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Unternehmen berichten zu wenig über ihre Lieferanten

Die Ergebnisse des diesjährigen Rankings der Nachhaltigkeitsberichte von IÖW und future wurden auf der CSR-Tagung im Bundesministerium für Arbeit und Soziales vorgestellt: Selbst die Vorbilder sind nicht transparent genug bei den Informationen zu ihren Lieferanten. Dabei gilt ab 2017 die Pflicht zum CSR-Bericht – zumindest für große börsennotierte Unternehmen.

Nicht länger zählt in dieser Gesellschaft allein der wirtschaftliche Wert eines Unternehmens. Transparenz herzustellen zu Menschenrechts-, Arbeits-, Sozial- und Umweltbelangen ist für immer mehr Unternehmen wichtig, schließlich wollen es ihre Share- und Stakeholder von ihnen wissen – und ihre Kunden ebenfalls. Wie viel Substanz in ihren Nachhaltigkeitsberichten steckt, das war Aufgabe des unabhängigen Rankings der Nachhaltigkeitsberichte. Durchgeführt wird es vom Institut für ökologische Wirtschaftsforschung (IÖW) und future – verantwortung unternehmen, unterstützt vom  Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS). Die Ergebnisse stellten IÖW und future am letzten Freitag in Berlin im BMAS vor. Sie zeigen zwar, dass sich immer mehr Unternehmen um Nachhaltigkeit und Transparenz bemühen. Doch insbesondere die Bedingungen, unter denen zugelieferte Rohstoffe gefördert oder Vorprodukte hergestellt werden, liegen oft noch im Dunkeln. Unter den knapp 120 analysierten Nachhaltigkeitsberichten deutscher Unternehmen gibt es allerdings Vorreiter: Jeweils drei Großunternehmen sowie kleine und mittlere Unternehmen (KMU) wurden für ihre vorbildhafte Transparenz ausgezeichnet.

Am besten über Nachhaltigkeit und Lieferkette berichtet:

Die besten Nachhaltigkeitsberichte aus der Gruppe der 150 größten deutschen Unternehmen veröffentlichen BMW, Miele und die KfW-Bankengruppe. Bei den kleinen und mittleren Unternehmen wurden der Biopionier Lebensbaum, der Outdoor-Ausrüster Vaude sowie der Beton- und Natursteinhersteller Rinn ausgezeichnet. KMU-Sieger Lebensbaum gehört auch zu den Unternehmen, die für die Transparenz ihrer Lieferantenbeziehungen die höchste Punktzahl im Ranking erhielten. Zu den transparentesten KMU gehören neben Lebensbaum der Biolebensmittehändler Alnatura, der Ökotextilanbieter Hess Natur, der Käsehersteller Hochland, die Biobäckereikette Hofpfisterei und der dritte KMU-Sieger Vaude. Unter den Großunternehmen zeichneten sich die Sportartikelhersteller Adidas und Puma und der Versandhändler Otto aus.

„In unserer Analyse haben diese Unternehmen bei den Kriterien, die wir an eine transparente Darstellung der Lieferkette anlegen, besonders gut abgeschnitten“, kommentiert Udo Westermann von future. „Solche Bemühungen lohnen sich mehrfach: Verbraucher können umfassend informiert werden, wie ein Produkt entstanden ist. Und das Unternehmen schützt sich vor möglichen schlechten Schlagzeilen, die durch einen Skandal bei einem Zulieferer entstehen können.“

Warum sich der Aufwand zu einer umfassenden CSR-Berichterstattung lohnt, erklärte Thorben Albrecht, Staatssekretär im Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS): „Wenn Unternehmensführung und Mitarbeiter in den Berichtsprozess eingebunden sind, dann steigert dies das Bewusstsein im gesamten Unternehmen für Nachhaltigkeit als wichtiges Zukunftsthema und fördert Innovationen. Eingefahrene Abläufe werden hinterfragt und die sozialen und ökologischen Auswirkungen betrachtet, auch solche in den Lieferketten.“

Ab 2017 wird mehr Transparenz Pflicht

Im kommenden Jahr sind erstmals insbesondere große kapitalmarktorientierte Unternehmen gesetzlich verpflichtet, über ihre CSR-Aktivitäten zu berichten. Am vergangenen Mittwoch hatte das Bundeskabinett einen Gesetzentwurf beschlossen, der einer entsprechende EU-Richtlinie folgt. Sie müssen dann über Maßnahmen informieren, mit denen sie Umwelt und Klima schützen oder wie sie darauf achten, dass bei ihren Zulieferfirmen Menschenrechte eingehalten werden. Während diese Transparenz für einige Unternehmen seit langem selbstverständlich ist, gibt es unter den größten deutschen Firmen weiterhin einige, die sich bedeckt halten. „Insbesondere einige große Handels- und Versicherungsunternehmen halten sich bisher zurück“, sagte Gerd Scholl, Wissenschaftler am IÖW. „Unternehmen wie Alte Leipziger, Amazon Deutschland, die Schwarz-Gruppe (Lidl), Signal Iduna oder die Unternehmensgruppe Theo Müller geben bisher kaum Informationen etwa zu den Arbeitsbedingungen in ihren Unternehmen heraus. Doch ohne Transparenz wird es für einige von ihnen ab dem nächsten Jahr nicht mehr gehen. Zumindest die Versicherungsunternehmen sind dann nämlich in der Pflicht.“

"Eine verpasste Chance" nennen Menschenrechtsorganisationen, Gewerkschaften, Verbraucher- und Umweltschützerorganisationen den Gesetzentwurf der Regierung laut taz, denn er falle in seinen Ansprüchen noch hinter den schon stark kritisierten Referententwurf zurück. Lediglich 300 der mehr als 11000 großen Unternehmen in Deutschland seien demnach zur Nachhaltigkeitsberichterstattung verpflichtet. Von einer etwas höheren, allerdings auch nur dreistelligen Zahl gehe das Bundesjustizministerium aus, berichtet die taz. Weder große Player wie Aldi, Voith oder Würth mit Milliardenumsätzen und hohem Einfluss auf Umwelt und Gesellschaft entlang ihrer Lieferketten gehören dazu, weil sie nicht kapitalmarktorientiert sind, kritisieren die Verbände. Außerdem sei es zu wenig, wenn die Verletzung von Menschenrechten nur genannt werden müsse, wenn sie "unmittelbar geschäftsrelevant" ist.

Viele der großen Unternehmen stehen inzwischen zur CSR-Berichtspflicht. Während sie und ihre Verbände in der Vergangenheit die Vorschrift eher kritisch sahen, hat sich das Verhältnis – nachdem der Weg für alle Großunternehmen in der EU feststeht – geändert: Inzwischen sind nach einer Befragung der größten deutschen Unternehmen 78 Prozent für eine solche Pflicht., heißt es von IÖW und future. Immerhin veröffentlichen schon 72 der 150 größten deutschen Unternehmen eigene Nachhaltigkeits- oder CSR-Berichte, 22 Unternehmen stellen allerdings noch keine oder nur geringfügige Informationen zur Verfügung. Während bei den großen Unternehmen die Lieferkette in den Berichten am wenigsten transparent ist, ist es beiden kleinen und mittleren Unternehmen die Darstellung des Umgangs mit den Mitarbeiter/innen-Interessen.

Weil die EU-Richtlinie bis zum 6. Dezember in nationales Recht umgesetzt sein muss, soll der Gesetzentwurf nun schnell durch die Instanzen.

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