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  • Luftbild des Amazonas in Trockenzeit 2017
    Amazonas-Delta während der Trockenzeit im August 2017. Die „Popcorn-Wolken“ entstehen nur über den feuchteren Regenwaldgebieten, nicht über dem Fluss selbst und über den bereits entwaldeten braunen Landflächen.
    Durch die zunehmende Entwaldung ging die im brasilianischen Regenwald gespeicherte Kohlenstoffmenge zwischen 2010 und 2019 von 4,45 Mrd. Tonnen auf 3,78 Mrd. Tonnen zurück. Dies entspricht einem Rückgang um 0,67 Mrd. Tonnen. In Kohlenstoffdioxid um- gerechnet bedeutet dies, dass der brasilianische Amazonasregenwald im genannten Zeitraum infolge von Bränden und Waldrodung netto kein Kohlendioxid aus der Atmosphäre aufnahm, sondern stattdessen 2,7 Mrd. Tonnen in die Atmosphäre emittierte. Insgesamt stand der Aufnahme von 13,9 Milliarden Tonnen Kohlendioxid eine Abgabe von 16,6 Milliarden Tonnen gegenüber. (-> factory-Magazin "Ressourcen").
    (Foto: contains modified Copernicus Sentinel data (2017), processed by ESA,CC BY-SA 3.0 IGO).

Sinkende CO2-Speicherung der Wälder gefährdet Klimaziele

Rund 7,8 Milliarden Tonnen Kohlenstoffdioxid (CO2) nehmen die Wälder weltweit bisher jährlich auf. Das ist etwa ein Fünftel der menschengemachten Emissionen. Diese verlässliche und günstige Speicherfunktion ist bedroht: durch ungebremste Erderhitzung, häufigere Waldbrände und weitere Abholzung. Bleibt es dabei, verdoppeln sich die Kosten zur Begrenzung der globale Temperaturerhöhung. Wissenschaftler*innen fordern schnelleren Ressourcenschutz und nachhaltige Landnutzung.

Die Waldgebiete der Welt sind ein wichtiger Faktor zur Begrenzung der Erderhitzung. Sie speichern einen erheblichen Teil des menschengemachten CO2-Ausstoßes. Schutz und Ausbau der Wälder ist Teil der vom Weltklimarat empfohlenen effizienten Klimaschutzmaßnahmen für die einzelnen Länder. Das Weltnaturschutzabkommen von Montreal/Kunming zielt auf den Erhalt der Biodiversität und damit in die gleiche Richtung. Die EU-Verordnung für entwaldungsfreie Produkte ebenfalls – sie soll aber erst ein Jahr später als wie geplant 2025 in Kraft treten.

Die Hoffnung, dass sich die Speicherkapazität der Wälder noch erhöht und durch Aufforstung erhöhen lässt, ist inzwischen getrübt durch ihre nun möglicherweise dauerhaft abnehmende Speicherwirkung. Diese ist zunehmend durch den Klimawandel und menschliche Eingriffe wie Abholzung gefährdet, die Entwaldung nimmt zu statt ab, der Amazonas-Regenwald gibt deswegen sogar mehr CO2 ab als er speichert. Die bisherigen Klimastrategien und -modelle berücksichtigen diese Minderung bisher nicht.

Das müssten sie aber, zeigt eine neue Studie des Potsdam-Instituts für Klimafolgenforschung (PIK). Andernfalls könnte das Erreichen der Pariser Klimaziele erheblich schwieriger, wenn nicht sogar unmöglich werden – und deutlich teurer.

 

Klimawandel reduziert Kohlenstoffspeicher

„Derzeit setzen unsere Klimastrategien darauf, dass Wälder nicht nur erhalten bleiben, sondern ihre Fläche sogar zunimmt“, erklärt Michael Windisch, Hauptautor der in Nature Communications veröffentlichten Studie und Gastwissenschaftler am PIK. „Doch angesichts von immer mehr Waldbränden wie in Kalifornien und der anhaltenden Abholzung im Amazonasgebiet ist das ein riskantes Spiel." Zudem reduziere der Klimawandel selbst die enormen Kohlenstoffspeicher der Wälder.

