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CO2-Emissionen in Deutschland stiegen 2021 um 4,5 Prozent

Mit der Corona-Krise 2020 und während der Lockdowns waren sie gesunken, im Jahr darauf stiegen die Treibhausgasemissionen wieder kräftig und lassen das Land sein Klimaziel verfehlen. Besonders die Bereiche Verkehr und Gebäude liegen über den Limits. Zudem wurden zu wenig erneuerbare Energienquellen hinzugebaut, dafür wieder mehr Strom mit Kohle erzeugt. Das zeigt die vorläufige Bilanz des Umweltbundesamtes für das Jahr 2021.

Um mindestens 50 Prozent müssen die globalen Emissionen bis 2030 sinken, um die Welt in annähernd überschaubaren Verhältnissen zu halten, forderte der Weltklimarat im letzten Jahr. Um 65 Prozent gegenüber 1990 will der weltweit sechstgrößte Treibhausgasproduzent Deutschland seine Emissionen reduzieren, zumindest hat er sich dazu in seinem Klimaschutzgesetz 2021 verpflichtet. 2045 soll das Land klimaneutral wirtschaften. Für die Legislatur bis 2025 hat es sich dazu ein einigermaßen ambitioniertes Regierungsprogramm vorgenommen – allerdings mit erheblichen Lücken in den Bereichen Verkehr, Gebäuden und Landwirtschaft.

Nun zeigt sich im aktuellen Bericht des Umweltbundesamtes für das vergangene Jahr, dass die Emissionen wieder steigen – der Aufwärtstrend in den "problematischen" Sektoren ist ungebrochen.

Hatte man 2020 noch durch Corona, Lockdowns, Produktions- und Konsumhemmungen das selbstgesetzte Ziel von 40 Prozent Reduktion gegenüber 1990 knapp erreicht, zeichnete sich mit er- und nachholender Produktion bereits ab, dass man im nächsten Jahr wieder dahinter zurückfallen würde. Sogar ein vorzeitiges Ende der Kohleverstromung hatte man vor einem Jahr noch erwartet – wegen der zu hohen wirtschaftlichen Risiken.

Doch nun steht die Bilanz der Emissionsreduzierung 2021 wieder bei 38,7 Prozent gegenüber 1990. Fast die Hälfte der Reduzierung 2020 von 8,7 Prozent sei schon wieder verloren, beklagte Dirk Messner, der Präsident des UBA bei der Vorstellung des Berichts.

762 Millionen Tonnen Treibhausgase wurden 2021 freigesetzt, 33 Millionen Tonnen und damit 4,5 Prozent mehr als 2020. Besonders der Energiesektor sorgte mit 27 Millionen Tonnen für den Anstieg, weil wegen gestiegener Stromnachfrage, geringerer Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien und des gestiegenen Gaspreises verstärkt Kohle zur Stromerzeugung genutzt wurde.

Zudem sank die Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien um sieben Prozent – vor allem aufgrund schlechter Windverhältnisse. Im Verkehrs- und Gebäudebereich lagen die Emissionen über den im Bundes-Klimaschutzgesetz festgelegten Jahreshöchstmengen.

Ein Klimaschutz-Sofortprogramm soll nun die Trendwende einleiten. "Wir müssen es schaffen, dreimal so viele Kapazitäten wie bisher zu installieren, um den Anteil der Erneuerbaren an der Stromerzeugung bis 2030 auf 80% zu steigern", sagte Klimastaatssekretär Patrick Graichen zu den Zahlen. Der russische Angriffskrieg auf die Ukraine habe zudem deutlich gemacht, wie sehr Sicherheit und Energieversorgung zusammenhängen – das dürfe man nicht länger ignorieren. "Die schnellere Abkehr von fossilen Energien muss alle Bereiche umfassen - von der Industrieproduktion über den Gebäudebereich bis hin zur Mobilität und der Landwirtschaft. Entscheidend ist dabei, die soziale Balance zu wahren."

