Termine

Ranking der Nachhaltigkeitsberichte: KMU und Großunternehmen berichten besser über Lieferketten

Seit 25 Jahren untersuchen das Institut für Ökologisches Wirtschaften (IÖW) und future die Umwelt- und Nachhaltigkeitsberichte von Unternehmen. Erstmals haben sie zusätzlich auch die Berichte der Großunternehmen analysiert, die unter die seit Anfang 2018 geltende CSR-Berichtspflicht fallen. Ergebnis: Deutschlands beste Nachhaltigkeitsberichte lieferten in der Kategorie Großunternehmen Rewe, BMW, Telekom sowie bei den Mittelständlern Vaude, Lebensbaum und Memo. Die der Berichtspflicht unterliegenden Unternehmen erfüllen zumeist nur die Mindestanforderungen, Art, Umfang und Qualität variieren stark.

Die Bedeutung von Nachhaltigkeitsberichten wächst: Hier erhalten Mitarbeiter, Kunden, Lieferanten und Investoren die Informationen, die sie brauchen, um die Nachhaltigkeit von Unternehmen zu beurteilen. Da die meisten Berichte inzwischen nach Standards der Global Reporting Initiative (GRI) gefasst werden, sind die Ergebnisse vergleichbar. Wer nachhaltig investieren, einen zukunftsfähigen Job sucht oder neue Kunden oder Lieferanten mit gesellschaftlicher Verantwortung gewinnen will oder wissen will, wie sich Unternehmen in dem einen oder anderen gesellschaftlichen Konfliktfall verhalten, sollte mit einem solchen Bericht meist detaillierte Informationen erhalten. Darüber hinaus wirken die Berichte auch klima- und umweltschützend und in die Gesellschaft: Die Unternehmen setzen sich darin Ziele für die nächsten Jahre zur Verbesserung, deren Erreichung sie im nächsten Bericht dokumentieren wollen. Regelmäßige Berichterstattung löst also einen ständigen Verbesserungsprozess zu mehr Nachhaltigkeit und Transparenz aus. Eine Bewertung im Vergleich unter regelmäßig angepassten Kriterien ist seit mehr als zwei Jahrzehnten das Ranking der Nachhaltigkeitsberichte von IÖW und der Unternehmensinitiative future – verantwortung unternehmen e.V.

So war es bereits das zehnte Ranking der Nachhaltigkeitsberichte, dessen Ergebnisse IÖW und future am 21. Februar 2019 in Berlin mit dem Bundesministerium für Arbeit und Soziales dort vorstellten. Das BMAS hatte das Ranking in den letzten Jahren gefördert, Staatssekretär Dr. Rolf Schmachtenberg betonte in seiner Ansprache die Bedeutung unternehmerischer Verantwortung: "Durch ein transparentes Berichtswesen über ihre ökologische und soziale Verantwortung ermöglichen sie es ihren Kunden und Geschäftspartnern ihre Leistungen klar einzuordnen und gegebenenfalls auch Verbesserungen einzufordern." Er wies darauf hin, dass faire globale Lieferketten der Schwerpunkt der deutschen EU-Ratspräsidentschaft seien, die 2020 ansteht.

IÖW und future hatten die Nachhaltigkeitsberichte von 69 Großunternehmen und 40 kleinen und mittleren Unternehmen auf Basis seit dem letzten Ranking 2015 aktualisierter Kriteriensets analysiert.

Die besten Berichte von Großunternehmen kamen 2017/2018 von Rewe, BMW und Telekom, bei den Mittelständlern wurden Vaude, Lebensbaum und Memo ausgezeichnet. Letztere und BMW waren auch schon in den Jahren zuvor immer wieder unter den Spitzenreitern.

Während sich die Berichtsqualität bei den kleinen und mittleren Unternehmen vor allem im Bereich Lieferkette deutlich verbessert habe, sei sie bei den Großunternehmen auf dem Niveau des letzten Rankings von 2015 geblieben, sagte Dr. Udo Westermann von future. Zu Strategie, Governance und Zielen berichteten beide Gruppen gut. Dagegen seien Aussagen zu Mitarbeiterinteressen in beiden Gruppen noch verbesserungsbedürftig. Das gelte auch für die Darstellung der Leistungen zur Umsetzung der globalen Nachhaltigkeitsziele (Sustainable Development Goals, SDGs). Die meisten Unternehmen machen dazu nur wenige Angaben.

