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  • Universität Bonn, Mensa Hofgarten
    In der Mensa am Hofgarten der Universität Bonn hat das Studierendenwerk Bonn im Mai 2023 einen fleischlosen Monat angeboten. Forscherinnen der Universitäten Bonn und Kassel begleiteten das Experiment. Bild: Studierendenwerk Bonn, Volker Lannert

Fleischkonsum sinkt nach Veggie-Monat

Besser Veggie-Monat als Veggie-Day? Bisher zeigen Angebote und Informationen zum Klimaschutz durch weniger Fleischverzehr in deutschen Mensen und Kantinen kaum Wirkung. Die Bonner Uni-Mensa probierte nun den Total-Verzicht. Der Effekt war auch Wochen nach dem vegan-vegetarischen Monat spürbar: Der Fleischkonsum war gesunken, das Interesse besonders an den neuen Gerichten gestiegen – und an einem Veggie-Monat.

Der Fleischverzehr in vielen Industrieländern sinkt. Allerdings nicht stark genug, um die globalen Ziele für Klima- und Naturschutz zu erreichen. Denn um Öko- und Wirtschaftssysteme zu erhalten, müssten die Menschen in den Industrienationen ihren Fleischkonsum um 75 Prozent reduzieren, so eine Studie der Universität Bonn 2022.

Das wäre nicht nur klimawirksam sondern auch eine der günstigsten Methoden zur Einsparung von Treibhausgasen, stellte der Weltklimarat in seinem Vergleich der technologischen und gesellschaftlichen Maßnahmen fest.

Und mit einem Rückgang von Fleisch- und Milchkonsum würden auch die dringend benötigten Landschaftsräume für die Renaturierung und nachhaltige Nutzung frei. Schließlich werden international 80 Prozent der Kulturflächen für den Anbau von Tierfutter verwendet. Aber auch die dichtbesiedelten Länder müssten ihre internationalen Naturschutzziele bis 2030 erreichen.

 

Mehr Informationen helfen nicht

Die Notwendigkeit, Fleischkonsum und -produktion zu reduzieren ist groß: Rund ein Siebtel des weltweiten Treibhausgasausstoßes entsteht durch die Haltung und Verarbeitung von Tieren – das ist mehr als der Beitrag des Verkehrs. Damit gehört der Verzehr von Fleischprodukten neben dem Energieverbrauch zu den wesentlichen Quellen von Treibhausgasen.

Doch um den Fleischkonsum zu reduzieren, helfen Ernährungstipps oder Informationskampagnen zu den Klimawirkungen jedoch kaum, wie eine Studie 2024 zeigte. Informationskampagnen zu klimarelevanten Essgewohnheiten oder Ernährungstipps bewegen Konsument*innen kaum zu Verhaltensänderungen, heißt es da. "Trotz der relativ starken Auswirkungen des Fleischkonsums auf das Klima reduzieren sie ihren Konsum kaum. Sie verringern nicht einmal die Absicht, den Fleischkonsum einzuschränken."

Nachdem 2013 der Vorschlag zu einem Veggie-Day in deutschen Mensen und Kantinen zu einem Shitstorm geführt hatte, ist ein solches auschließlich vegetarisches Angebot heute kein Thema mehr. Das Angebot wird zwar nachhaltiger, aber nur parallel zu Fleischgerichten, zur anhaltenden Reduktion führt es nicht. Nun zeigte ein Experiment an der Bonner Universität, dass ein ganzer Monat aber durchaus zu einem Umdenken führen könnte.

 

Ein ganzer Veggie-Monat

Was bringt ein vegan-vegetarischer Monat in der Mensa? Das wollte das Studierendenwerk Bonn mit wissenschaftlicher Begleitung von Forscherinnen der Universitäten Bonn und Kassel ausprobieren. Der Effekt war auch in den acht Wochen nach dem Aktionsmonat noch messbar: Der Fleischkonsum in der Mensa ist durch den vegan-vegetarischen Monat um sieben bis zwölf Prozent gesunken, relativ zu der Zeit vor dem Veggie-Monat.

