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Weltweit wollen 80 Prozent stärkere Klimaschutzmaßnahmen

Das Entwicklungsprogramm der Vereinten Nationen (UNDP) hat 73.000 Menschen in 77 Ländern befragen lassen: 80 Prozent wünschen sich mehr Klimaschutz von ihren Regierungen, über 70 Prozent einen schnellen Wechsel von fossilen Brennstoffen zu erneuerbaren Energien.

Die Regierungen der Welt hatten bei ihrem Klimagipfel COP28 im Dezember 2023 immerhin den "Übergang weg von den fossilen Energien" beschlossen – was als klare Ausstiegsformulierung gilt. Nun erhalten sie durch eine weltweite Umfrage des UNDP Unterstützung:

Demnach sind über 70 Prozent der 73.000 Befragten in 77 Ländern dafür, dass ihre Länder schnell bzw. sehr schnell von fossilen Brennstoffen auf erneuerbare Energien umsteigen.

Mit dieser Forderung sind sie auf einer Linie mit der Klimawissenschaft: Der Weltklimarat IPCC hatte schon 2021 gefordert, die jährlichen Treibhausgasemissionen bis 2030 um mindestens 50 Prozent zu senken, um die menschengemachte globale Erhitzung auf 1,5 Grad bzw. zwei Grad begrenzen zu können.


Ausbau von Erneuerbaren, Schutz der Natur

Das geht nur mit mehr Sonnen- und Windenergie, einem Stopp der Entwaldung, der Renaturierung von Ökosystemen, emissionsarmer Landwirtschaft und Industrie, hatte der IPCC 2022 in seinem Bericht zu Maßnahmen und ihren Wirkungen festgestellt.

2024 ist die Welt jedoch schon fast beim globalen Durchschnitt von 1,5 Grad angelangt, der Alltag vieler Menschen ist von klimawandelbedingten Extremwettern geprägt, die Schadenskosten nehmen zu, Einkommensverluste drohen. Doch der Kurs der Weltwirtschaft läuft trotz aller Absichtserklärungen eher auf 2,4 Grad Erhitzung hinaus.

Schließlich waren 2023 immer noch 82 Prozent der weltweiten Primärenergieproduktion fossil. Und das Wachstum der Erneuerbaren ist nicht groß genug, um den steigenden Energiebedarf zu decken.


Deutlicher Wunsch nach Wandel

Insofern ist das Votum der Befragten ein deutliches Zeichen für den Wunsch nach schnellerem Klimaschutzhandeln der Regierungen – gerade auch vor dem UN-Klimagipfel COP29 in Aserbaidschan 2024, bei dem es vor allem um die Finanzierung von Klimaschutzmaßnahmen geht.

Die bisher größte Umfrage zum Klimaschutz, der "Peoples' Climate Vote 2024" zeigte nun, dass 80 Prozent der Menschen schnelleres Handeln ihrer Regierungen wünschten.

Die Unterstützung ärmerer Staaten durch reiche halten ebenfalls 80 Prozent der Bevölkerungen für richtig und wichtig.

86 Prozent wünschen sich sogar, dass ihre Regierungen geopolitische Differenzen zugunsten eines besseren Klimaschutzes zurückstellen – ein deutlicher Hinweis in Zeiten der "Zeitenwende" von wachsenden Konflikten und zunehmendem Nationalismus, stellt das UNDP in seiner Meldung zur Umfrage fest.


Mehrheiten in allen Ländern für mehr Klimaschutz

Durchgeführt wurde die Befragung von Expert*innen der Universität Oxford und GeoPoll. Sie wollten mit 15 Fragen herausfinden, wie die Menschen die Folgen des Klimawandels erfahren und welche Antworten sie sich von ihren Regierungen wünschen. Die 77 befragten Länder repräsentieren 87 Prozent der Weltbevölkerung.

Im Ergebnis wünschen sich die Bevölkerungen von zwanzig der weltweit größten klimaverschmutzenden Länder stärkere Maßnahmen – darunter die USA und Russland (je 66 Prozent), China (73 %), Deutschland (67 %), Südafrika und Indien (je 77 %), Brasilien (85 %), Iran (88 %) und Italien (93 %).