Bei der Vorstellung seiner Eröffnungsbiianz und des im Laufe des Jahre zu entwickelnden Klimaschutz-Sofortprogramms hatte Bundeswirtschafts- und Klimaschutzminister Robert Habeck noch darauf hingewiesn, dass auch die Klimaschutzziele für 2022 und 2023 gerissen werden würden – und das war vor dem Krieg in der Ukraine und dem wahrscheinlichen Einsatz von noch mehr Kohle statt russischem Erdgas und Öl.

Der Weg zu weniger Emissionen: "Wir müssen schnell mehr Sonnen- und Windenergieanlagen bauen. Unsere Gebäude müssen wir auf Wärmepumpen umstellen und so schnell wie möglich aufhören Öl- und Gasheizungen einzubauen. Bei unseren Häusern können wir auch mit Energiesparen noch einiges erreichen, vor allem indem wir sie besser energetisch sanieren", so UBA-Präsident Messner in Berlin. Jeder einzelne könne etwas tun, auch gegen die Energieabhängigkeit von Russland: "Etwas weniger heizen, das Auto öfter mal stehen lassen oder, wenn es doch notwendig ist, langsamer fahren."

Die verfügbaren Daten zeigen, dass seit 2010 vor allem die Energiewende zur Reduktion der Emissionen beigetragen hat. Alle anderen bedeutenden Sektoren stagnieren seit 2010 mehr oder weniger. Mit erhöhter Stromproduktion aus Braun- und Steinkohle stiegen die Emissionen im Energiesektor erheblich, um 12,4 Prozent.

Im Verkehrssektor war der Anstieg moderat: 1,2 Prozent gegenüber 2020. Ein Grund dafür sei der Straßengüterverkehr, der auf den Autobahnen wieder auf ein Niveau leicht oberhalb des Jahres 2019 angestiegen sei. Der PKW-Verkehr dagegen ist weiter niedriger als vor der Corona-Pandemie (2019), was in Absatzzahlen für Kraftstoffe und Daten von Zählstellen an Autobahnen und Bundesstraßen deutlich wird.

Im Sektor Industrie stiegen die Emissionen gegenüber dem Vorjahr um gut 9 Mio. Tonnen CO2-Äquivalente an (plus 5,5 Prozent). Mit rund 181 Mio. Tonnen CO2-Äquivalenten lagen sie damit wieder fast auf dem Niveau von 2019, aber knapp unter der im Bundes-Klimaschutzgesetz festgeschriebenen Jahresemissionsmenge von 182 Mio. Tonnen CO2- Äquivalenten. Hier spielen aufholende Konjunktureffekte in Folge der Corona-Krise und ein vermehrter Einsatz fossiler Brennstoffe eine wichtige Rolle. Die deutlichste prozentuale Steigerung gab es in der Stahlindustrie, wo die Rohstahlerzeugung um rund 12 Prozent anstieg. Im produzierenden Gewerbe (energiebezogener Anteil) stiegen die Emissionen um rund sieben Mio. Tonnen CO2-Äquivalente bzw. 6,4 Prozent.

Im Gebäudebereich kam es 2021 zu einer Emissionsminderung von knapp 4 Mio. Tonnen CO2-Äquivalenten (minus 3,3 Prozent) auf rund 115 Mio. Tonnen CO2-Äquivalenten. Trotz dieser Emissionsminderung überschreitet der Gebäudesektor, wie bereits im Vorjahr, die erlaubte Jahresemissionsmenge gemäß Bundes-Klimaschutzgesetz, die bei 113 Mio. Tonnen CO2-Äquivalenten liegt. Die Emissionsreduzierung ist im Wesentlichen als Sondereffekt auf deutlich verringerte Heizölkäufe zurückzuführen. Die Heizöllager wurden aufgrund der günstigen Preise und in Erwartung des Brennstoffemissionshandelsgesetzes bereits 2019 und 2020 umfangreich aufgestockt. Der Erdgasverbrauch stieg dagegen witterungsbedingt an.

