Deutschland ist ein Autoland. Freie Fahrt für freie Bürger ist ein Sinnspruch, den die meisten Menschen hierzulande mit der Muttermilch aufnehmen. Dennoch macht sich das Bewusstsein breit, dass etwas nicht stimmt im Autoland. Zwar wehrt sich eine konservativ-ängstliche Regierungspolitik gegen Tempolimits, Diesel-Fahrverbote und Hardware-Nachrüstungen, zwar hoffen Medien mit Grenzwert-kritischen Statements von "Lungenärzten" einen Nerv beim frustrierten Publikum zu treffen – auch wenn sich die vermeintlichen Schönrechnungen der Lungenärzte als falsch herausstellen – doch die allgemeine Wahrnehmung des Klimawandels als unausweichliches globales Problem lässt sich angesichts ebenso hoher Medienpräsenz nicht länger verdrängen – vor allem, weil mit dem letzten Dürresommer 2018 Klimaveränderungen für jeden Mitteleuropäer spürbar geworden sind.
Fast scheint es, als ob die Klimawandelleugner noch einmal kollektiv aufschreien, angesichts von Greta Thunberg und den weltweiten Fridays-for-future-Schulstreiks. Mittlerweile wenden sich diese ja sogar gegen die komfortablen Elterntaxis. Wenn also jetzt schon die Kinder für das Klima die Schule schwänzen, muss wirklich etwas faul sein im Auto-Staat.
Wie also könnte eine Verkehrswende gelingen, die ein Mobilitätsversprechen fortsetzt, an das sich Millionen Menschen in Europa gewöhnt haben – auch wenn die Hälfte von ihnen täglich im Stau steht? Wie könnte eine lebensbejahende Mobilität aussehen, deren Emissionen erheblich verringert sind und die Umwelt- und Transportqualität gleichermaßen berücksichtigt?
Die Konzepte für einen derartig umfassenden Wandel einer auto- und industriebasierten Gesellschaft liegen in vielfacher Form vor, sie unterscheiden sich in ihren Ausprägungen nicht wesentlich. Die notwendige Technologie macht rasante Fortschritte, doch die Bilder und Beispiele, die von der Zukunft der Mobilität gezeichnet werden, vermitteln eher vorsichtiges Schreiten als ein strahlendes Ausholen.
Das factory-Magazin Mobilität widmet sich daher dem Stand der Entwicklung und den Möglichkeiten der Steuerung einer zukunftsgerechten Verkehrswende – und ihren positiven Bildern. Da ist eine klimawissenschaftlich notwendige Dekarbonisierung bis 2030 keine Unmöglichkeit, da nutzen Städte ihren Raum für einen Wandel, da stößt die Mobilitätswende weitere essenzielle Wenden wie die der Industrie an. Zudem haben Konsument*innen und Unternehmer*innen ihrerseits Möglichkeiten, die Mobilitätswende zu ihren Gunsten vorzunehmen, haben Bund, Länder und Kommunen Möglichkeiten, Alltags-Routinen in Richtung Öko zu drehen und Unternehmen können durch Betriebliches Mobilitätsmanagement nicht nur ihre CO2-Bilanz sondern auch die ihrer Mitarbeiter*innen verbessern. Das Dilemma der deutschen bzw. der europäischen Autoindustrie den Technologiewechsel nicht entschlossen genug anzugehen und sich für zukünftige Mobilität als Dienstleister aufzustellen, und wie eine entsprechende Industriepolitik aussehen könnte, thematisieren gleich zwei factory-Beiträge.
Wie immer ist das Magazin dazu prall gefüllt mit Zahlen, Zitaten und einer Wordcloud, die das Lese- und Informationsvergnügen auf Bildschirmen und Tablet-Computern hoffentlich weiter steigern.