Darüber hinaus zeigte sich rund die Hälfte der Befragten mit einem fleischlosen Monat pro Jahr einverstanden. Mehr als 80 Prozent sprachen sich für die Stärkung des Veggie-Angebots in Mensen aus.

“Es schmeckt offenbar besser als erwartet”, so das Fazit der Ökonominnen Anna Schulze Tilling und Charlotte Klatt. Das Studierendenwerk Bonn hatte den Mai 2023 in der Mensa am Hofgarten als fleischlosen Monat ausgerufen und entsprechend in den Social Media beworben. Das Angebot in der Campo-Mensa in Poppelsdorf und im Venusberg-Bistro lief ganz normal weiter und diente als Vergleichsgrundlage.

 

Fleischverkäufe sinkt sieben bis zwölf Prozent

Anhand der Kassendaten erwies sich, dass der Anteil der Fleischverkäufe in der Mensa am Hofgarten auch in den zwei Monaten nach dem vegan-vegetarischen Monat deutlich niedriger war, als dies ohne diese Initiative der Fall gewesen wäre. “Wir schätzen, dass sich der Anteil der verkauften fleischhaltigen Hauptkomponenten durch die Intervention um sieben bis zwölf Prozent reduziert hat, verglichen mit der Zeit davor”, berichtet Anna Schulze Tilling.

Die Wissenschaftlerinnen stellten fest, dass sich auch die Stammgäste nach dem Veggie-Monat beim Mensabesuch durchschnittlich seltener für das Fleischgericht entscheiden als vorher. Gleichzeitig gehen sie genauso häufig mittags in die Mensa wie zuvor. “Die Intervention scheint also tatsächlich das Konsumverhalten der Gäste beeinflusst zu haben”, stellt Charlotte Klatt fest.

 

Motiviert durch neue Gerichte

Die Umfragen deuten darauf hin, dass die Reduzierung des Fleischkonsums größtenteils dadurch begründet ist, dass Mensa-Gäste während des vegan-vegetarischen Monats für sie neue Gerichte entdeckt haben, die ihnen gut schmecken und die sie gerne wieder wählen.

Rund die Hälfte der Befragten wäre mit einem fleischlosen Monat pro Jahr einverstanden. 75 Prozent befürworten einen Veggie-Day jede Woche und 80 Prozent ein größeres vegan-vegetarisches Angebot.

“Wir können auf Basis unserer Studie keine Empfehlung aussprechen, wie Mensen, Schul- und Betriebskantinen ihr Menü gestalten sollten”, sagt Charlotte Klatt. Die Studienergebnisse könnten aber hilfreich für Entscheidungsträger sein, die erwägen, ihr Menü anzupassen.

“Unsere Studie zeigt, dass auch kurzfristige Initiativen längerfristig zu einer Reduktion des Fleischkonsums führen können, wenn sie beispielsweise Menschen dazu bringen, neue Gerichte zu probieren”, ist Anna Schulze Tilling überzeugt.

"Der vegan-vegetarische Aktionsmonat war ein Angebot an alle, eine pflanzliche Ernährungsweise einfach mal auszuprobieren. Das ist offensichtlich gelungen. Die Ergebnisse freuen uns und ermutigen uns weiterzumachen“, sagt Jürgen Huber, Geschäftsführer des Studierendenwerks Bonn.

Statt Informationen zur Klimawirkung der Fleisch- und Milchproduktion sind also offenbar vielfältige und schmackhafte Gerichte zu günstigen Preisen überzeugender, vegan-vegetarische Gerichte auszuprobieren – und auch dauerhaft seinen Fleischverzehr zu reduzieren. Es scheint wie beim Urlaub in einer anderen Region oder einem anderen Land zu sein: Auch hier lernt man Gerichte kennen, die man gern häufiger essen würde.

Mehr zur bereichernden Genuss- und Klimawirkung auch im factory-Magazin Vielfalt oder im Themenbereich. Wie zum Beispiel die Welt überwiegend vegetarisch klimaschonend genießen kann, zeigen wir im Bildteil des factory-Magazins Wohlstand mit einfachen Gerichten und Rezepten – aus aller Welt.

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