Im Sektor Landwirtschaft gingen die Treibhausgasemissionen um gut 1,2 Mio. Tonnen CO2-Äquivalente (minus 2,0 Prozent) auf 61 Mio. Tonnen CO2-Äquivalente zurück. Der Sektor bleibt damit deutlich unter der für 2021 im Bundes-Klimaschutzgesetz festgelegten Jahresemissionsmenge von 68 Mio. Tonnen CO2-Äquivalenten. Der Rückgang der Tierzahlen setzt sich fort. Die Rinderzahlen sanken um 2,3 Prozent, die Schweinezahlen um 9,2 Prozent. Dadurch gab es weniger Gülle, weshalb die mit Düngung verbundenen Emissionen ebenfalls sanken (-4,0 Prozent gegenüber 2020). Die deutliche Unterschreitung der festgesetzten Jahresemissionsmenge ist jedoch vor allem durch methodische Verbesserungen in der Berechnung der Emissionen bedingt.

Die Emissionen des Abfallsektors sanken gegenüber dem Vorjahr um rund 4,3 Prozent auf gut acht Mio. Tonnen CO2-Äquivalente. Damit bleibt der Abfallsektor erneut unter der im Bundes-Klimaschutzgesetz festgelegten Jahresemissionsmenge von neun Mio. Tonnen CO2-Äquivalenten. Der Trend wird im Wesentlichen durch die sinkenden Emissionen aus der Abfalldeponierung infolge des Verbots der Deponierung organischer Abfälle bestimmt.

Weiteres Verfahren gemäß Bundesklimaschutzgesetz

Die Emissionsdaten des Jahres 2021 werden nun, wie im Gesetz vorgesehen, vom Expertenrat für Klimafragen geprüft. Der Expertenrat legt innerhalb eines Monats eine Bewertung der Daten vor. Danach haben die jeweils zuständigen Ministerien laut Gesetz drei Monate Zeit, ein Sofortprogramm vorzulegen, das Vorschläge für Maßnahmen enthält, die den Gebäudesektor und Verkehrssektor in den kommenden Jahren auf den vorgesehenen Zielpfad bringen.

Die Bundesregierung arbeitet allerdings bereits an einem Klimaschutz-Sofortprogramm, das diese Anforderungen so weit wie möglich erfüllen soll – dazu ist sie laut Klimaschutzgesetz auch verpflichtet. Wie sie ihre Reduktionen erhöhen können, müssen die Ministerien erklären, deren Bereiche unter den Zielen lagen. Das schreibt das Gesetz für jeden Sektor und jedes Jahr vor – bis zur Erreichung der Klimaneutralität 2045.

Dirk Messner: „Um die Ziele der Bundesregierung bis 2030 zu erreichen, müssen nun pro Jahr sechs Prozent Emissionen gemindert werden. Seit 2010 waren es im Schnitt nicht einmal zwei Prozent."

Die vollständigen, offiziellen und detaillierten Inventardaten zu den Treibhausgasemissionen in Deutschland für das Jahr 2021 veröffentlicht das UBA im Januar 2023 mit der Übermittlung an die Europäische Kommission.

Weltweit sind die Emissionen durch den verstärkten Einsatz fossiler Brennstoffe nach dem Lockdown-Jahr 2020 gestiegen – auf einen neuen Höchststand 2021 laut Internationaler Energieagentur. Und auf ein Rekordhoch in der Atmosphäre von gegenwärtig 419 ppm.

Den historischen Rekord von 400 ppm hatte die Welt bereits 2015 überschritten. So hoch war die Konzentration vor 3 bis 5 Millionen Jahren gewesen, mit einer knapp 2 bis 3 Grad höheren Durchschnitstemperatur und einem 10 bis 20 Meter höherem Meeresspiegel. Aber damals lebten noch keine 7,8 Milliarden Menschen auf der Erde.

Mehr zu den notwendigen und möglichen Veränderungen im factory-Magazin Change und im Magazin Industrie. Gerade im Bereich Industrie ließen sich durch mehr erneuerbaren Strom schnellere Reduktionen erreichen, wie die Ideen für den Wandel zeigen.

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