Zudem ist auch in Ländern mit intensiver Öl, Gas- oder Kohle-Produktion wie Nigeria, Südafrika, Iran, Saudi Arabien und USA die Zustimmung zum Wechsel zu erneuerbaren Energien groß.

Im Gegensatz dazu ist sie in Russland, dem größten Land der Welt mit intensiver fossiler Energieförderung, sehr gering. Dort sind auch Sorgen wegen des Klimawandels wenig verbreitet. Dennoch ist der Wunsch nach mehr Schutz vor Extremwettern im eigenen Land und nach mehr Einsatz der reichen Länder für den Schutz ärmerer auch in der russischen Bevölkerung stark ausgeprägt.

In den USA sind die Bürger*innen offenbar geteilter Meinung über die Geschwindigkeit der notwendigen Energiewende – und zwar zu gleichen Teilen. Jeweils 25 Prozent wünschen sich einen schnellen, sehr schnellen, eher langsamen oder keinen Wandel von den fossilen zu den erneuerbaren Energien.


Mehr Schutz vor den Folgen und mehr Unterstützung der Ärmeren

Verständlicherweise gibt es einen großen Bedarf nach besserem Schutz vor Extremwettern. Rund vier Fünftel wünschen sich hier mehr von ihren Regierungen. Allerdings ist dieser Wunsch in reichen Ländern mit geringeren Durchschnittstemperaturen wie USA, Deutschland und Japan weniger ausgeprägt, aber dafür liegen auch Länder hoher und mittlerer Einkommen wie Griechenland, Mexiko und Italien liegen an der Spitze.

Vier Fünftel der Befragten wünschen sich auch mehr Unterstützung für die ärmeren Länder durch die reichen Länder, um dem Klimawandel zu begegnen. Auch hier ist der Wunsch danach in ärmeren Ländern größer, aber auch in reichen Ländern fordern die Menschen mehr Einsatz für die armen Länder.

"Das Land mit der bei weitem größten Minderheit, die sich für weniger Hilfe ausspricht, sind die USA - das Land, das im Verhältnis zu seiner Größe, Wirtschaftskraft und historischen Emissionen in den letzten Jahren am wenigsten zur Klimafinanzierung beigetragen hat", schreibt Climate Home News.


Zustimmung auch in Europa und Deutschland

Die jüngste repräsentative Umfrage zu den Einstellungen der deutschen Bevölkerung hatte die Konrad Adenauer Stiftung unternommen. Knapp 4000 Menschen hatte sie zwischen 2022 und 2023 befragt. Demnach ist für 90 Prozent der Klimaschutz wichtig oder sehr wichtig. Lediglich bei den Anhängern der rechtsextremen Partei AfD reicht es nur zu 60 Prozent Zustimmung.

Auch laut Eurobarometer von 2023 gaben die 93 Prozent der Europäer*innen an, dass der Klimawandel ein ernstes Problem für die Welt sei und schneller bekämpft werden solle.

Bei der Europawahl 2024 zeigte sich jedoch, dass die Fraktion, die sich im Parlament am meisten für Klimaschutz einsetzt, deutlich an Zustimmung verloren hat. Die sie bildenden Parteien verloren fast 30 Prozent der bisherigen Zustimmung: Die grüne Fraktion kommt nur noch auf 51 von 720 Sitzen. Bei der Wahl 2019 konnte sie noch mit 71 von 705 Parlamentarier*innen stimmen.


Gerechte Klimaschutzpolitik kann auf Wähler*innen bauen

Dennoch: Politik, die sich für eine schnellere Transformation inklusive gerechten Ausgleichs für die weniger Vermögenden einsetzt, dürfte mit Hinweis auf die Ergebnisse des Climate Vote 2024 der UNDP genügend Argumente haben, auch bei den Wähler*innen Unterstützung dafür erwarten zu können.

Einen Grund, einen von rechter und konservativer Seite gefordertes "Weiter-so" bei fossilen Brennstoffen, Investitionen und Einnahmenerhöhungen zu verfolgen, um Wählerstimmen gewinnen zu können, gibt es global nach diesen Umfrageergebnissen nicht.

Wer wissen will, warum der notwendige Umbau auch mehr Gerechtigkeit und ein anderes Wohlstandsverständnis erfordert: In den factory-Magazinen Ressourcen und Wohlstand gibt es mehr dazu.

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