Immerhin nimmt die Zahl der Nachhaltigkeitsberichte deutlich zu: Von den 100 größten deutschen Unternehmen veröffentlichen 69 einen eigenständigen Nachhaltigkeitsbericht oder einen integrierten Geschäftsbericht. Entsprechend rückläufig ist die Quote der Nichtberichterstatter: Nur acht Großunternehmen werden als solche gewertet, da sie nur geringfügige Nachhaltigkeitsinformationen auf ihren Webseiten veröffentichen.

Ein Jahr CSR-Berichtspflicht für über 400 Großunternehmen: Erste umfassende Auswertung

Bis Ende 2017 war es Unternehmen freigestellt offenzulegen, wie sie es mit Umweltschutz, den Interessen ihrer Angestellten oder den Arbeitsbedingungen ihrer Lieferanten halten. Für über 400 große deutsche Unternehmen gilt dies nicht mehr. Im vergangenen Jahr waren sie erstmals gesetzlich dazu verpflichtet, Rechenschaft zu ihrer Unternehmensverantwortung – in der Wirtschaft als „Corporate Social Responsibility“ (CSR) bezeichnet – abzulegen, also dazu, wie sie mit Umwelt-, Sozial- und Arbeitnehmerbelangen, Menschenrechten und Korruptionsbekämpfung umgehen.

IÖW und Future haben nun zusätzlich zu ihrem Ranking, in dem sie seit 25 Jahren die Nachhaltigkeitsberichte deutscher Unternehmen bewerten, die erste umfassende Auswertung von 439 Unternehmenserklärungen zur sogenannten CSR-Berichtspflicht vorgelegt. Fazit: Die Unternehmen kommen den Informationspflichten nach – viele bislang aber erst im Sinne von Mindestanforderungen. Hinsichtlich Tiefe und Konsistenz der Informationen, die Unternehmen preisgeben, gibt es aber große Unterschiede.

Aussagekräftige Leistungsindikatoren und Kennzahlen kommen zu kurz

Unternehmensexperte Christian Lautermann vom IÖW: „Die berichtspflichtigen Unternehmen beschreiben zwar Konzepte, wie sie mit den für sie wesentlichen Belangen umgehen. Angaben zu konkreten Zielen und Ergebnissen sowie damit verbundene aussagekräftige Leistungsindikatoren und Kennzahlen kommen jedoch zu kurz oder entsprechende Zusammenhänge werden nicht deutlich gemacht.“ Udo Westermann von Future fügt hinzu: „Hier sind diejenigen Unternehmen klar im Vorteil, die teilweise schon seit vielen Jahren freiwillig Nachhaltigkeitsberichte veröffentlichen. Und auch bei manchen Mittelständlern, die sich seit Langem aus freien Stücken in Transparenz üben, können sich die Großen einiges abschauen.“

Die Studienautoren weisen aber darauf hin, dass es auch Unternehmen, die neu in die Berichterstattung einsteigen, auf Anhieb gelingen kann, vorzeigbar zu informieren. So hat es zum Beispiel Aldi Nord mit seinem 2018 ersten je veröffentlichten Nachhaltigkeitsbericht im Ranking sofort auf Platz 15 geschafft. Das Unternehmen fällt nicht unter die gesetzliche Berichtspflicht und berichtet auf freiwilliger Basis.

IÖW und Future bewerten Berichte von Unternehmen zu ihrer Unternehmensverantwortung seit 1994 und stellen Kriterien für gutes Reporting auf. „Die Erfahrungen aus zehn Durchläufen unseres Rankings der Nachhaltigkeitsberichte zeigen, dass die Informationsbedürfnisse der Stakeholder sich stetig wandeln. Auch in Zukunft werden wir die Messlatte für gute Berichterstattung an die gesellschaftlichen Herausforderungen anpassen“, so Ranking-Projektleiter Lautermann.

Durch die gesamte Veranstaltung zog sich der Bedeutungszuwachs von Wesentlichkeit, die Frage nach einer guten Priorisierung und deren gekonnter Darstellung sowie der Appell, hier mehr Substanz zu schaffen, berichtet Sabine Braun, future Vorstand, im Trendmonitor ihrer Agentur Akzente: "Unstrittig war, dass der Fokus auf Wesentlichkeit – sowohl bei den Standards der Global Reporting Initiative als auch durch die Umsetzung der CSR-Berichtspflicht – in den Unternehmen zu einer intensiveren Beschäftigung mit den Themen geführt hat. In der Berichterstattung allerdings sei davon noch nicht viel wahrzunehmen."

Zurück