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Das System Erde ist fast ausgebrannt

Der Living Planet Report 2016 zeigt erneut alarmierende Daten: Die Menschheit verbraucht inzwischen 60 Prozent mehr, als die Erde regenerieren kann. Bis 2020 werden die Wildtier-Bestände um fast 70 Prozent seit 1970 geschrumpft sein. Einzige Chance, den Burn-Out zu verhindern, ist die konsequente Umsetzung der UN-Nachhaltigkeitsagenda und des Pariser Klimaschutzabkommens.

Alle zwei Jahre veröffentlichen der WWF und das Global Footprint Network ihre Bestandsaufnahme der ökologischen Belastung der Erde, den Living Planet Report. Der Bericht dient weltweit als Richtschnur, wie weit der Mensch den Planeten herunterwirtschaftet. Denn ein Ende der Ausbeutung scheint nicht absehbar: im Zweijahresrhythmus werden die Zahlen schlechter. Waren es 2014 noch "nur" rund 1,5 Planeten, die die Menschheit zu ihrer Versorgung bräuchte, sind es 2016 bereits 1,6, 2030 werden es dann ganze zwei Planeten sein. Das heißt, die Menschheit lebt weiter konsequent von den Reserven, statt Ökoschulden abzubauen, und mittlerweile 60 Prozent über der Regenerationsgrenze.

Die wachsende Natur- und Ressourcenausbeitung bleibt nicht ohne Konsequenzen. Mittlerweile sind vier der neun ökologischen Belastungsgrenzen überschritten: beim Klimawandel, der Biodiversität, der Landnutzung sowie den biogeochemischen Kreisläufen von Stickstoff und Phosphor. Diese Teilsysteme sind bereits instabil. Die Folgen sind Dürren, Überflutungen und Extremwetter, Hungersnöte, Flucht und Artensterben. Besonders dramatisch sichtbar sind die Folgen anhand des Living Planet Index (LPI), der den Rückgang der weltweiten biologischen Vielfalt misst. Dazu werden über 14000 Tierpopulationen beobachtet. Bis 2012 weist der Report einen Rückgang der Bestände seit 1970 um 58 Prozent auf. Die Bestände von Wirbeltierarten haben sich innerhalb von etwa 40 Jahren im Durchschnitt mehr als halbiert. Die Daten zeigen eine durchschnittliche Abnahme um zwei Prozent im Jahr. Derzeit gibt es keine Anzeichen dafür, dass sich dieser Rückgang verlangsamen wird. Passiert nichts, werden die Wildtierbestände 2020 um 67 Prozent geschrumpft sein.

Der Rückgang der biologischen Vielfalt ist auch für den Menschen existenzbedrohend, denn weltweit decken mehr als drei Milliarden Menschen 20 Prozent ihres Bedarfs an tierischem Eiweiß aus Meeresfischbeständen. Dabei befinden sich schätzungsweise 31,4 Prozent der Fischbestände auf einem „biologisch nicht nachhaltigen Niveau“ – sie werden überfischt. Gleichzeitig befördert die steigende Nachfrage nach Fleischprodukten die Sojaproduktion, die Nachfrage nach billigem Palmöl die Plantagenbildung, die zur Entwaldung biologisch und klimatisch wichtiger Lebensräume führen. Zwar hat sich der Waldverlust verlangsamt – gestoppt ist er aber noch lange nicht: Seit 1990 wurden 239 Millionen Hektar Naturwälder vernichtet – das ist sechsmal so viel wie Deutschland.

Zum schonenderern Umgang mit den planetarischen Ressourcen gibt es keine Alternative, konstatiert der WWF erneut. Der Verband fordert einen tiefgehenden Paradigmentwechsel und die zügige Umsetzung der UN-Nachhaltigkeitsziele, den Sustainable Development Goals bis 2030. Er plädiert für die Energiewende, eine ökologisch ausgerichtete Landwirtschaft und ein Finanzsystem, das Zukunftsfähigkeit im Fokus hat. Die Deutsche Regierung ist besonders in der Kritik: Das Land habe längst keine Vorreiterrolle mehr. Der Entwurf des Klimaschutzplans 2050 werde gerade bis zur Unkenntlichkeit verstümmelt. Vom konkreten Plan für den Kohleausstieg sei beispielsweise gar nichts mehr zu lesen – obwohl Deutschland, bis spätestens 2035 aussteigen muss, wenn es die Paris-Beschlüsse ernst nimmt.

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