massiv in der Kritik, sowohl ihre Kürzungen aufgrund von Sparauflagen als auch ihre Verwendung für "das Falsche". Und das ist nicht erst seit den jüngsten Protesten so.
Dass es durchaus anders ginge und öffentliche Gelder für einen Umbau der Landwirtschaft sinnvoll wären, zeigt die Kurzanalyse "Agroforst Jetzt!".
Zusammengetragen hat das eine breites Bündnis von Agrarexpert*innen und Berater*innen aus einer ganzen Reihe von Nichtregierungsorganisationen von Nabu, AbL, Greenpeace, BUND, BÖLW über Fridays for Future bis zu lokalen Ernährungsräten und Instituten.
Ihre zentrale Botschaft: Es sei wichtig, dass die Bundesregierung Agroforst institutionell und finanziell stärke, sodass 2024 für Deutschland ein Jahr der Agroforstwirtschaft werde. Ausgebaute Agroforstsysteme hatte auch die Zukunftskommission Landwirtschaft in ihrem Ergebnisbericht 2021 als gemeinsame Zukunftsvision beschrieben.
"Eine Förderung von Agroforst im Rahmen des Aktionsprogramms Natürlicher Klimaschutz kann ein wichtiger erster Schritt in diese Richtung sein", heißt es im jetzt veröffentlichten Positionspapier. “Das Aktionsprogramm Natürlicher Klimaschutz und weitere Programme sollten mit umfassenden Mitteln für Agroforst ausgestattet werden, um das angestrebte Ziel der Bundesregierung von 200.000 ha Agroforst-Gehölzfläche bis 2026 zu erreichen.”
Ursprünglich war das Aktionsprogramm Natürlicher Klimaschutz 2023 des Bundesumweltministeriums mit vier Milliarden Euro ausgestattet worden. Wieviel davon nach dem Haushaltsbeschluss 2024 noch übrig ist, bleibt abzuwarten.
Viele Vorteile durch Agroforst
Schließlich ließe sich mit Agroforst effektiv das Klima schützen, wie es auch der Weltklimarat IPCC in seinen Maßnahmenbericht den Ländern empfiehlt.
Auch die Widerstandsfähigkeit gegen sich häufende und stärkere Extremwetterereignisse ließe sich verbessern, weil Bäume und Sträucher zu einer Bodenstabiliiserung beitragen und Erosion und Nährstoffaustrag verringern. Tiefreichende Wurzelsysteme verbessern die Bodenstruktur und erhöhen die Wasserrückhaltekapazität.
Die höhere Struktur- und Gehölzartenvielfalt sorge insgesamt für eine Stärkung der Biodiversität und stärke Resilienz und Produktivität, die gerade die Intensivierung der konventionellen Landwirtschaft gefährde.
"Durch die Nutzung von Agroforstsystemen kann, auch in der gemäßigten Klimazone Europas, auf der gleichen Fläche eine um bis zu 1,3-fach höhere Produktivität erreicht werden. Dies ist auf eine effizientere Nutzung der Photosyntheseleistung und das verbesserte Mikroklima zurückzuführen."
Gerade jetzt, wo die Unzufriedenheit mit der Bundesregierung ein historisches Hoch erreicht habe und die Politikverdrossenheit in Deutschland wachse, seien pragmatische und schnell sichtbare Maßnahmen essenziell, plädieren die "Agroforst Jetzt!""-Initiator*innen.
Agroforstsysteme böten Kommunen eine einzigartige Möglichkeit, diesen Wandel sichtbar zu machen. Im wahrsten Sinne des Wortes könnten Bürger*innen innerhalb weniger Jahre die Veränderung auf dem Feld beim sonntäglichen Spaziergang wachsen sehen.
Bereits heute würden sich viele Menschen aktiv für Agroforst engagieren – sei es durch Citizen Science, Crowdfunding oder gemeinsame Pflanzaktionen. Dies fördere nicht nur das lokale ökologische Bewusstsein, sondern stärke auch das Gemeinschaftsgefühl.
Förderung praxisnah, skalierbar und unbürokratisch
Für die Gestaltung einer "pragmatischen Agroforst-Förderung" hat die Initiative neun Leitprinzipien zusammengefasst.
So sollte eine "praxisnahe und skalierbare Agroforst-Förderung in Deutschland" groß gedacht werden. Beispielsweise ließen sich mit einem Fördervolumen von 500 Millionen Euro mit durchschnittlich 10.000 Euro pro Hektar Gehölzfläche Treibhausgase von jährlich bis zu 520.000 Tonnen CO2-Äquivalenten erreichen.
Die Förderung könne zudem auch die bestehenden Unsicherheiten der Bäuer*innen rund um den Artenschutz beheben und so Rekultivierungsmaßnahmen für sie akzeptabel machen.
Auch Kommunen, Vereine und Genossenschaften sollten von der Förderung profitieren können, so die Empfehlung, auf Genehmigungsfplichten, Nutzungskonzepte und hohe Mindestinvestitionssummen sollte die Bundesregierung verzichten, um keine bürokratischen Hürden aufzubauen.
Die bestehenden Agroforst-Förderungen im Rahmen des GAK-Rahmensplans – die Gemeinschaftsaufgabe Agrarstruktur und Küstenschutz (GAK) ist laut BMEL das nationale Hauptförderinstrument und Kern vieler Programme der Bundesländer – sollten um das vorgeschlagenene Förderprogramme ergänzt werden – und diese nicht etwa gefährden.
Von 53 Hektar 2023 zu 200.000 Hektar 2026
Schließlich habe die Bundesregierung in ihrem Strategieplan für die Gemeinsame Agrarpolitik (GAP) der EU bereits 200.000 Hektar Agrarforstflächen als Ziel für 2026 genannt – allerdings erst magere 51 Hektar 2023 erreicht, beklagt Jana Werner, Agrarpolitik-Expertin bei Biokreis e.V. und BÖLW.
„Zukunftsfähige Landwirtschaft braucht Gehölze," fordert Malin Tiebel, Koordinatorin der BaumLand-Kampagne des Fördervereins der AbL e.V. (FAbL). Sie seien die beste Antwort auf die Biodiversitäts- und Klimakrise. Die politischen Weichen für mehr Agroforst müssten jetzt gestellt werden – unter dem Motto “fördern, nutzen, pflanzen”.
Zum Positionspapier geht es über die Website www.agroforst.jetzt. Zudem sammeln die Initator*innen dort weitere Ideen und Unterstützer*innen.
Mehr zum Steuern durch Investitionen in "das Richtige" auch in den factory-Magazinen Divestment und Steuern. Wie wichtig die Verbesserung des Artenschutzes – und der Vielfalt allgemein – für die Wirtschaft ist, erfährt mensch im factory-Magazin Vielfalt. Um die Senken der Zukunft und ihre Kultivierung durch eine neue Landwirtschaft geht es im factory-Magazin Klimaneutral.