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Fleischatlas 2014: Regenwälder für Futtermittel, Schlachtanlagen für Millionen

Was man schon immer über die weltweite Fleischproduktion wissen wollte: Schon der erste Fleischatlas im letzten Jahr zeigte mit Beiträgen und Karten die problematischen Auswirkungen der Massenproduktion von Tieren. Der neue Atlas hilft Konsumenten, einen verantwortungsvollen Umgang mit dem Fleischverzehr zu erlangen. Bewusstseinssteigernd soll auch eine App für Android und iOS wirken.

Heute ist er erschienen, der Fleischatlas 2014. Herausgegeben wird er von der Heinrich-Böll-Stiftung, Le Monde Diplomatique und dem Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND). Im Atlas: Daten und Fakten zu den aktuellen Tendenzen im Big Business Fleisch. Denn das ist es wirklich, schließlich ist die globale Fleischproduktion ein stetig wachsender Wirtschaftszweig: Bis Mitte dieses Jahrhunderts werden weltweit jährlich fast 470 Millionen Tonnen Fleisch - 150 Millionen Tonnen mehr als heute - produziert. Das heißt, dass dafür auch immer mehr Fläche für den Anbau von Futtermitteln benötigt wird: Allein der Bedarf an Sojafuttermitteln zur Mästung der Schlachttiere würde von derzeit 260 Millionen auf über 500 Millionen Tonnen pro Jahr steigen.

Hinzu kommt, dass moderne Schlachtanlagen in Europa und den USA immer absurdere Dimensionen annehmen, kritisiert Barbara Unmüßig, Vorstand der Heinrich-Böll-Stiftung: "Während wir hierzulande 735 Millionen Tiere pro Jahr töten, schlachtet alleine die US-Gesellschaft Tyson Foods mehr als 42 Millionen Tiere in einer einzigen Woche. Dahinter kann kein gesundes Agrarsystem stehen."

Der größte Boom der Fleischproduktion findet in den aufstrebenden asiatischen Volkswirtschaften statt. Nach westlichem Vorbild wird dort zunehmend unter hochindustrialisierten Bedingungen Fleisch erzeugt, mit all den unerwünschten Nebeneffekten wie Lebensmittelskandalen, Antibiotikamissbrauch, Nitratbelastungen und Hormoneinsatz.

Flächenkonkurrenz wird stärker

Schon heute wandert allein für die europäische Fleischproduktion Soja von umgerechnet 16 Millionen Hektar Land in die Tröge. "Das Futter für die zusätzliche Produktion von mehr als 150 Millionen Tonnen Fleisch im Jahr wird Land- und Nahrungsmittelpreise explodieren lassen. Die Zeche für den globalen Fleischhunger zahlen die Armen, die von ihrem Land verdrängt werden und sich aufgrund der hohen Preise weniger Nahrung leisten können", prognostizierte Unmüßig.

Die BUND-Agrarexpertin Reinhild Benning wies auf die enormen Umweltbelastungen und negativen Auswirkungen auf Mensch und Natur durch den expandierenden Futtermittelanbau hin. Benning: "70 Prozent aller Agrarflächen der Erde werden inzwischen von der Tierfütterung beansprucht. Die Folgen sind fatal, wertvolle Regenwälder gehen verloren, Böden und Gewässer werden mit Pestiziden belastet und die Preise für Grundnahrungsmittel steigen aufgrund knapper werdender Agrarflächen. Die großräumige Anwendung des Herbizids Glyphosat beim Gentech-Sojaanbau führt in Südamerika vermehrt zu massiven Gesundheitsschäden." Erfreulich sei, dass der Fleischkonsum in Deutschland im letzten Jahr durchschnittlich um mehr als zwei Kilogramm pro Einwohner zurückgegangen sei.

Geringere Standards durch Freihandelsabkommen

Der BUND und die Heinrich-Böll-Stiftung warnten vor einer möglichen Einfuhr hormonbehandelten Fleisches aus den USA durch das zwischen den USA und der EU geplante Freihandelsabkommen TTIP (Transatlantic Trade and Investment Partnership). "Wir müssen verhindern, dass im Zuge des Freihandelsabkommens die hohen Standards, die wir bei Lebensmitteln in der EU haben, aufgeweicht werden", sagte der BUND-Vorsitzende Hubert Weiger. Auch deshalb werde sein Verband anlässlich der "Grünen Woche" in Berlin am 18. Januar gemeinsam mit einem breiten Bündnis eine große Demonstration für eine verbraucher- und tierschutzgerechte Agrarpolitik durchführen.

"Deutschland und Europa verbieten aus guten Gründen Wachstumshormone in der Tierhaltung. Die Risiken für die Gesundheit insbesondere von Kindern und Jugendlichen sind entschieden zu hoch. Wenn das Freihandelsabkommen zugunsten multinationaler Unternehmen die Handelsverbote für Hormonfleisch abschafft, steht die Gesundheit von Tier und Mensch in Europa auf dem Spiel", sagte Weiger.

Den "Fleischatlas 2014" finden Sie im Internet zum Download unter: www.bund.net/fleischatlas

Der Fleischatlas steht unter einer Creative-Commons-Lizenz (CC-BY-SA). Alle Texte und Grafiken können mit Angabe der Quellen weiterverwendet werden. Die korrekte Quellenangabe ist: "CC-BY-SA Heinrich Boell Foundation, Friends of the Earth Europe" (Englisch) und "CC-BY-SA Heinrich-Böll-Stiftung, BUND, Le Monde Diplomatique" (Deutsch).

Mit der App zum Fleischversteher

Neu ist auch die passende Fleischatlas-App, die als Quiz basierend auf dem Fleischatlas gestaltet ist. Die Nutzer können sich spielerisch durch zwei Quizmodule arbeiten und zum "Fleischversteher" und "Fleischprofi" werden. Die Fragen beziehen sich auf den eigenen Fleischkonsum und dessen Auswirkungen auf das soziale und ökologische Umfeld. Die App gibt es für das Apple-iOS im iTunes-Store und für das Android-Betriebssystem im Google-Play-Store.

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