Laut Studie könnte es die Klimaziele gefährden, wenn Maßnahmen zur Emissionsreduzierung sowie zum Schutz und zur Überwachung der Wälder hinausgezögert werden. „Wir müssen frühzeitig handeln, damit der in den Wäldern gespeicherte Kohlenstoff dort verbleibt“, betont Windisch. „Sonst wird es immer teurer – und möglicherweise unmöglich –, den Verlust durch noch stärkere Emissionssenkungen in Bereichen wie Energie, Industrie und Verkehr auszugleichen.“


Schnellere Anpassung würde Kosten reduzieren

In der Studie untersuchten die Forschenden, wie die Klimaziele erreicht werden können, wenn Wälder weniger CO₂ speichern als bisher. Dafür nutzten sie das Modellierungssystem REMIND-MAgPIE, das globale Land- und Wassernutzung mit Energie- und Wirtschaftssimulationen kombiniert, sowie das globale Vegetationsmodell LPJmL.

Sie analysierten, wie natürliche Störungen und menschliche Eingriffe in Wälder die Umsetzung von Klimaschutzmaßnahmen beeinflussen. Das Forschungsteam verglich eine vorausschauende Klimapolitik mit verschiedenen verzögerten und wenig nachhaltigen Strategien.

Unabhängig vom Ausmaß des Waldschadens zeigt die Studie, wie hoch die Kosten des Nichtstuns ausfallen können. Schon eine Verzögerung von fünf Jahren würde die erforderlichen Maßnahmen zur Kompensation des verlorenen Kohlenstoffs deutlich verschärfen und die Kosten etwa verdoppeln.

Die Emissionen im Energiesektor müssten deutlich schneller sinken, begleitet von einer fast verdoppelten Kapazität für negative Emissionen – was wiederum mehr Land beanspruchen würde, so die Autoren. Am Ende würden die Gesamtkosten erheblich ansteigen, und die Wirtschaft fast doppelt so stark betroffen sein wie bei sofortigem Handeln. Schon bei der derzeitigen Entwicklung der Klimawandelfolgenkosten errechneten Wissenschaftler*innen des PIK, dass dadurch die Weltwirtschaft bis 2050 um 20 Prozent schrumpft.


Schwächelnde Wälder erkennen und stützen

Die Studie zeigt außerdem, dass aktuelle Modelle möglicherweise zu optimistisch sind, was die zukünftige CO₂-Speicherung in Wäldern angeht. Sie berücksichtigen Störungen nicht ausreichend, überschätzen den Düngeeffekt von CO₂ und unterschätzen die Abholzung. Schnelles Handeln sei den Forschenden zufolge nötig, um Klimafolgen abzumildern, Kohlenstoffspeicher zu sichern und steigende Kosten zu vermeiden.

„Wälder sind keine unerschöpfliche Ressource. Es ist wichtig, frühzeitig zu erkennen, wenn ihre Speicherfähigkeit nachlässt“, erklärt Florian Humpenöder, PIK-Wissenschaftler und Mitautor der Studie. Er betont zudem die Notwendigkeit eines stärkeren Waldschutzes und einer schnelleren Dekarbonisierung. Da Wälder möglicherweise weniger CO₂ speichern als erwartet, sind realistische Prognosen zur Kohlenstoffspeicherung unerlässlich.

„Es reicht nicht, einfach zu hoffen, dass Wälder intakt bleiben, wenn wir die Erderwärmung begrenzen wollen“, ergänzt Alexander Popp, Leiter des PIK-Labs für Landnutzungswandel und Studienautor. „Neben dem Schutz der Wälder ist eine nachhaltige Landnutzung entscheidend – nicht nur, um die Biodiversität zu erhalten, sondern auch, um massive wirtschaftliche Schäden zu vermeiden und eine lebenswerte Zukunft zu sichern.“

Mehr zum notwendigen und wirtschaftlich möglichen Schutz natürlicher Ressourcen im factory-Magazin Ressourcen.

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